Die Formel 1 befindet sich in der Saison 2022 in der Sommerpause. Grund genug für Motorsport-Magazin.com, die erste Saisonhälfte der einzelnen Teams genauer unter die Lupe zu nehmen. Heute: AlphaTauri und sein holpriger Weg zurück ins Mittelfeld.

Ziel vs. Realität:
"Eine Weiterentwicklung des Fahrerduos, mit Teamleader Pierre Gasly und nun nicht mehr Rookie Yuku Tsunoda", erwartete sich AlphaTauri-Boss Franz Tost vor Saisonbeginn. Vor allem das zweite Jahr Tsunodas sollte von sportlichen Erfolgen und nicht von Fahrfehlern gekrönt sein. Außerdem wollte das Team aus Faenza den hitzigen Kampf ums Mittelfeld wieder aufnehmen und seinen sechsten Rang in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft verteidigen. 13 Rennen später wurden AlphaTauri die Flügel gestutzt: (Zu) viele Fehler, Zuverlässigkeitsprobleme und ein Auto mit zu wenig Pace fürs Mittelfeld.

AlphaTauri: Deutlicher Rückschritt zum Vorjahr

Entwicklung:
Gut gestartet, schlecht weitergemacht: Im Vorjahr hatte AlphaTauri zur Sommerpause bereits 68 Zähler auf dem Konto und punktete in allen Rennen. 2022 lautet die traurige Bilanz: 27 Punkte und beide Piloten jeweils nur dreimal in den Punkten. Dabei hatte es für AlphaTauri so gut begonnen: Jeweils vier Zähler in Bahrain und Saudi-Arabien, zwei in Australien und sechs in Imola. Die ersehnte Wende blieb aus: Als negatives Highlight verlor das Team mit österreichischem Teambesitzer beim Quasi-Heimrennen am Red Bull Ring auch noch den siebten Platz in der Konstrukteurswertung an Haas.

Beide Piloten äußerten den Großteil der ersten Saisonhälfte Unmut über das Auto, unter anderem über fehlende Updates. "Man kann machen, was man will, jede Strategie, aber mit der Geschwindigkeit kann das so nicht weitergehen", verzweifelte etwa Pierre Gasly schon am AT03. Auch das große Update-Paket in Frankreich brachte nicht den erwünschten Erfolg. Vor allem die Aerodynamik macht nach wie vor Probleme.

Baku und Pierre Gasly, das passt, Foto: LAT Images
Baku und Pierre Gasly, das passt, Foto: LAT Images

Kurz vor der Sommerpause dann doch der Silberstreif am Horizont: Performancesteigerung und 'Back to the roots' beim Setup sorgten zumindest bei Pierre Gasly für ein gutes Wochenende in Ungarn. Seine Anstrengungen blieben nach Start aus der Boxengasse jedoch punktelos. Auch Teamkollege Yuki Tsunoda verabschiedete sich ohne Punkte, dafür mit einem Dreher in die Sommerpause. Ein guter Krieger weiß, wann eine Schlacht verloren ist? Nicht bei AlphaTauri. "Ich ziehe ein positives Fazit", meinte Pierre Gasly am Hungaroring.

Pierre Gaslys Lieblingsstrecke liefert Punkte

Erneuter Höhenflug in Aserbaidschan:
Das Rennen in Baku war eines der wenigen, wo es für AlphaTauri zumindest halbwegs rund lief. Schon im Vorjahr war Aserbaidschan mit einem dritten Platz für Pierre Gasly ein gutes Pflaster, 2022 schaffte er dort als Fünfter sein und AlphaTauris bestes Saisonergebnis. Und das, obwohl nur einer der Piloten die Zielflagge sah. Mehr Punkte wären sogar noch drinnen gewesen da Yuki Tsunoda, eigentlich auf Rang sechs gelegen, die Spiegeleiflagge gezeigt bekam und einen Reparatur-Boxenstopp einlegen musste.

