Eigentlich hätte die Formel 1 2025 ein neues Motorenreglement bekommen sollen. Nicht nur Covid war schuld daran, dass die neue Ära auf 2026 verschoben wurde. Die Hersteller konnten sich lange nicht auf ein neues Format einigen - und können das heute noch nicht. Eigentlich sollte das neue Reglement beim letzten Treffen des Motorsportweltrats am Österreich-Wochenende zur Abstimmung vorgelegt werden.
'Eigentlich', dieses Wort kommt in der Geschichte häufig vor. Mit erneuter Verzögerung soll das Reglement nun in der zweiten Woche der Sommerpause via E-Voting vom WMSC beschlossen werden. Wobei es eigentlich drei Reglements sind, die es wegen der Motoren zu beackern galt.
Neben der Technik müssen auch finanzielle und sportliche Rahmenbedingungen geklärt werden - und die waren nicht unwesentlich bei der ganzen Debatte. Erstmals müssen sich die Hersteller auch bei der Motorenentwicklung an eine Budgetobergrenze halten. 90 Millionen US-Dollar sind angedacht. Und dann wurde es schon kompliziert: Wer neu dazu kommt, soll etwas mehr ausgeben dürfen, um den Erfahrungsrückstand aufzuholen.
Formel-1-Motoren 2026: Drei Reglements in einem
15 Millionen im ersten Jahr, 10 Millionen im zweiten Jahr, 5 Millionen im dritten Jahr sollen es für Neulinge sind. Die Obergrenze gilt ab 2023. Allein deshalb ist schon Eile geboten: Wer mitmachen will, muss sich innerhalb von zwei Wochen nach Absegnung der Regeln entscheiden. Wer 2026 mitmacht, muss sich nämlich schon ab 2023 an die finanziellen und sportlichen Regeln halten.
Auf sportlicher Seite wurden Prüfstandzeiten diskutiert. Schon heute sind Anzahl der Prüfstände, Belegungsstunden und Laufzeit limitiert. Deshalb sind die Limitierungen an sich nicht das Problem. Das Problem waren auch hier die Zugeständnisse für Neulinge. Bis zuletzt wurde um jede Stunde gefeilscht wie auf einem Basar.
Der dritte Punkt ist das Technische Reglement, das Herzstück. Auf den Wegfall der MGU-H konnte man sich bereits früh einigen. In den Augen der aktuell involvierten Hersteller ein Entgegenkommen für die Neulinge. Viel mehr wollte man aber nicht hergeben.
Neue Regeln: Sinneswandel bei der FIA
Die Formel 1 will und wollte aber Audi und Porsche unbedingt locken und für Chancengleichheit zwischen neuen und alten Herstellern sorgen. Der Zwist kostete Generalsekretär Peter Bayer seinen Job. Er versuchte zwischen Herstellern, FIA und Formel 1 zu vermitteln - ganz im Sinne von Alt-Präsident Jean Todt.
Im Winter aber übernahm Mohammed Ben Sulayem den FIA-Vorsitz. Und damit wurde die Sache erneut komplizierter. Der Neu-Präsident wollte FIA und Formel 1 wieder stärker voneinander trennen. Unabhängig von seiner Position verzögerte seine Ankunft den Prozess weiter.
Bayers Interims-Nachfolgerin Shaila-Ann Rao scheint Ben Sulayems Weg eher mitgehen zu wollen. Sie arbeitete bereits von 2016 bis 2018 beim Automobilweltverband als Leiterin der Rechtsabteilung. Von 2018 bis 2021 arbeitete sie aber mehr als drei Jahre bei Mercedes. Bereits ihr Wechsel von der FIA zu Mercedes sorgte für viel Unmut bei den anderen Teams. Ihr Wechsel zurück wird noch kritischer beäugt. Schon bei der Technischen Direktive bezüglich Porpoising regte sich Widerstand, weil für viele eine klare Mercedes-Position erkennbar war - Stichwort zweite Unterboden-Strebe.
