Formel 1 Imola: S wie Startaufstellung

Mit einer Geduldsleistung im Sprintrennen am Samstag behauptete Max Verstappen trotz verlorenen Starts gegen Charles Leclerc seine Pole Position für das Rennen. Erst in der vorletzten Runde konterte der amtierende Weltmeister gegen den WM-Führenden und führt im heutigen Rennen (Start um 15 Uhr, live auf RTL und Sky) somit erneut die Startaufstellung vor dem Monegassen an.

Während Verstappen sich also in die beste Ausgangslage manövriert hat, optimierten Sergio Perez und Carlos Sainz ihre Positionen zumindest. Von P6 und P10 katapultierten sich Mexikaner und Spanier im Sprint wieder in ihre angestammte zweite Startreihe. Geschlossen aus der dritten Reihe starten die McLaren von Lando Norris und Daniel Ricciardo - trotz Blindflugs nach einem wegen technischer Probleme nahezu komplett verpassten Longrun-Trainings vor dem Sprint.

Valtteri Bottas, Kevin Magnussen, Fernando Alonso und erstmals Mick Schumacher komplettieren die Top-10 der Startaufstellung. Nicht aus der ersten Hälfte des Grids starten gleich beide Mercedes. George Russell legt vom elften Rang los, Lewis Hamilton gar nur von P14 - noch hinter Sebastian Vettel auf der dreizehnten Position. Guanyu Zhou muss wegen eines Verstoßes gegen die Parf-fermé-Bedingungen nach seinem Crash im Sprint statt von P20 aus der Boxengasse starten.

Formel 1 Imola: S wie Start

Eine noch wichtigere Rolle als bei den meisten Rennen fällt in Imola dem Start zu. Trotz der neuen Boliden-Generation und trotz auf den ersten Blick gegenteiliger Eindrücke aus dem Sprint lässt es sich im Autodromo Enzo e Dino Ferrari noch immer nur schwierig überholen. Einzig unterschiedliche Reifenmischungen, teilweises Graining oder große Pace-Deltas zwischen den Überholkönigen Sainz und Perez zu den Mittelfeldautos kaschierten diese Problematik.

Nicht umsonst freute sich Leclerc so sehr über die am Start von Verstappen gewonnene Führung. "So konnte ich mich auf mein Rennen konzentrieren", sagte der Ferrari-Fahrer. Auf dem in Imola stolze 575 Meter langen Sprint bis zum ersten Bremspunkt für die Tamburello hatte Leclerc Verstappen nicht nur dank seiner Ferrari-Power ausbeschleunigt. Verstappen selbst hatte auch einen besonders schlechten Start erwischt und verwies am Funk gleich auf ein technisches Problem.

Am Sprint-Start ließ Charles Leclerc Max Verstappen einfach stehen, Foto: LAT Images
Am Sprint-Start ließ Charles Leclerc Max Verstappen einfach stehen, Foto: LAT Images

"Das war wegen der Programmierung. Die Synchronisation vom ersten und zweiten Gang war nicht ganz optimal", erklärt Motorsportchef Helmut Marko. Ein reines Software-Problem, das Red Bull für den Start zum Rennen heute mühelos ausräumen dürfte. Große Nach- oder Vorteile sollten am Start also niemandem zukommen, es sei denn die 2022 auch in den Top-10 freie Reifenwahl fällt an der Spitze unterschiedlich aus.

Formel 1 Imola: S wie Strategie

Doch welcher Reifen ist der ideale, nicht nur für den Start, sondern auch zur schnellstmöglichen Bewältigung der Renndistanz von 63 Runden auf der 4,909 Kilometer kurzen Strecke? Das vermag Monopolist Pirelli angesichts nur spärlicher Erfahrungen wegen des Sprint-Formats an diesem Wochenende und Regens am Freitag schlechter als sonst üblich einzuschätzen. Wegen der bereits genannten Überholproblematik in Imola gehen die Italiener zunächst von einem Einstopp-Rennen aus. Ebenfalls dafür spricht der enorme Zeitverlust von 24,7 Sekunden reiner Durchfahrtszeit (plus Standzeit!) in der mit 549 Metern längsten Boxengasse des Kalenders.

Die größte Flexibilität schafft angesichts dieser Voraussetzungen ein Start auf Medium-Reifen. Auf dieser Mischung geht Pirelli von einem großen Boxenstoppfenster aus, was einen Wechsel auf Hard zum idealen Zeitpunkt ermöglichen kann. Beim Soft sieht das anders aus. Bereits der Sprint führte klar vor Augen, dass auf diesem Reifen wegen Grainings ein Boxenstopp zügig unumgänglich sein kann. Im Rennen sollte das wegen der zu Beginn dreimal schwereren Benzinladung nur noch problematischer werden.

Formel 1 Imola: S wie Safety Car

Allerdings können gleich zwei Faktoren diese strategischen Theorien sehr schnell komplett über Bord werfen. Der erste ist die hohe Safety-Car-Wahrscheinlichkeit. In den beiden vergangenen Ausgaben des Emilia Romagna GP rückte Bernd Mayländer gleich dreimal aus, auch im Sprint folgte bereits ein erster Einsatz an diesem Wochenende. Passiert das im Rennen, gibt das den Teams die Chance, den riesigen Zeitverlust in der Boxengasse doch noch signifikant zu reduzieren und womöglich sogar auf einen Stopp mehr zu setzen.

