Viel wurde über den möglichen Effekt der technischen Direktive 039 spekuliert, da sie nicht nur das Bouncing begrenzen, sondern auch die Steifigkeit der Unterböden strenger überprüfen sollte. Hatten einige der (Top-)Teams mit flexiblen Unterböden getrickst und würden sie jetzt an Pace verlieren? Das Wochenende brachte das Gegenteil hervor: Max Verstappen im Red Bull fuhr die Konkurrenz in Grund und Boden. Red-Bull-Boss Christian Horner konnte sich etwas Spott nicht verkneifen, besonders da die TD im Paddock als eine Initiative von Konkurrent Mercedes galt: "Vermutlich muss ich Toto [Wolff, Anm. d. Red.] für die TD danken."

"Es wurde viel daraus gemacht und es gab große Erwartungen an diese TD. Es hat wohl anderen mehr geschadet als uns. Wir haben nicht wirklich etwas daran geändert, wie wir mit dem Auto operieren", erklärte Horner. Der Brite konnte einen Bereich ausmachen, in dem Red Bull Vorteile genießt und schob gleich noch einen weiteren Seitenhieb gegen die FIA und Mercedes hinterher: "Wir haben dieses Jahr bereits gesehen, dass wir bei mehr Bodenfreiheit weniger verlieren als manche der anderen. Vielleicht bekommen wir jetzt noch eine TD für das nächste Rennen, dass wir niedriger fahren müssen."

Hohe Bodenfreiheit in Spa ohnehin üblich, wegen Eau Rouge

In Spa wurde in der Vergangenheit auch ohne TD schon mit viel Bodenfreiheit gefahren. Der Grund dafür ist die wohl legendärste Kurve der Formel 1, wie Ferrari-Ingenieur Jock Clear erklärt: "Wir fahren hier anders als sonst, weil es Spa ist. Hier ist es immer anders, denn es gibt die Kompression durch Eau Rouge. Da musst du immer höher fahren, das haben wir erwartet." Der Brite, der seit 2014 in Diensten der Scuderia ist, betonte daher in Bezug auf die TD: "Wir mussten nichts ändern."

Wie viele weitere Stimmen aus dem Fahrerlager hielt der Ferrari-Mann die Einführung der neuen technischen Direktive für unnötig: "Es ist einer dieser Fälle, wo wir eigentlich mit der normalen Arbeit weitermachen. Wir müssen uns immer Ansehen mit wie viel Aufsetzten der Fahrer, das Auto und die Planke leben kann. Jetzt kommt da auch noch die neue TD hinzu. Aus meiner Sicht, der eines Renningenieurs, denke ich nicht, dass wir etwas besonders anders machen mussten. Der Vorteil in diesem Jahr, und das ist ein Beweis für die Qualität der Regeln, ist, dass sich das ganze eigentlich von selbst regelt. Wenn ein Fahrer anfängt zu sagen, 'das Auto hüpft nur noch rum und ich sehe nichts mehr', dann bringt dir das keine Performance, denn der Fahrer fühlt sich nicht wohl. Dann erhöhst du etwas die Bodenfreiheit."

Am Ferrari wurde laut Jock Clear nichts verändert, Foto: LAT Images
Am Ferrari wurde laut Jock Clear nichts verändert, Foto: LAT Images

Neue TD bedeutet Aufwand für Williams

Die Spitzenteams standen unter dem Verdacht, mit flexiblen Unterböden zu tricksen und sich dadurch mehr Abtrieb zu holen. Williams-Ingenieur Dave Robson gab zu, dass sein Team diesen Gedankengang hatte: "Bei der Einführung der neuen Unterboden-TD wussten wir nicht, was das für alle anderen bedeuten würde. Wir mussten nicht viel tun, daher gibt es natürlich die Vermutung, dass wir vielleicht einen Trick übersehen hatten. Wir wissen aber immer noch nicht für wen das alles gilt." Jock Clear fühlte sich jedenfalls nicht angesprochen: "Fahren wir jetzt noch höher als erwartet? Ich weiß es nicht. Die Konkurrenzfähigkeit aller Autos scheint sich nicht sonderlich verändert zu haben."

Robson gab zu, dass die TD das Williams-Team vor eine neue Aufgabe stellte. Allerdings war diese anderer Natur, als zu erwarten wäre: "Am Auto mussten wir ein paar sehr kleine Änderungen vornehmen in der Art und Weise, wie die Planke und der Unterboden am Auto angebracht sind. Der größere Aufwand war die Dokumentation der Daten, die die FIA brauchte, um die Steifigkeit der Installation zu bestätigen. Es war mehr eine administrative Aufgabe für uns, zu verstehen, was sie eigentlich wollten. Wie sie diese Skids messen, ist recht kompliziert. Es ist an jedem Auto anders, abhängig davon wie die Teile angebaut sind. Wie gesagt: Für uns war es mehr eine Verwaltungsaufgabe als ein Umbau."

Horner: Zandvoort besserer Test für neue TD

Trotz aller Beteuerungen, dass die TD ihnen nicht geschadet habe, mussten die Beteiligten zugeben, dass ein einziges Rennen in Spa kaum für eine endgültige Einschätzung ausreicht. Jock Clear wollte sich daher noch nicht aus dem Fenster lehnen: "Wir müssen uns das nach ein paar Rennen ansehen und dann ein Fazit ziehen: Fahren wir höher oder niedriger? Hatte es irgendeinen Einfluss? Im Moment können wir das nicht sagen." Für Christian Horner könnte der erste Härtetest für die neue TD schon beim nächsten Rennwochenende der Formel 1 anstehen: "Zandvoort wird eine größere Herausforderung für die neue Direktive, weil es dort wesentlich welliger ist. Es ist Budapest im Layout sehr ähnlich."