Der Großbritannien-GP (Start heute um 16 Uhr) ist seit jeher ein Fixpunkt im Formel-1-Kalender. Nach der Eskalation im Vorjahr verspricht auch 2022 die Ausgangslage für den Grand Prix in Silverstone viel Spannung. Mit Carlos Sainz erlebte die Königsklasse eine Pole-Premiere am Samstag und allgemein durfte sich die Königsklasse an diesem Wochenende über viel Regen "freuen". Was sind die Schlüsselfaktoren für das heutige Rennen? Alle News zur Formel 1 heute in Silverstone gibt es im Liveticker.

Formel 1 Silverstone: S wie Startaufstellung

Wie bereits im ersten Absatz angeteasert, erleben wir am Rennsonntag ein Debüt. Zum ersten Mal startet Carlos Sainz von der Pole Position. Im Qualifying konnte er sich vor Max Verstappen durchsetzen. Dem Niederländer schien die Pole nach Bestzeiten in Q1 und Q2 eigentlich kaum zu nehmen zu sein, doch dann kam ihm eine gelbe Flagge - ausgelöst von Charles Leclerc - auf dem entscheidenden Run in die Quere. Der Monegasse darf trotz seines Drehers das Rennen aus der dritten Startposition in Angriff nehmen, neben ihm geht mit Sergio Perez der zweite Red Bull in den GP.

Mercedes hingegen konnte nicht ganz für den prognostizierten Dreikampf sorgen - zumindest im Qualifying. Lewis Hamilton startet nur von P5, George Russell gar nur von Position 8. Dazwischen schoben sich ein wieder einmal bärenstarker Lando Norris und Fernando Alonso auf P6 und 7. Guanyu Zhou (P9) und vor allem Nicholas Latifi (P10) überraschten mit dem Einzug in Q3, im Rennen werden sich aber beide nach hintern orientieren müssen. Für die Deutschen lief das Qualifying nicht nach Maß und endete jeweils nach Q1: Sebastian Vettel startet von P18, Mick Schumacher von P19.

Formel 1 Silverstone: S wie Start

Gerade einmal 239 Meter trennen die Piloten auf dem Silverstone Circuit von Kurve 1. Davon sollte man sich aber nicht täuschen lassen. Denn da Kurve 1 und 2 mit Vollgas bewältigt werden, fällt die Start-Entscheidung normalerweise erst am ersten Bremspunkt in Kurve 3. Oder sogar noch später: Denn die Wellington-Gerade nach der Village-Passage lädt förmlich zu einem Konter ein. Vor einem Jahr duellierten sich Hamilton und Verstappen sogar bis Kurve 9 ehe am Samstag Hamilton zurückzog und am Sonntag Verstappen nach einer Berührung in den Reifenstapel schickte.

Ganz so erhitzte Gemüter sind dieses Jahr nicht zu erwarten. Verstappen wird zwar viel daran setzen, Sainz am Start hinter sich zu lassen. Doch seine ersten Verfolger in der Weltmeisterschaft starten aus der zweiten Reihe, also muss der Titelverteidiger in der Startphase auch - oder vor allem - seinen Rückspiegel im Blick haben.

Formel 1 in Silverstone: S wie Strategie

Wie bereits Kanada vor zwei Wochen ist auch Silverstone normalerweise eines jener Rennen, das zwischen einer 1- oder 2-Stopp-Strategie liegt. Doch der Regen vom Freitag hat den 5,891 Kilometer langen Silverstone Circuit wieder zu einer grünen Strecke verwandelt. Sprich: Der Gummi wurde weggespült, was den Reifenverschleiß normalerweise erhöht. Einen kleinen Gegenpol bildet das Wetter: Die geringen Temperaturen schonen den Reifenverschleiß.

Dementsprechend scheint eine 2-Stopp-Strategie die wahrscheinlichere Herangehensweise für das Rennen zu sein. Auch Pirelli favorisiert in ihren Kalkulationen diese Taktik. Laut dem italienischen Reifenhersteller ist für den Start der Medium-Reifen die sicherste Option, gefolgt von einem Stint auf dem Hard und einem weiteren auf Medium. Alternativ kann man einen Medium-Stint auch mit einem Soft-Stint ersetzen, das erfordert aber einen dementsprechend längeren Verbleib auf der Strecke mit Hards. Eine 1-Stopp-Strategie ist in der Theorie möglich, erfordert aber ein hohes Maß an Reifenmanagement und ist deshalb aller Voraussicht nach langsamer.

Formel 1 in Silverstone: S wie Silverstone-Wetter

Am bisherigen Wochenende stand wie eigentlich so oft in Großbritannien ein Thema im Rampenlicht: Das Wetter. Das erste Freie Training fand trotz anderslautender Vorhersagen bei Regen statt, FP3 blieb dafür trotz Regen-Prognose trocken. Das Qualifying hielt sich an die Vorhersagen und ging begleitet von Niederschläge über die Bühne.

Für das Rennen versprechen die Meteorologen nun wieder trockene Aussichten. Die Regenwahrscheinlichkeit im Laufe des Grands Prix wird mit zehn bis 20 Prozent beziffert, am Vormittag vor dem GP ist die Aussicht auf Regen eine Spur höher.

