Mit einem völlig neuen technischen Reglement startete die Formel 1 in die Saison 2022. Das große Versprechen: besseres Racing durch die Rückkehr zu Bodeneffekt-Autos. 22 Rennen später kann nun ein umfassendes Fazit gezogen werden. Hat das neue Auto-Konzept tatsächlich zu mehr Rennaction geführt? Mario Isola, Pirellis Formel-1-Chef, zeigt sich zufrieden: "Ich denke, es war eine gute Saison mit vielen verschiedenen Strategien und einer Menge Überholmanövern."

Die Statistik unterstützt Isolas Einschätzung. Im Jahr 2021 gab es noch knapp 600 Überholmanöver in der Königsklasse. In der Saison 2022 ist diese Zahl um 30 Prozent gestiegen. Es wurden 758 Überholmanöver vermerkt. Dazu zählen alle Positionsverschiebungen, außer wenn das Auto in der Boxengasse ist.

Das Erstellen einer solchen Statistik ist jedoch nicht einfach. "Es ist leider sehr schwierig eine Statistik zu erstellen, wenn sich Fahrer in einer Runde mehrfach überholen und dann auf Start-Ziel wieder in der ursprünglichen Reihenfolge sind", erklärt Isola.

Dazu müsste ein Rennen durch die Onboard-Kamera eines jeden Fahrers verfolgt werden. "Ein Anstieg von 30 Prozent ist aber eine gute Zahl. Es ist auch kein übertriebener Wert, sondern belegt durch Fakten", versichert Pirellis Formel-1-Chef.

Isola: Kampf im Mittelfeld zeigt Formel-1-Fortschritt

Isola vermerkte in der Saison 2022 generell auch weniger Reifenmanagement: "Die Fahrer konnten wesentlich mehr pushen. Deswegen konnten sie sich in derselben Runde mehrfach gegenseitig überholen." Dass die Autos beim Hinterherfahren weniger Anpressdruck verloren, half zusätzlich, dass die Reifen weniger rutschten und dadurch weniger überhitzten.

Mit den Reifenmischungen der 18-Zöller wurde die Pneus ebenfalls besser vor Überhitzung geschützt. Aber natürlich sorgten nicht nur die neuen Reifen für den Anstieg an Überholmanövern. Das Gesamtpaket habe den Unterschied gemacht.

"Nicht nur die Anzahl der Überholmanöver zeigt uns, dass es eine gute Saison war", so Isola. "Wir haben viele Rennen gesehen, in denen besonders im Mittelfeld zwei oder drei Autos miteinander gekämpft haben. Sie wollten jeden Fehler des Gegners ausnutzen und pushten nicht nur für eine Kurve, sondern drei bis vier Runden lang. Das ist der große Unterschied im Vergleich zur Vergangenheit. Das war nicht einfach zu erreichen, und erst mit den neuen Autos möglich."

Formel-1-Saison 2022: Der Strategie-Rückblick

Am Ende der Formel-1-Saison 2022 kann auch auf die gewählten Reifenstrategien der Teams zurückgeblickt werden. Elf der 22 Rennen waren Ein-Stopp-Rennen. In vier Rennen gab es einen Mix aus einem und zwei Stopps. Sechs Rennen waren Zwei-Stopper und ein Rennen gab es mit drei Stopps. Die Mehrheit liegt daher deutlich bei nur einem Stopp.

"Der Grund hierfür ist, dass die Boxengassen sehr lang sind und die Fahrer daher viel Zeit verlieren, oder es zu schwer ist, zu überholen", erklärt der Pirelli Formel-1-Chef. "Deswegen versuchen die Teams, die Anzahl der Stopps zu reduzieren. Der Zwei-Stopper ist oft nur schwer umzusetzen. Die Mischung war aber für eine erste Saison in Ordnung."

Auch die Delta-Zeit der Reifen hatte einen Einfluss auf die Strategie. "Zwischen dem C1 und dem C2 war sie zu viel", so Isola. Was dazu führte, dass sich die Rennställe in Barcelona für eine Drei-Stopp-Strategie entschieden, um den C1 zu vermeiden. "Er war einfach zu langsam", gibt Pirellis Formel-1-Chef zu. "Das war einer der Gründe, wieso wir einen neuen C1 entwickeln."