Schon vor dem Sprint hatte insbesondere das Qualifying mit gleich fünf roten Flaggen bewiesen, wie heikel es in Imola auf feuchter Fahrbahn zugehen kann - was uns sofort zum nächsten Schlüsselfaktor führt.

Die Safety-Car-Wahrscheinlichkeit in Imola ist hoch, Foto: LAT Images
Die Safety-Car-Wahrscheinlichkeit in Imola ist hoch, Foto: LAT Images

Formel 1 Imola: S wie Schauergefahr

Komplett vergessen können wir die Theorien zur Strategie nämlich bei einem erneuten Wetterumschwung in Imola. Schon der Sprint war nach dem fast vollständig verregneten Freitag erneut von Regen bedroht. 60 Prozent betrug die Regenwahrscheinlichkeit am Samstag. Doch es blieb noch einmal trocken. Am Sonntag beläuft sich das maximale Risiko nun auf sogar mehr als 70 Prozent - und das exakt zum Rennstart um 15 Uhr. Wiederholt sich die Geschichte nach dem spektakulären Regenrennen im Vorjahr?

Formel 1 Imola: S wie Schumi-Punkte

Ein zumindest aus deutscher Sicht höchst interessanter Faktor taucht etwas weiter hinten im Feld auf - und doch so weit vorne wie nie zuvor. Erstmals in seiner Formel-1-Karriere startet Mick Schumacher beim Großen Preis der Emilia Romagna aus den Top-10. Nachdem sich der Haas-Pilot im Qualifying noch über einen Fahrfehler und das Aus in Q2 geärgert hatte, kämpfte sich Schumacher im Sprint von P12 vorbei an George Russell im Mercedes und Sebastian Vettel im Aston Martin und verdiente sich so den zehnten Startplatz.

Folgt im Rennen gleich die nächste Premiere? Zum ersten Mal überhaupt kann Schumacher heute in die Punkte fahren. Die Voraussetzungen dafür scheinen da. Haas präsentierte sich in Imola nach dem Durchhänger in Australien wieder klar verbessert. So katapultierte es Kevin Magnussen im Qualifying sogar auf P4. Im Sprint ging es für den Dänen dann zwar bis auf P8 zurück, doch das vor allem aufgrund einer falschen Reifenwahl und zwei viel schnellerer Verfolger Sainz und Perez.

Schumacher selbst gibt sich zuversichtlich. "Das Auto hat sich gut angefühlt. Wir müssen natürlich abwarten, wie es mit mehr Sprit wird, aber alles, was wir heute Morgen gelernt haben, war vielversprechend", sagte Schumacher nach dem Sprint über das einzige Training im Trockenen wenige Stunden zuvor.

Formel 1 Imola: S wie Sieger

Die Frage aller Fragen zuletzt: Wer verfügt in Imola heute über das schnellere Rennauto? Ferrari oder Red Bull? Und unter welchen Bedingungen? "Wir waren bei Regen schnell und sind auch im Trockenen schnell. Man muss die richtigen Entscheidungen treffen, wann man reinkommt", gibt sich Red-Bull-Motorsportchef Marko zuversichtlich. Im Regen sind die Fragezeichen besonders groß, allerdings präsentierte sich Ferrari im nassen ersten Training besonders stark.

Im Trockenen hingegen förderte der Sprint einen klaren Nachteil zutage: Anders als noch in Australien war es diesmal nicht Red Bull, das mit einer körnenden Vorderachse zu kämpfen hatte, sondern Ferrari. "Ich bekam in den letzten vier oder fünf Runden Graining und dann haben wir leider die Führung verloren", schildert Leclerc den einfachen Grund für den späten Einbruch im Duell mit Verstappen.

Die große Frage nun: Bekommt Ferrari die Balance im Rennen noch besser in den Griff? Viel am F1-75 ändern kann die Scuderia im Parc fermé nicht mehr. Doch über den Fahrstil und einige kleinere Einstellungsmöglichkeiten am Auto könnte man durchaus noch etwas korrigieren, meint Carlos Sainz. Der Spanier war im Sprint weit weniger von Graining betroffen als Leclerc, fuhr allerdings auch ein gänzlich anderes Rennen.

Hatte Leclerc an der Spitze zu Rennbeginn schlicht übertrieben? "Ich habe versucht, am Anfang hart zu pushen, um eine Lücke herauszufahren und Max aus dem DRS-Fenster bekommen", gestand der WM-Leader. Das habe sich vielleicht mit dem Graining gerächt, so Leclerc. Die Hoffnung für einen Sieg beim Heimrennen stirbt also zuletzt. Auch Red Bull warnt weiter vor der Scuderia. "Ferrari wird sicherlich aus dem Sprint lernen", sagt Max Verstappen.

Doch ist sich auch Red Bull dank Abspeckkur und Upgrade der neu gewonnenen eigenen Stärke bewusst. "Wir haben dieses Wochenende wieder ein gutes Auto für das Rennen", ergänzt Verstappen. Marko will sogar einen Doppelsieg nicht ausschließen. Immerhin sei schon am Ende des Sprints auch Sergio Perez nur die Zeit ausgegangen. "Perez hätte Leclerc in der nächsten Runde eingeholt", meint Marko vor dem Rennen mit nun dreimal längerer Distanz.