Die Formel 1 fährt heute zum ersten Mal ein Rennen in Miami, und größer könnte der von der F1 für dieses Rennen betriebene Hype kaum sein. Was Action angeht, könnte der Grand Prix dem in vielerlei Hinsicht gerecht werden, denn die Strecke im amerikanischen Florida hat sich als eine höchst unberechenbare herausgestellt. (Formel 1 live aus Miami: Das Rennen heute im Ticker)

In zwei Tagen erlebte die Formel 1 zahlreiche Abbrüche, ehe sich im Qualifying schließlich Ferrari behaupten konnte: Charles Leclerc und Carlos Sainz belegen die erste Reihe der Miami-Startaufstellung vor den Red Bulls von Max Verstappen und Sergio Perez. Wieder steht der bekannte Vierkampf an der Spitze ins Haus, doch er wird in den USA unsicherer. Ein von Wetter und Asphalt getriebener Favoriten-Check erklärt warum.

Mercedes in Miami aus der Gleichung

Dass es in Miami wieder auf ein Duell zwischen Ferrari und Red Bull hinausläuft erscheint relativ klar. Die beiden Teams waren schon am Freitag in den Trainings in etwa auf Augenhöhe unterwegs. Mercedes kann nach einem schwachen Samstag wieder aus der Gleichung genommen werden, nachdem George Russell am Freitag noch eine Bestzeit fahren hatte können und in den Longruns halbwegs den Anschluss hielt.

Doch Mercedes schraubte vor dem Qualifying am Setup, was zum Desaster wurde. Im 3. Training ging nichts mehr, und selbst ein Rückbau auf die Freitags-Spezifikation half nichts, plötzlich hatte das Team wieder die Kontrolle über das Bouncing des Autos verloren. Lewis Hamilton konnte nicht einmal das Mittelfeld anführen und startet nur von Platz sechs, Russell steht auf P12 in den Untiefen des Klassements.

Abbrüche bestimmen Miami-Bild der Formel 1

Also zurück zu Ferrari und Red Bull. Dort fehlen in der Trainings-Analyse vom Miami-Freitag signifikante Daten. In den Longruns hielten sich Pole-Setter Charles Leclerc und der von Platz vier startende Sergio Perez die Waage, während Carlos Sainz (Startplatz zwei) und Max Verstappen (Startplatz drei) fehlen. Sainz war verunfallt, Verstappen von einem Hydraulik-Defekt lahmgelegt worden. Beide fuhren keine Runden mit vollen Tanks.

Carlos Sainz schrottete seinen Ferrari in Miami im Training, Foto: LAT Images
Carlos Sainz schrottete seinen Ferrari in Miami im Training, Foto: LAT Images

"Wir haben es uns super schwierig gemacht", ärgerte sich Verstappen nach dem Qualifying. Er musste noch im 3. Training am Setup arbeiten: "Weil gestern hattest du keinen Plan, was funktioniert hat." Auch Carlos Sainz fehlt diese wertvolle Erfahrung - und sie schickt sich in Miami an, sehr wertvoll zu werden. Denn die Strecke auf dem Parkplatz des Hard Rock Stadium hat in den letzten zwei Tagen zahlreiche Tücken offenbart, die dringend mit mehr Fahrtzeit ausgelotet werden müssen.

Mit einem Start um 15:30 Uhr Ortszeit geht es in Miami nämlich zuerst einmal in der heißen Nachmittagssonne los. Voraussichtlich bleibt es trocken, dann ist mit an die 34 Grad Lufttemperatur und der wohl heißesten Streckentemperatur des Wochenendes nahe der 60-Grad-Marke zu rechnen. Eine Regenwahrscheinlichkeit gibt es auch, je nach Wetterdienst bewegt sie sich - Stand Samstagnacht - zwischen 30 und 40 Prozent, aber wo die möglichen isolierten Gewitterstürme genau durchziehen, ist unsicher.

Bremst Miami-Strecke Red Bulls Vorteil aus?

Garantiert ist, dass es rutschig sein wird. Denn selbst ohne Regen klagen die Fahrer hier lautstark über den Asphalt, der für den Strecken-Neubau hier verwendet wurde. Dieser legt ungewöhnlich dreckige Eigenheiten an den Tag, und abseits der Ideallinie gibt es fast keinen Grip. So wenig, dass es sich ohnehin fast anfühlt, als ob man im Regen fährt. Nach Gewitterschauern am Samstagabend ist außerdem auch die Ideallinie wieder viel Gummi beraubt worden.

Ferrari baut auf schlechte Bedingungen. "Wenn du überholst, musst du es früh auf der Bremse klarmachen", erklärt Carlos Sainz. "Wenn nicht, sehe ich nicht, wie es späte Manöver von weit hinten geben kann." Zu wenig Grip gibt es abseits der Ideallinie, und das Ferrari-Paket hat noch immer den gleichen Vorteil gegenüber Red Bull: Es ist mit mehr Abtrieb ausgestattet und in den langsamen und mittelschnellen Kurven schneller.

Also muss Red Bull durch die engen Kurven den Anschluss halten und dann auch noch abseits der Linie überholen. Allerdings ist auch ihr Topspeed-Vorteil groß. Am Ende der langen Geraden wurden Verstappen und Perez im Qualifying mit 334 km/h gemessen, Leclerc und Sainz mit mageren 325. Und die Gerade hier in Miami ist sehr, sehr lang. "Wenn wir dranbleiben mit unserem Topspeed, sollten wir überholen können", gibt sich Red Bulls Motorsport-Berater Dr. Helmut Marko optimistisch.

Extreme Miami-Bedingungen als Herausforderung für die Formel 1

Die endgültige Entscheidung über den Sieg in Miami wird aber vom in der Formel 1 altbekannten Faktor Reifen bestimmt werden. Doch genau dieser ist heute so schwer einzuschätzen. Die extreme Hitze, die fehlenden Longrun-Daten, die ungewöhnliche Streckenoberfläche - niemand im Fahrerlager will sich festlegen, wie gut die Reifen halten werden.

Red Bull fährt in Miami mit weniger Flügel, Foto: LAT Images
Red Bull fährt in Miami mit weniger Flügel, Foto: LAT Images

Die Hinterreifen machten in der Hitze schon am Samstag durch die Bank Probleme. Mehr Abtrieb könnte dem Ferrari beim Reifenmanagement helfen, fehlende Longrun-Daten hingegen für jedes Team böse Überraschungen bedeuten. Erst im Rennen wird sich zeigen, wer richtig geraten hat. Pirelli erwartet zwei Boxenstopps, eine Einstopp gilt als grenzwertig. Unabhängig davon lassen die schwierigen Grip-Bedingungen und wenig Auslaufzonen - drei Unfälle waren bereits zu verzeichnen und die Formel-1-Fahrer üben an der Miami-Sicherheit Kritik - eine Unterbrechung des Rennens durch das Safety Car als wahrscheinlich erscheinen.

Sicher ist daher nur, dass der Sieg nur über Red Bull und Ferrari geht. Was der erste Grand Prix von Miami aber zwischen Start und Ziel aufbieten wird, darüber lassen sich unmöglich Prognosen treffen.