Geradezu untröstlich und selbstkritisch gab sich Carlos Sainz nach seinem zweiten Platz beim Formel-1-Saisonstart 2022 in Bahrain. Obwohl der Spanier gerade sein bislang bestes Rennergebnis in der Königsklasse egalisiert und Ferrari damit neben Triumphator Charles Leclerc einen Doppelsieg zum Start in die neue F1-Ära beschert hatte, sprach Sainz von seinem bislang schwächsten Grand Prix seit seinem Wechsel nach Maranello in der Vorsaison.

Hintergrund war vor allem der eklatante Rückstand auf Teamkollege Leclerc im Rennen. 20 Sekunden binnen gut 40 Runden verlor der Spanier teamintern, ehe ein spätes Safety Car die Abstände annullierte. Im Vorjahr hatte Sainz über weite Strecken der Saison stets auf Augenhöhe mit dem Monegassen operiert, nun war davon plötzlich kaum noch etwas zu sehen. Einzig im Qualifying zog sich Sainz mit nur gut einer Zehntel Rückstand noch achtbar aus der Affäre.

Formel 1: Carlos Sainz beim zweiten Rennen wieder besser in Form

Letzteres galt beim zweiten Saisonlauf in Saudi-Arabien genauso, erneut tat sich Sainz daraufhin im Rennen schwerer, allerdings weniger schwer als noch in Bahrain. Sainz führt das darauf zurück, bereits erste Lehren gezogen zu haben, wie er seinen Fahrstil besser auf die 2022 völlig neuen Formel-1-Boliden einstellen kann. "Dieses Rennen war für mich ein kleiner Fortschritt gegenüber Bahrain. Ich habe es geschafft, mit dem Auto besser in den Rhythmus zu kommen. Ich habe noch immer ein paar Zehntel zu finden, aber ich denke, dass ich da noch hinkomme", sagt Sainz.

Die Zuversicht ist also groß. Mitverantwortlich dafür macht der Ferrari-Fahrer ausgerechnet den Austragungsort Saudi-Arabien. Oder besser gesagt den Rennkalender. "Ich war auf jeden Fall glücklicher als in Bahrain. Meine Seite der Garage hat mit dem Gefühl für das Auto Fortschritte erzielt", sagt Sainz. "Außerdem war es eine großartige Gelegenheit für mich, nur 100 Tage nachdem wir mit dem Vorjahresauto hier waren, wieder auf dieser Strecke zu sein."

Saudi-Arabien: Zwei Formel-1-Rennen in vier Monaten

2021 hatte die Formel 1 das Rennen in Jeddah als vorletzten Saisonlauf angesetzt und auf den 5. Dezember terminiert. 2022 wechselte der Saudi-Arabien-GP an den Anfang des Kalenders, als zweiter Lauf am 27. März. Dazwischen liegen gerade einmal 112 Tage. Für Sainz die perfekte Gelegenheit seine Probleme beim Saisonstart mit einem Vergleichstests anzugehen. "Das hat mir ein viel klareres Bild von den Kurven gegeben und ich welchen zwei oder drei Kurven mir mit diesem Auto noch etwas fehlt", berichtet Sainz. "Denn jetzt ist mir das ziemlich bewusst."

Sainz weiter: "Vor 100 Tagen war ich mit einem Auto hier, das mir jede Menge Vertrauen gegeben hat und ich war super schnell. Da jetzt 100 Tage später auf diese Strecke zurückzukommen und mit einem Auto, das mir noch nicht genau das gibt, was ich brauche, dieselbe Runde zu fahren, hat mich realisieren lassen, woran genau ich arbeiten muss und wohin ich das Auto künftig bringen muss. Das hat mir also eine großartige Gelegenheit gegeben, das Ausmaß zu verstehen, wie sehr ich mich wirklich anpassen muss und wie sehr ich das Auto mehr so hinbekommen muss, damit es mir gefällt."

Schneller Vorjahresvergleich hilft Sainz in Saudi-Arabien

Alles gelöst ist damit noch nicht. Sainz will lediglich eine verlässliche Arbeitsgrundlage gefunden haben, auf die er nun aufbauen könne. "Ich fühle mich noch nicht bei 100 Prozent, aber ich habe das Gefühl, dass uns dieses Wochenende ein Schritt in die richtige Richtung gelungen ist und das gibt mir die Hoffnung, dass es jetzt mit jedem Rennen immer besser werden wird, wenn wir nur genauso weiterarbeiten", sagt der 27-Jährige.

Dafür wolle er nun vor allem das Freitagstraining nutzen. "Es wird noch etwas mehr 'Trial and Error' brauchen. Etwas in die eine Richtung versuchen, es vielleicht nicht richtig hinbekommen und dann zurückkommen", sagt Sainz. Schon in Saudi-Arabien habe er damit begonnen. "Besonders am Freitag habe ich mit dem Setup sehr viel mehr herumgespielt als ich es an normalen Freitagen tun würde, einfach, um das Auto etwas zu erkunden", schildert der Ferrari-Fahrer. "Jetzt werden die Freitage für mich eher auf der experimentellen Seite sein. Einfach, um das Auto zu verstehen und um zu versuchen, es etwas mehr in meine Richtung zu bringen."

Sainz experimentierfreudig: Bis zur Lösung Punkte hamstern

Speziell im Qualifying habe er sich damit in Jeddah bereits stärker gefühlt als noch in Bahrain, so der Spanier. Das spiegelte sich auch im Rennen. Bis zu einem Safety Car in Runde 15 verlor Sainz keine sechs Sekunden auf Leclerc, also etwas weniger als noch in Saudi-Arabien. Nahezu dasselbe Bild zeichnete sich im zweiten Stint bis zu einem virtuellen Safety Car.

Dennoch ist Sainz damit längst nicht dort angekommen, wo er sich selbst wieder sehen will. Mindestens absolut auf Augenhöhe. Bis es so weit ist will der Spanier nun damit weitermachen, was ihm bereits in den ersten beiden Rennen mit zwei Podien gelang: Ruhig und besonnen einfach große Punktresultate wie diese mitnehmen. "Während ich noch nicht bei 100 Prozent mit dem Auto bin, ist es wichtig, weiter die Punkte und Podien zu holen", weiß Sainz: "Bis ich dann wieder zurück bei 100 Prozent bin und es an der Zeit ist, zum Kampf an der Spitze mit diesen Kerlen [Leclerc und Max Verstappen] hier zu stoßen!"