In den vergangenen Tagen prasselten bereits zwei Strecken-Neuigkeiten bezüglich des Formel-1-Rennkalenders 2023 auf uns ein und nun folgte der nächste regelrechte Paukenschlag. Wie die französische Zeitung L’Equipe berichtet, könnte der jährliche Formel 1 GP auf französischem Boden nämlich schon bald in Nizza und nicht, wie zuletzt gewohnt, in Le Castellet auf dem Circuit Paul Ricard stattfinden - zumindest, wenn es nach Formel-1-Boss Stefano Domenicali geht.

F1-Boss Domenicali: "Ende Juli werden wir mehr darüber wissen"

Der Chef der Formel 1 weiß natürlich um die ganze Brisanz des Themas. Vor allem wenn man bedenkt, dass Monaco und Nizza lediglich durch eine Entfernung von rund 13 Kilometern getrennt sind. Nachdem der GP im Fürstentum in letzter Zeit ohnehin immer stärker zu wackeln scheint, werden die Monegassen angesichts dieser Nachricht nämlich kaum begeistert sein. Der Italiener geht aber trotzdem nicht weiter auf die Thematik ein und hält daher lediglich fest: "Historisch betrachtet ist Frankreich seit jeher eine wichtige Motorsportnation. Sie werden es vielleicht nicht wissen, aber es gibt da ein tolles Projekt mit der Stadt Nizza, die ebenfalls einen Grand Prix ausrichten möchte. Das ist großartig, denn es zeigt, dass auch andere Regionen in Frankreich ein Interesse an der Formel 1 haben."

Konkret bedeutet das, dass man sich die Bewerbung aus Nizza genau ansehen und anschließend prüfen wird. Erst dann kommt es zu weiteren Entscheidungen bezüglich eines neuen Rennens an der Mittelmeerküste. "Wir werden die Bewerbung sehr sorgfältig studieren. Alles weitere folgt dann in Kürze. Alles, was ich jetzt sagen kann, ist, dass wir Ende Juli mehr über die Zukunft eines Grand Prix in Nizza wissen werden."

"Grand Prix de Nice" wäre keine Premiere

Was viele vielleicht nicht wissen: Ein Autorennen in den Straßen von Nizza wäre durchaus kein Novum. Zwischen 1932 und 1947 wurde insgesamt 6-mal ein Rennen in der Stadt am Mittelmeer ausgetragen. Der Straßenkurs trug die Bezeichnung "Circuit de la Promenade des Anglais" und befand sich direkt im Zentrum von Nizza. Die Strecke hatte eine Länge von 3,214 km und war sehr eng. Sie bestand aus einer langen Geraden, zwei Haarnadelkurven und einer Passage durch einen Teil des Jardin Albert-Ier, einem öffentlichen Park aus dem 19. Jahrhundert. Übrigens: Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es die Rennwoche von Nizza, in deren Rahmen 1901 Mercedes seinen ersten Sieg im Rennsport feierte.

So sah der Mercedes aus, der an der Rennwoche in Nizza 1901 teilgenommen hat, Foto: Mercedes-Benz
So sah der Mercedes aus, der an der Rennwoche in Nizza 1901 teilgenommen hat, Foto: Mercedes-Benz

Zu viele F1-Termine im Rennkalender? Nicht mit dem Rotationsprinzip!

Darauf angesprochen, wie der ohnehin aus allen Nähten platzende Rennkalender in den kommenden Jahren der Formel 1 aussehen soll, wenn weiterhin immer mehr neue Austragungsorte hinzukommen, meint der Italiener: "30 Grand Prix in einer Saison wären natürlich unvernünftig. Wir bevorzugen eine Zahl von 23 oder 24. Und um das zu erreichen, werden wir in Zukunft mit einem Rotationsprinzip arbeiten - nicht nur bezüglich der Rennen in Europa, sondern auch in anderen Ländern." Mit Blick auf Europa sind wohl zuerst die beiden Rennen in Belgien und eben Frankreich zu nennen, die als erstes "rotieren" sollen. Wobei die Formel-1-Fans über die Aussicht, dass die Traditionsrennstrecke in Spa nicht mehr regelmäßig von der Formel 1 besucht wird, weniger begeistern sein dürften.

Erst Südafrika, dann Australien - jetzt Frankreich?

Vor Kurzem besuchte das offizielle Oberhaupt der Formel 1 bereits Südafrika, um mit den Verantwortlichen vor Ort erste persönliche Gespräche bezüglich eines neuen Termins im F1-Rennkalender aufzunehmen. Konkret wurde dabei die Rennstrecke in Kyalami ins Auge gefasst, die im Einstufungssystem der FIA über eine Klassifizierung als Grade-2-Rennstrecke verfügt. Um Formel-1-Rennen abhalten zu dürfen, müsste der Kurs aber noch auf Grade 1 hochgestuft, was einige Anpassungen an und vor allem rund um die Strecke zur Folge haben würde (mehr dazu lesen: Formel 1 Rennkalender: Südafrika-GP vor Rückkehr 2023?).

Und in der Nacht vom Mittwoch auf Donnerstag gab die Königsklasse dann auch noch offiziell bekannt, dass Australien weiterhin Teil des Rennkalenders sein wird und bestätigte zudem auch, dass der Albert Park Circuit in Melbourne die Austragungsstätte des Grands Prix bleiben wird. Eine Überraschung war dabei vor allem die lange Laufzeit des Vertrages. Der neue Kontrakt zwischen der Königsklasse und dem Großen Preis in Down Under geht nämlich über ganze zehn Jahre (mehr dazu lesen: Formel 1: Australien-GP in Melbourne verlängert langfristig).

Der aktuelle Fall um die zukünftigen Grand Prix in Frankreich stellt sich allerdings etwas anders dar. Im Falle des Rennens auf dem Circuit Paul Ricard geht es nämlich nicht darum, wann oder wie lange dieses dort ausgetragen wird, sondern darum, ob es überhaupt noch dort ausgetragen werden soll. "Motorsport-Wüste", "Parkplatzrennen", das sind nur zwei der vielen, nicht gerade Begeisterung widerspiegelnden Bezeichnungen, die die Rennstrecke seit ihrem Umbau Ende der 1990er-Jahre, der in erster Linie der Sicherheitsmaximierung diente, erhalten hat. Insofern dürften auf altmodische Rennaction bedachte Formel-1-Fan diese Nachricht auch durchaus positiv aufnehmen.