In den letzten zwei Rennen der Formel-1-Saison 2022 wird es vor allem in der Konstrukteurs-WM noch einmal heiß hergehen. Besonders zwischen Alpine und McLaren. Die beiden Teams haben sich im Verlauf des Jahres relativ deutlich vom Rest des Mittelfeldes abgesetzt, und steuern jetzt auf einen Showdown im Kampf um Platz vier in der Team-Tabelle zu.

153 zu 146 steht es vor dem Brasilien-GP, es ist ein schlanker Vorteil von sieben Punkten zugunsten von Alpine. Dort halten Fernando Alonso und Esteban Ocon vermeintlich alle Trümpfe in der Hand - doch Entscheidungen in der Power-Unit-Entwicklung drohen den Tag zu vermiesen. McLaren hat hingegen ein ganz anderes Problem. Dieses Duell wird anhand von zwei kritischen Faktoren entschieden werden.

Alpine-Fahrer leiden unter Defekten: Besseres Paket dauernd kaputt

Schneller scheint Alpine. Das versichert McLaren-Pilot Lando Norris immer wieder: "In den letzten Rennen hatten wir nicht das schnellste Auto, oder waren nicht schnell genug. Wir haben einfach einen besseren Job mit Strategie und Zuverlässigkeit erledigt."

Fernando Alonso war nach dem erneuten Ausfall in aussichtsreicher Position in Mexiko stocksauer. Den Großteil des Rennens hatte er auf dem siebten Platz verbracht, dann verlor er erst einen Zylinder und stellte schließlich ganz ab. Beide McLaren rückten auf. Dank perfekter Strategie holte sich Daniel Ricciardo den siebten Platz, während Lando Norris es trotz schlechter Taktik noch auf den neunten Rang schaffte.

Fernando Alonsos Alpine rollte in Mexiko einmal mehr aus, Foto: LAT Images
Fernando Alonsos Alpine rollte in Mexiko einmal mehr aus, Foto: LAT Images

Auf der anderen Seite rettete Esteban Ocon die Alpine-Ehre mit dem achten Platz nur bedingt. Ein Wasserleck bremste ihn in der Schlussphase ein. Vier defektbedingte Ausfälle hat Alpine seit der Sommerpause zu verzeichnen. Beide Fahrer haben 2022 schon sechs Verbrennungsmotoren verbaut, und sind auch bei fast allen anderen Komponenten längst im Strafbereich.

Strategische Motor-Entscheidung kostet Alpine 2022

Einzig positiv ist, dass der Alonso-Motor von Mexiko bereits am Limit der Laufleistung operierte. Alpine plante ohnehin, in Brasilien und Abu Dhabi andere, bereits verwendete Motoren wieder einzubauen. Daher rechnet Teamchef Otmar Szafnauer mit keiner Motorstrafe, wenngleich er nach Mexiko zugeben muss: "Die Ursache kennen wir noch nicht."

Mit ein Problem ist, dass Alpines Power-Unit-Probleme sich selten doppeln. Das ist alles, was Szafnauer nach dem Rennen schon sagen konnte. Ein Grund dafür ist, dass Alpine zu Jahresbeginn die Devise ausgab, alles auf Performance zu setzen und Zuverlässigkeitsrisiken in Kauf zu nehmen. Weil die Motoren nämlich jetzt eingefroren sind. Updates sind nur erlaubt, wenn sie der Verbesserung der Zuverlässigkeit dienen.

Wer langsam, aber zuverlässig ist, der kann in den nächsten drei Jahren deshalb nicht mehr schneller werden. "Das war eine strategische Entscheidung", unterstreicht Szafnauer. "Wir sind nicht absichtlich unzuverlässig, aber wenn du ein Risiko eingehst, musst du das bei der Performance machen." Langfristig kann sich das für Alpine bezahlt machen. Kurzfristig hat man mit einem schnelleren Auto Punkte liegen gelassen.

McLaren und das Leiden von Daniel Ricciardo

In die Performance vertraut Alpine. Der A522 ist fast auf jeder Strecke in dieser Saison sofort gleich schnell oder schneller als der McLaren MCL36. Wie groß der Vorsprung auf McLaren am Ende ist, wäre Szafnauer egal. Noch ist er auch wegen der Defekte nicht frustriert: "Wie frustriert ich bin, dass erfährt ihr nach Abu Dhabi."

Für McLaren wird es aber nicht nur wegen einem Pace-Nachteil schwierig. Lando Norris annullierte diesen 2022 regelmäßig. Mit spektakulären Runden in Q3 stellte er sein Auto ein ums andere Mal vor Alonso und Ocon. In der Fahrer-WM liegt er 29 Punkte vor dem besten Alpine von Ocon. In der zweiten Saisonhälfte duellierten sich er und Alonso auf der Strecke fast in jedem Rennen um den Titel "Best of the Rest."

Norris ist McLarens Trumpf, doch ein Einzelkämpfer. Alpines Nuller durch Ausfälle stehen McLarens Nuller durch Daniel Ricciardo gegenüber. Ricciardo punktete seit der Sommerpause nur in Singapur und Mexiko. Zu Norris' 111 Punkten ergänzte er in dieser Saison nur 35. In Mexiko meinte er zum ersten Mal in dieser Saison, sich im Auto komfortabel zu fühlen. "Besser spät als nie", freute er sich danach.

Das McLaren-Teamduell Norris vs. Ricciardo nach Mexiko, Foto: LAT Images/Motorsport-Magazin.com
Das McLaren-Teamduell Norris vs. Ricciardo nach Mexiko, Foto: LAT Images/Motorsport-Magazin.com

Mexiko heißt bei weitem nicht, dass Ricciardo jetzt plötzlich in den letzten zwei Rennen wie zu seinen besten Tagen Seite an Seite mit Norris gegen Alpine kämpfen wird. "Ich hoffe, das wird für die nächsten zwei Rennen so, aber schaut - ich will jetzt nicht negativ klingen, aber ich will nicht einmal nach vorne schauen", bremste er in Mexiko den Enthusiasmus. "Hoffentlich lernen wir davon." Sein Teamchef Andreas Seidl meinte nach Mexiko: "Ich glaube nicht, dass es einen bestimmten Grund gibt."

Mit sieben Punkten Unterschied ist der Kampf um den vierten Platz zwei Rennen vor Schluss offen. Eben auch, weil sowohl McLaren als auch Alpine nicht perfekt sind. Alpine muss zwei Rennen und einen Sprint mit bereits gebrauchten Motoren ohne schwerwiegende Defekte überstehen, während McLaren dringend Performance von Ricciardo braucht. Nur wenn beide Autos einen Alpine schlagen, ist der vierte Platz aus eigener Kraft realistisch.