Haas erlebte 2022 eine zweischneidige Saison: Einerseits gab das Team die punktelose rote Laterne des Vorjahres weiter, andererseits zeigten die US-Renner aber auch die mitunter größten Formschwankungen im Feld und ließen viel Potential ungenutzt. Teamchef Günther Steiner sieht für das kommende Jahr eine große Chance für Haas gekommen, wenn die Probleme identifiziert werden konnten und neue Sponsorengelder genutzt werden.

Der Fan-Liebling aus Südtirol hatte während der Saison bei den zahlreichen Debatten um den Kostendeckel der Formel 1 immer wieder betont, dass nicht die Obergrenze, sondern das Budget selbst das Limit bei Haas sei. 2023 ist damit dank eines neuen Sponsorendeals aber Schluss: "Nächstes Jahr werden wir am Budgetlimit operieren, deswegen bin ich sehr zuversichtlich, dass wir den nächsten Schritt als Team und auf technischer Seite machen können. Dass MoneyGram jetzt dazustößt ist ein gewaltiger Bonus für uns, denn jetzt können wir das machen, was auch die anderen Teams können." Der Finanzdienstleister aus Texas überweist einige Millionen in die Kassen von Haas.

Haas am Budgetdeckel angelangt, Steiner: Ab jetzt zählt Talent!

Auch wenn Steiner zugeben muss, dass die Top-Teams immer noch Vorteile genießen, so gibt er die Jagd auf das Mittelfeld nun endgültig frei: "Natürlich haben die großen Teams immer noch den Vorteil ihrer Ressourcen, die sie in den Jahren zuvor angesammelt haben. Ich glaube aber, all die anderen Teams werden nächstes Jahr am Budgetcap operieren. Dann geht es nicht mehr ums Geld, sondern um das Talent. Hoffentlich haben wir genug Talent in unseren Reihen, um weiter nach vorne zu kommen." Es sei denn natürlich die Grenze wird erneut überschritten. Den Fall Red Bull betrachtet Steiner allerdings mit Humor: "Vielleicht sind die ja wieder drüber? [lacht, Anm. d. Red.] Die wissen jetzt ja, wie das geht."

Die klammen Kassen bei Haas hatten während der Corona-Krise vor zwei Jahren beinahe das Aus für den Rennstall bedeutet. Steiner hofft nun, sich von den Nachwehen dieser Zeit lösen zu können. Er gibt aber auch zu, dass die Schwächephasen der Saison 2022 eben nicht nur am Budget lagen: "Wir waren dieses Jahr sowieso schon relativ nah am Budgetdeckel dran. Dass wir nicht so gut wie andere Teams performt haben, lag nicht am Geld, sondern weil wir 2020 alles auf Eis legen mussten. Dann haben wir 2021 genutzt, um das 2022er Auto zu bauen, das dauerte bis Januar. Wir konnten nicht vom ersten Tag an ein perfekt harmonierendes Team haben, das hat Zeit gebraucht. Dennoch waren wir zu Saisonbeginn stark. Dann hatten wir Defizite, es ging auf und ab. Die Formel 1 ist hart."

Mangelnde Konstanz das große Haas-Manko

Paradebeispiel für die Achterbahnfahrt von Haas war das Qualifying in Brasilien. Am Freitag holte Kevin Magnussen sensationell die Pole-Position für den Sprint. Mick Schumacher wurde hingegen Letzter. Die einzige Konstante bei Haas 2022 war die Inkonstanz und so bleibt der Eindruck, das Team habe viel zu viele Punkte liegengelassen. Steiner weiß das, auch mit Blick auf die Moral des Teams: "Wir hatten zu viel auf und ab. Das müssen wir abstellen, das ist das Allerwichtigste. Wir sollten uns nicht immer zurückkämpfen müssen, denn das kostet uns allen viel Kraft. Die Montage sind hart, wenn du hinten liegst. Dann musst du dich wieder nach vorne kämpfen und erlebst den nächsten Rückschlag."

Kevin Magnussens Pole-Position in Brasilien war das Saisonhighlight, Foto: LAT Images
Kevin Magnussens Pole-Position in Brasilien war das Saisonhighlight, Foto: LAT Images

Doch woran lag es, dass Haas einmal glänzte und das nächste Mal im Nirgendwo herumfuhr? Für den Teamboss ist genau das der entscheidende Erkenntnisprozess, den er noch nicht genau beantworten konnte: "Es gibt mehr als nur einen Grund dafür. Sobald du zurückfällst, beschleunigt sich der Effekt von selbst. Du musst dich aus diesem Tief wieder rauskämpfen und die Jungs arbeiten hart daran. Eine 100% Antwort habe ich nicht darauf. Natürlich sind die anderen Teams stärker geworden und wir haben uns nicht so sehr verbessert. Wir haben auch Fehler gemacht und hatten Probleme mit der Powerunit. Es gibt also eine Menge Dinge. Ich will hier keine Ausreden suchen, ich will einfach nur wissen, was wir verbessern müssen."

Kann Haas die Probleme ohne Geldsorgen und mit einem besser eingespielten Team beheben? Steiner ist davon überzeugt, dass die teaminterne Untersuchung über den Winter Früchte tragen wird: "Ich glaube wir werden nächstes Jahr mit unserem Auto einen Schritt nach vorne machen. Wir haben sehr viel Analyse betrieben, was wir dieses Jahr falsch gemacht haben." Ein schnelles Auto allein wird aber nicht reichen, Haas muss es dann auch konsequenter ausnutzen.