Bedeutet im Umkehrschluss: Wir sollten uns auf ein trockenes Rennen vorbereiten, aber ganz auszuschließen ist Regenwetter dann doch nicht. Es wäre nicht das erste Mal, dass am Rennsonntag beim Großbritannien-GP dann plötzlich alles anders ist. Eine Hitzeschlacht wird das Rennen keinesfalls: Die Lufttemperaturen sollen am gesamten Sonntag 19 Grad nicht überschreiten, außerdem ist Bewölkung vorhergesagt.

Formel 1 in Silverstone: S wie Setup

Einmal mehr in dieser Saison ist Red Bull Ferrari in einer Komponente glasklar überlegen. Die Rede ist natürlich vom Topspeed. Die beiden Topteams trennen aber an der Messstelle aber nur etwa vier Km/h. Ein weiterer Beweis, dass das Heckflügel-Upgrade, welches Ferrari seit Aserbaidschan in Betrieb hat, Wirkung zeigt.

Highspeed ist auf dem ultraschnellen Silverstone Circuit ein entscheidender Faktor, allerdings nicht um jeden Preis. Die schnellen Kurven erfordern eine effiziente Aerodynamik. Red Bull scheint dieses Setup-Fenster am Samstag-Vormittag getroffen zu haben. Nachdem sich beiden Piloten am Freitag über das Handling ihres Boliden beschwerten, waren Perez und Verstappen nach FP3 und dem Qualifying voll des Lobes angesprochen auf das Fahrverhalten des RB18.

Obwohl Ferrari in FP3 klar hinter den Bullen zurückblieb, gilt dasselbe wohl auch für die Scuderia. Leclerc und Sainz waren nach P1 und 3 im Qualifying auch davon überzeugt, mit einem guten Setup ausgestattet zu sein. "Die Pace in FP3 war ziemlich stark. Max war zwar schnell, aber wir hatten noch ein paar Reserven", schätzte Charles Leclerc. Mercedes war im Longrun am Freitag mindestens in Schlagdistanz wenn nicht sogar auf Augenhöhe mit Ferrari, aber zu diesem Zeitpunkt hatten die Roten ihre Setup-Schwierigkeiten noch nicht ganz ausgemärzt.

Formel 1 in Silverstone: S wie Sainz-Statistiken

Schlappe 150 Qualifyings hat es gedauert, bis Carlos Sainz seine erste Formel-1-Pole einsacken konnte. Sergio Perez musste zwar noch ein paar Grands Prix länger warten (213 um genau zu sein), aber dennoch ist das selbst für moderne Formel-1-Verhältnisse eine lange Durststrecke. Jetzt fehlt nur noch der erste Grand-Prix-Sieg des Spaniers. Auf diesen wartet er nämlich ebenfalls so lange.

Könnte es heute im Rennen endlich so weit sein? Eine Statistik spricht gegen Sainz: Seit über zehn Jahren schaffte es kein Fahrer mehr, seine erste Karriere-Pole auch in einen Sieg umzuwandeln. Pastor Maldonado gelang dieses Kunststück zuletzt beim Großen Preis von Spanien 2012, als er sensationell im Williams triumphierte.

Insgesamt elfmal stand Carlos Sainz schon auf einem Formel-1-Podium. Damit trennen ihn nur zwei Top-3-Platzierungen von einem weiteren zweifelhaften Negativ-Rekord, nämlich jenem der meisten Podest-Platzierungen ohne Sieg. Derzeit führt Nick Heidfeld diese Statistik mit 13 Stück an.

Formel 1 in Silverstone: S wie Sieger

Durch seine Pole Position haben sich die Chancen auf den ersten Grand-Prix-Sieg von Carlos Sainz merklich erhöht. Oder etwa doch nicht? Die Statistik meint es auch an dieser Stelle nicht gut mit dem Spanier. Nur 7 der 20 letzten GPs in Silverstone wurden von der Pole Position gewonnen und das trotz einer drei Jahre anhaltenden Serie von Start-Ziel-Siegen durch Lewis Hamilton 2015 bis 2017. Bei den letzten fünf Rennen auf dem ehemaligen Militär-Flughafen wurde ein einziges von Startplatz 1 aus gewonnen, nämlich der Großbritannien-GP 2020.

Die Longruns am Freitag können für die Favoritenstellung heute nur schwer als verlässliche Datengrundlage verwendet werden. Red Bull absolvierte aufgrund von Schleifgeräuschen am Freitag überhaupt nur auf einer Seite der Garage einen Longrun, während Perez komplett darauf verzichtete, und auch dieser Run von Verstappen belief sich nur auf vier Runden.

Außerdem kämpften die Bullen am Freitag noch mit Setup-Problemen, die man offenkundig mit FP3 am Samstag-Vormittag beheben konnte. Ferrari führte so zwar die Longrun-Tabellen in FP2 jeweils an, aber wie viel das Wert sein wird, ist mehr als fraglich. Dazu kommen noch Lewis Hamilton und Mercedes, die an diesem Wochenende mit ernstzunehmender Außenseiter-Chancen auf den Sieg ausgestattet sind.

In den Longruns befanden die Silberpfeile sich nur knapp hinter Ferrari und deutlich vor dem Rest des Feldes. Im Qualifying redeten Hamilton und Russell mit P5 und P8 zwar kein entscheidendes Wörtchen mit, aber der W13 ist in dieser Saison sowieso im Rennen stärker als auf eine Runde.