Dritter und Siebter im 1. Freien Training. Lewis Hamilton knapp eine halbe Sekunde Rückstand auf die Bestzeit von Carlos Sainz. George Russell als Siebter 0,945 Sekunden dahinter. Ein größeres Update-Paket, inklusive Flügel und angepasstem Unterboden soll Mercedes den ersehnten Erfolg bringen. Hamilton und Russell ziehen positive Schlüsse aus dem (halben) Trainingsfreitag und sogar eine Pole Position wird nicht ausgeschlossen. Den ganzen Qualifying-Tag der Formel 1 heute in den USA gibt es hier im Liveticker.

Seltsames Training, seltsam langsame Red Bulls

Der neue Frontflügel-Prototyp bei Mercedes erregte Aufsehen: Neben der angepassten Flügelspitze vor allem die kleinen "Slot Gap Separators". Diese sollen den Luftfluss um die Vorderreifen verbessern. Viel Lärm um nichts: Zu hoch das Risiko aufgrund mangelnder Ersatzteile (Bedenken wegen Parc-Ferme), kein Vergleich in FP2 wegen des Reifentests und Legalitäts-Vorwürfe: Der Flügel wurde wieder eingepackt. Der Reifentest für Pirelli (laut Hamilton verschwendete Zeit) verkürzte den Trainingsfreitag beachtlich, trotzdem ist Mercedes vorsichtig optimistisch.

Lewis Hamilton konnte von neun Rennen in Austin fünf gewinnen, Foto: LAT Images
Lewis Hamilton konnte von neun Rennen in Austin fünf gewinnen, Foto: LAT Images

"Das 1. Freie Training war etwas seltsam", berichtet George Russell. "Manche Teams sahen überraschenderweise sehr schnell aus, andere langsamer als erwartet." Im konkreten Fall spricht der Mercedes-Pilot von Aston Martin (schneller) und Red Bull (langsamer). "Grundsätzlich fokussieren wir uns auf das eigene Auto. Wir haben immer unsere eigenen Probleme, die wir lösen müssen."

Detektiv Russell auf einer heißen Spur

Einem Blick auf die Konkurrenz ist Mercedes trotzdem nie abgeneigt. "Ein besonders schnelles Team ist immer interessant zu beobachten. Vielleicht können wir etwas abschauen", erzählt George Russell von den Spionage-Aktivitäten der Silberpfeile. "Daraus können wir vielleicht einen kleinen Hinweis für uns selbst ableiten." Dasselbe gelte umgekehrt.

"Wenn ein Team wie Red Bull nicht so gut performt wie sonst, dann ziehen wir ebenfalls Erkenntnisse daraus. Was haben sie jetzt anders gemacht, was hindert sie womöglich in ihrer Performance?", so Inspektor Russell. "Downforce-Level, oder wie sie die Reifen vorbereiten. Wir schauen immer, ob wir etwas Neues sehen." Russells Credo: "Wir halten unsere Augen offen."

Russell wundert sich etwas über die Performance von Red Bull, Foto: LAT Images
Russell wundert sich etwas über die Performance von Red Bull, Foto: LAT Images

Russell: Auto war schon einmal viel schlechter!

Mit dem eigenen W13 ist der 24-Jährige vorerst zufrieden: "Das Auto fühlte sich heute ziemlich stark an, das war vielversprechend." Mittlerweile könne er recht gut basierend auf den Erkenntnissen von den Trainings am Freitag Voraussagen über das gesamte Rennwochenende treffen. "Ich habe von Anfang an so ein Gefühl, ob das Wochenende gut verlaufen wird oder nicht", so Russell.

"Dieses Mal ist es so ein Mittelding. Das Auto war schon einmal viel schlechter", gibt sich George Russell grundsätzlich optimistisch. Relativiert aber dann: "Wir wissen nicht genau, was Red Bull und Ferrari morgen machen werden." Ausgerufenes Ziel: Mindestens der Einzug ins Q3 und unter die Top-6, klar vor dem Mittelfeld. "Aber ich habe in diesem Sport gelernt, dass nichts selbstverständlich ist."

Mercedes träumt von der Pole

George Russell wagt es trotzdem. Und träumt von einer Wiederholung seiner Pole Position in Budapest. "Pole ist sicherlich ein weiter Weg. Aber das Rennen ist am Sonntag und wir haben zumindest eine kleine Halb-Chance." Das Team werde alles versuchen und hart arbeiten. Das in Kombination mit einem schnellen Auto lässt Mercedes nach den Sternen greifen.

Aus Russells Pole in Budapest wurde ein Mercedes Doppelpodium und ein Verstappen-Sieg, Foto: LAT Images
Aus Russells Pole in Budapest wurde ein Mercedes Doppelpodium und ein Verstappen-Sieg, Foto: LAT Images

"Wir hatten heute einen ziemlich soliden Tag", ist auch Andrew Shovlin zufrieden. Beide Fahrer sammelten gute Daten für die Analyse des Update-Paketes. "Die Balance war etwas tricky wegen des Windes, aber damit kämpften alle etwas heute." Die Silberpfeile jagen noch immer ihrem ersten Saisonsieg hinterher, und langsam gehen die Rennen aus. "Auf den Longruns überhitzten die Reifen etwas, damit werden wir am Sonntag rechnen müssen." Aber auch damit hätten alle Teams zu kämpfen.

Hamilton leidet und betet

"Bis jetzt verläuft alles nach Plan", ist auch Lewis Hamilton mit dem W13 und dem gebrachten Update-Paket zufrieden. Leichte Verbesserungen in der Performance zeigten sich. "FP2 war verschwendete Zeit, aber FP1 hat sich ganz gut angefühlt." Eine halbe Sekunde hinter Carlos Sainz und Max Verstappen. "Ich habe das Auto in einem Stück gelassen, das war auch schon einmal gut", scherzt der Brite.

Der neue, leicht angepasste Unterboden von Mercedes, Foto: LAT Images
Der neue, leicht angepasste Unterboden von Mercedes, Foto: LAT Images

Die Bodenwellen gingen nicht spurlos am siebenmaligen Weltmeister vorbei. "Zum Glück bin ich dieses Jahr nicht so emotional, das wäre alles jetzt hochgekommen. So uneben und holprig", klagt Hamilton. Er kämpft mit der unebenen Strecke in Austin. "Ich bete für ein nicht so sehr hüpfendes Auto im nächsten Jahr!"

Hamilton: Ein Sieg gegen den Trennungsschmerz

Und vielleicht für einen Mercedes-Sieg in diesem? "Das Auto ist so steif, zusätzlich haben wir durch den Biokraftstoff Power verloren. Aber wir müssen mit diesem Auto leben", analysiert Lewis Hamilton. Er vermisst den W12. "Das letztjährige Auto war so vorhersehbar. Du konntest einfach rausgehen und pushen."

Das Nachfolgermodell verlange eine gänzlich andere Vorgehensweise: "Du musst Schritt für Schritt Performance aufbauen und kannst nicht einfach loslegen. Das geht schon allein wegen der Reifen nicht", bedauert Hamilton. Aber: Erst im Qualifying würden die Karten aufgedeckt werden und die wirkliche Performance sichtbar. Gut für Mercedes? "Es fühlt sich so an, als wären wir nicht zu weit entfernt." Vielleicht sind keine Gebete nötig, für den lang ersehnten Mercedes-Sieg.