Der Tiefpunkt in Silverstone:
Silverstone war für AlphaTauri ein Wochenende zum Vergessen. Angefangen beim Qualifying, mit P11 (Gasly) und P13 (Tsunoda) und über 3 Sekunden Rückstand schaffte es keiner der Piloten in Q3. Im Rennen selbst ein teaminterner Crash, beide Fahrer zu dieser Zeit in den Punkten liegend. Bei einem Überholversuch des achtplatzierten Tsunodas gegenüber Gasly schätzte der Japaner die Situation völlig falsch ein und kollidierte mit dem Teamkollegen. Wieder keine Punkte für die Mannen von Franz Tost. Als Draufgabe fuhr Max Verstappen in Führung liegend über ein Trümmerteil der Kollision und sein Rennen war ebenfalls zerstört. Fazit: Null Punkte, schlecht fürs Teamklima, Ärger beim großen Schwesterteam und ein Sportpsychologe für Yuki Tsunoda.

Gasly und Tsunoda: Viel Luft nach oben

Pierre Gasly:
Mit einer dominanten Performance 2021 kristallisierte sich der Franzose klar als Teamleader heraus. Manche zählten ihn sogar zu den Spitzenpiloten im Formel-1-Starterfeld. 2022 fühlte sich der Franzose vor allem anfangs mit dem AT03 nicht so richtig wohl. Zum Ende der ersten Saisonhälfte kam der ehemalige Red-Bull-Pilot immer besser zurecht und fuhr pünktlich zur Sommerpause in Ungarn sein bestes Rennen. Von der Boxengasse aus gestartet, ging es für Gasly bis auf den zwölften Platz vor.

AlphaTauri-Boss Franz Tost ist weder mit der Zuverlässigkeit noch dem Speed des AT03 zufrieden, Foto: LAT Images
AlphaTauri-Boss Franz Tost ist weder mit der Zuverlässigkeit noch dem Speed des AT03 zufrieden, Foto: LAT Images

Durchschnittsnote MSM-Fahrerranking: 2,99

Yuki Tsunoda:
In der Vorsaison war Yuki Tsunoda einerseits für seinen Speed, andererseits auch für seine Schwierigkeiten beim Einstieg in die Formel 1 bekannt. Ein Rookie-Lehrjahr, das dem Japaner einiges abverlangte. Aber: Nach konstanter Arbeit und Weiterentwicklung schloss er 2021 mit einem starken vierten Platz in Abu Dhabi ab. 2022 startete er wie 2021 stark beim Saisonauftakt in Bahrain, nach 12 Rennen steht der Japaner mit 11 Punkten allerdings noch schlechter da als im Vorjahr. Nur dreimal in den Punkten und eine ruhmlose Serie von sieben Rennen ohne Top-10-Platzierung. Zuletzt ein Punkt in Barcelona. Viel Platz für weitere Verbesserungen seitens Tsunodas, der auch noch um einen Vertrag für 2023 kämpfen muss.

Durchschnittsnote MSM-Fahrerranking: 3,55

Kommentar: Mit 'Back to the Roots' zum Erfolg

Motorsport-Magazin.com meint, AlphaTauri hat derzeit viele Probleme, und die Fahrer sind eines davon. Nach einer außergewöhnlich starken Saison 2021 muss das Team seine ambitionierten Ziele etwas nach unten korrigieren. Die starke P6-Platzierung wird nicht zu halten sein. Aber: Ein deutlicher Rückschritt von 2022 muss nicht unbedingt ein Schrott-Auto heißen. Das Mittelfeld mit Alpine, McLaren und im Renntrimm Aston Martin ist momentan einfach zu stark. Auch Haas scheint AlphaTauri mittlerweile nicht nur in der Konstrukteurswertung überholt zu haben.

Probleme aller Art für die Scuderia aus Faenza: Zuverlässigkeit, fehlende Pace, Fahrfehler. Ein sauberes Rennwochenende? Bislang Fehlanzeige. Trotzdem war am Hungaroring ein leichter Silberstreif am Horizont zu erkennen, und verheißt Hoffnung für Fahrer und Fans. Gemeinsam mit einer verbesserten fahrerischen Leistung, weniger Ausfällen und etwas mehr Selbstbewusstsein wird es spannend, ob sich AlphaTauri doch noch in den Kampf ums Mittelfeld einmischen kann. Oder wie es Franz Tost sagen würde: "Alpha Tauri ist ein gutes Team. Wir gehören sicher nicht zu den Spitzenteams, aber wir verbessern uns."