McLaren wollte beim Formel-1-Heimrennen in Silverstone die Trendwende beim Kampf um Platz vier in der Konstrukteurswertung einleiten. Da Fernando Alonso im Alpine Fünfter wurde und Lando Norris hinter ihm auf Platz sechs ins Ziel kam, holte Enstone jedoch weitere zwei Punkte zum Rennstall aus Woking auf und liegt nur noch sechs Zähler hinter dem britischen Traditionsrennstall. Dabei sah es im Rennen lange so aus, als würde Norris den fünften Platz belegen.

Bis zur Safety-Car-Phase, welche durch das Ausrollen von Alonsos Teamkollege Esteban Ocon verursacht wurde, hatte sich Lokalmatador Norrisdem spanischen Routinier erwehrt: "Es war ein chaotisches und langes Rennen. Der erste Stint war hart, denn Alonso war die ganze Zeit dicht hinter mir." Die beiden führten zu diesem Zeitpunkt das Mittelfeld klar an. Nur die beiden Ferrari sowie der Mercedes von Lewis Hamilton waren vor ihnen zu finden. Der von hinten kommende Red Bull von Sergio Perez kam später mit anderer Strategie auch noch vorbei.

Strategiefehler kostet Norris Platz Fünf gegen Alonso

Während des Safety Cars machte McLaren einen entscheidenden Fehler. "Wir haben die falsche Entscheidung beim Boxenstopp gefällt. Wir hätten in der ersten Runde reinkommen sollen, um die weichen Reifen aufzuschnallen. Wir haben ihm (Alonso; d. Red.) erlaubt, auf die weichen Reifen zu wechseln und vor uns zu gelangen, ein doppelter Verlust auf unserer Seite", bedauerte Norris. Danach zeigte sich die gleiche Situation mit umgekehrten Rollen: Alonso verteidigte sich erfolgreich gegen Norris. Der Hoffnungsträger von McLaren wollte dem Kommandostand im Speziellen keine Schuld zuweisen: "Der Fehler geht auf uns alle. Wir hätten heute Fünfter werden müssen."

Vom Kampf um Platz fünf weit entfernt war Ricciardo. Der Australier musste das Rennen aufgrund eines Fehlers im Q2 von Startplatz 14 in Angriff nehmen. Trotz zahlreicher Ausfälle durch die Startkarambolage und weiteren Zwischenfällen kam der 'Honigdachs' nur auf Platz 13 und damit als vorletzter gewerteter Pilot ins Ziel. Ricciardo berichtete von einem aussichtslosen Kampf: "Sobald der Restart erfolgt war, hatte ich schon Probleme mit dem Grip. Ich hatte nicht das Gefühl, so viel Bodenhaftung wie die anderen zu haben. Ich wurde mehrfach geschluckt und konnte nichts dagegen tun. Das ging für den Rest des Rennens so weiter. Irgendwas war nicht in Ordnung."

Riccardo mit schwacher Pace und dann streikt auch noch das DRS

Das Geburtstagskind vom Freitag konnte sich schon durch mangelnde Pace kein Geschenk machen, doch kam zu allem Überfluss auch noch Technikpech hinzu. "Ich erinnere mich, wie ich in Kurve 6 angebremst habe und das Auto war komplett hinüber. Ich dachte zuerst an einen platten Reifen, aber als ich zum Hinterreifen blickte, sah ich das offene DRS. Es war defekt und ich musste zurück zur Box, um es reparieren zu lassen. Von da an konnten wir es natürlich nicht mehr benutzen, denn wir fürchteten, es würde wieder offen bleiben", berichtete Ricciardo von einem gebrauchten Tag. Der DRS-Defekt verhinderte auch ein Ausnutzen des späten Safety-Cars: "Am Ende beim Safety-Car-Restart konnte ich keine Autos angreifen. Dennoch waren wir auch einfach nicht schnell genug."

Sein katastrophales Rennen erinnerte Ricciardo an einen früheren Auftritt in der Saison 2022. "Ich hatte schon in Barcelona dieses Gefühl. Das Auto hat nicht mehr auf dem selben Level funktioniert, vor allem in Sachen Kurvengeschwindigkeit. Wenn du das Auto in die Kurve hineinrollst, dann fühlst du, wie die Reifen kochen und keine Haftung aufbauen", schilderte er. Beim Spanien Grand Prix gab das Team an, einen Defekt am MCL36 des Australiers gefunden zu haben, ohne zu verraten, was das genaue Problem war.

Für sein schwaches Rennen in Silverstone hatte Ricciardo noch keine Erklärung parat. "Wir sind nach dem Unfall am Start über einige Trümmerteile gefahren, aber das Team hat das Auto eigentlich während der Rotphase überprüft. Wenn wir also nichts übersehen haben, dann müssen wir tiefer graben", gab der achtmalige Grand-Prix-Sieger an.

Daniel Ricciardo sucht den Durchblick in einer durchwachsenen Saison, Foto: LAT Images
Daniel Ricciardo sucht den Durchblick in einer durchwachsenen Saison, Foto: LAT Images

Norris-Pace stimmt Seidl positiv, Österreich-Podium wieder drin?

Die Probleme beim Auto mit der Startnummer #3 sind natürlich auch Teamchef Andreas Seidl nicht entgangen. Der Deutsche erklärte: "Daniels Wochenende lief nicht nach Plan, das müssen wir in den nächsten Tagen sorgfältig analysieren. Er war weder gestern noch heute in der Position, gute Rundenzeiten abzuliefern." Dennoch konnte Seidl dank Norris auch Gutes sehen: "Für uns ist das Positive, dass wir dieses Wochenende ein konkurrenzfähigeres Auto hatten und nach zwei schwierigen Rennen wieder zurück in den Punkten sind."

Vor zwei Rennen in Baku holte McLaren zwar sechs Punkte, war aber bei weitem nicht an der Spitze des Mittelfeldes zu finden. In Kanada schrieb man die einzige Nullnummer in den letzten fünf Rennen. Am nächsten Wochenende ist der Formel-1-Zirkus beim Österreich Grand Prix in Spielberg zu Gast. Norris hat dort in den letzten beiden Jahren Podestplätze erzielt, doch warnt er vor zu hohen Erwartungen: "Das war bisher eine wunderbare Strecke für mich. Ich bin mir aber nicht sicher, ob wir dieses Jahr dort wieder so stark sein können. Wir haben sechs Autos vor uns, die klar schneller sind. Wir sehen uns auf Augenhöhe mit den Alpines."