Das Formel-1-Wochenende in Großbritannien wird Carlos Sainz wohl auf ewig in Erinnerung bleiben. Bereits am Samstag beendete der Ferrari-Pilot in seinem 150. F1-Qualifiyng eine Negativ-Serie und sicherte sich seine erste Pole Position überhaupt. Einen Tag später der ganz große Triumph. Nach zahlreichen Fehlschlägen und knappen Niederlagen gewinnt Sainz sein erstes Formel-1-Rennen.

Damit ist Sainz nach Fernando Alonso erst der zweite Spanier überhaupt, der einen Grand Prix für sich entscheiden kann. In der Pressekonferenz nach dem bislang größten Triumph seiner Formel-1-Karriere zeigte sich der 27-Jährige von seinen Emotionen überwältigt. "Es ist noch nicht ganz zu mir durchgedrungen. Ich bin sehr glücklich und ich muss wohl noch ein paar Minuten warten, ehe ich realisiere, was heute passiert ist", berichtete Sainz.

"Den ersten Sieg zu holen und dann noch vor diesem unglaublichen Publikum mit Ferrari in Silverstone - einer meiner Lieblingsstrecken, ist unbeschreiblich", jubelte er weiter. Dabei war der Weg zum Sieg nach der gestrigen Pole Position alles andere als einfach.

Bereits beim Rennstart verlor er die Führung an Max Verstappen, doch nach dem frühen Abbruch erwies sich dieser Positionstausch als null und nichtig. Bei der Start-Wiederholung verteidigte Sainz dann die Führung, aber im ersten Stint hatte er Mühe damit, Max Verstappen hinter sich zu halten. "Ich fühlte mich nicht komfortabel im Auto. Ich hatte viele Probleme mit Untersteuern in Highspeed-Kurven, was mir die Vorderreifen praktisch zerstörte und mir auch in den langsamen Kurven die Pace nahm", erklärte Sainz.

Sainz-Sieg trotz Untersteuern

In der elften Runde wurde ihm das zum Verhängnis. Nach einem Fahrfehler in Kurve 13 ging Verstappen vorbei. Sainz holte sich zwar die Führung zurück, nachdem der Speed des Weltmeisters aufgrund eines Schadens einbrach, aber die Pace blieb dieselbe und Leclerc war nun derjenige, der Druck ausübte.

Nachdem Ferrari lange Zeit zögerte, musste Sainz schließlich in Runde 31 seinen Teamkollegen vorbeilassen. Das Rennen schien auf einen Zweikampf zwischen Leclerc und Hamilton hinauszulaufen, der mit frischen Reifen von Platz 3 aus angriff. Sainz dazwischen bildete in dieser Rennphase nur den Ferrari-Puffer, der dem Rekord-Champion möglichst viel Zeit kosten sollte. Gleichzeitig erhielt er auch noch die Anweisung ins Cockpit, Sprit zu sparen. Ein Kampf gegen Hamilton wäre wohl einer mit stumpfen Waffen gewesen.

Ferrari-Strategen sorgen für Rennentscheidung

Doch zu diesem Duell kam es erst gar nicht. Denn eine Safety-Car-Phase aufgrund eines Defekts am Alpine von Esteban Ocon stellte das Rennen komplett auf den Kopf und gab Sainz plötzlich die unverhoffte Möglichkeit, doch noch den Sieg abzustauben. "Sobald das Safety Car herauskam, wollte ich so schnell als möglich an die Box fahren. Ich war schon länger auf den Hards und hatte schon Graining am linken Vorderreifen. Ich wollte die Reifen einfach nur schnell loswerden", sagte Sainz.

Ferrari stand zu diesem Zeitpunkt vor einer schwierigen Entscheidung: Entweder man stoppte beide Autos und lief damit großes Risiko, P2 gegen Hamilton einzubüßen, oder man splittete die Strategien mit dem Nachteil, dass nur einer von frischen Reifen profitieren könnte. Ferrari entschied sich für Zweiteres, und holte nicht Leclerc sondern Sainz an die Box, da seine Pneus schon deutlich älter waren.

Damit war die Entscheidung um den Rennsieg an der Boxenmauer der Scuderia gefallen. Denn am Restart hatte Leclerc keine Chance sich gegen Sainz zur Wehr zu setzen. Das realisierte auch der ehemalige Renault- und Toro-Rosso-Pilot. "Von da an wusste ich, dass ich Charles am Restart einfach überholen konnte. Da war ich mir 100 Prozent sicher. Aber ich wollte es so sauber machen wie möglich, um ihm das Rennen nicht kaputtzumachen."

Genau so kam es dann auch: Sainz zog nach wenigen Kurven vorbei und Leclerc verwickelte Perez und Hamilton in einen harten Kampf, sodass der Sohn des gleichnamigen zweifachen Rallye-Weltmeisters locker davonziehen konnte und seinen ersten Karrieresieg einsackte.