Bei den Motoren könnte sich das Problem wiederholen - nur auf einem ganz anderen Level. Es geht nicht um einen möglichen Wettbewerbsvorteil für ein Team. Es geht ums Große Ganze: Es geht um den möglichen Einstieg von zwei Premiumhersteller in die Formel 1.
Wie zu hören ist, sollen die technischen Änderungen 2026 deutlich geringer ausfallen, als zuvor lange Zeit besprochen wurde. Es geht nicht nur um das Material der Kolben, ob nun Stahl oder Aluminium. Das Problem ist, dass mit dem neuen Vorschlag ein Großteil der aktuellen Power Units übernommen werden kann. Abgesehen von MGU-H und der variablen Ansaugbrücke können Ferrari, Mercerdes und Renault viel in die neue Motoren-Ära transformieren.
Haben Ferrari & Mercedes 2026er Reglement absichtlich verzögert?
Die Diskussionen haben Ferrari, Mercedes, Renault und möglicherweise auch Honda doppelt genützt: Einerseits bleibt technisch auf Seiten des Verbrennungsmotor mehr beim Alten als angenommen. Andererseits haben sich die Verhandlungen so lange hingezogen, dass die Newcomer Probleme bekommen, vor allem Audi.
"Sie haben unterschätzt, was für Bastarde hier in Formel 1 unterwegs sind", meint ein Teamchef. "Audi und Porsche haben sich zu früh zu klar zu ihrem Vorhaben Formel-1-Einstieg bekannt." Anschließend begannen die politischen Spielchen von Ferrari und Mercedes. Mit offenen Armen wird in der Formel 1 niemand empfangen.
Für Porsche ist der Umstand ärgerlich, aber nicht entscheidend. Red Bull hat das Powertrains-Projekt längst mit Volldampf gestartet. Der erste Motor steht bereits auf dem Prüfstand. Porsche wird sich an Red Bull dranhängen. Man geht mit mehr Erfahrungsrückstand in das Projekt, als man dachte und wollte, aber das Projekt läuft bereits. Die Weichen für Porsche sind gestellt.
Für Audi ist es schwieriger. Der Erfahrungsrückstand wurde auch hier größer als gedacht, aber das Zeit-Problem wurde immer ernster. Solange es noch kein finales Reglement gibt, konnte Audi nicht auf den Go-Knopf drücken. Zwar wurde alles vorbereitet, um so schnell wie möglich loslegen zu können, aber es ist bereits zu spät. Bis Prüfstände geliefert und installiert werden, vergehen weitere Monate.
Monate, in denen die Budgetobergrenze schon greift. Red Bull Powertrains konnte zuletzt aus dem Vollen schöpfen. Audi kann das nur noch bis Ende 2022. Red Bull Powertrains ist bereits meilenweit voraus, die bestehenden Hersteller Lichtjahre.
Neuer Volkswagen-Boss entschied sich für Porsche-Weg
Der Volkswagen-Aufsichtsrat hat einst das Okay gegeben. Unter den Prämissen ökologischer und ökonomischer Nachhaltigkeit. Diese Faktoren wären erfüllt. Es gibt aber noch eine dritte Bedingung: Chancengleichheit für Newcomer. Da wird es eng. Ab 1. September 2022 übernimmt Oliver Blume den Vorstandsvorsitz der Volkswagen AG. Er bleibt weiterhin Porsche-Boss.
Er hat Porsches Formel-1-Projekt vorangetrieben, er ist pro Motorsport und pro Formel 1. Aber er hat mit Porsche bewusst einen anderen Weg gewählt als Audi. Als mächtiger Konzern-Boss könnte er jetzt das Audi-Projekt selbst noch einmal unter die Lupe nehmen. Und dafür waren Verzögerung und technische Entscheidungen noch weniger förderlich als für Porsche.
diese Formel 1 Nachricht