Am Mittwoch starten die ersten "Testfahrten" für die Formel-1-Saison 2022. Die zehn Teams unterziehen ihre neuen Boliden auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya einem ersten Härtetest. Doch was sind Testfahrten überhaupt? Was ist der Unterschied zu Demofahrten? Und warum durften die Teams zuvor schon "Shakedowns" fahren? Um diese Fragen zu klären wirft Motorsport-Magazin.com für Euch einen Blick ins sportliche Reglement.

Die drei Testtage in Barcelona (23.-25. Februar 2022) gelten als das erste Kräftemessen der Formel-1-Saison 2022, wobei sie offiziell von der Formel 1 nicht als "Testfahrten" bezeichnet werden, sondern als "Shakedown". Es ist jedoch nicht das erste Mal, dass wir zumindest einige der neuen Boliden auf der Rennstrecke sehen. Denn Möglichkeiten ein Formel-1-Auto Probe zu fahren, gibt es mehrere. Im sportlichen Reglement wird zwischen fünf verschiedenen Tests unterschieden.

Die fünf Test-Arten der Formel-1-Boliden

Welche Arten von Tests es in welchem Umfang gibt, legt das sportliche Reglement ganz genau fest. Immerhin soll jedes Team die gleichen Chancen bekommen, seinen Formel-1-Boliden zu erproben. Folgend ein kurzer Überblick über die fünf möglichen Tests:

1. Tests von aktuellen Autos

Vor der Saison: Den Anfang macht der vermeintlich wichtigste Test - der Test von aktuellen Autos. Dieser ist Formel-1-Fans durch die alljährlichen Testtage vor Saisonbeginn bekannt. Ein Test von aktuellen Autos ist es, wenn Teams ihren gegenwärtigen Boliden auf der Rennstrecke Probe fahren. Um ein gegenwärtiges oder aktuelles Auto handelt es sich, wenn das Fahrzeug nach den Regeln der anstehenden Saison (in diesem Fall 2022) gebaut wurde.

Im Vorfeld einer Formel-1-Saison müssen zwei solche Tests abgehalten werden. Die Dauer beträgt dabei jeweils drei Tage. Gefahren wird von 09:00 bis 18:00 Uhr Ortszeit. An einem Testtag darf die Strecke künstlich bewässert werden, um Regenreifen zu testen. Zwischen den Testfahrten und dem Saisonauftakt müssen immer mindestens vier Tage liegen. Sollten Fahrer an den Tests teilnehmen, die noch keine Superlizenz besitzen, muss ihr Fahrzeug ein grünes Rücklicht aufweisen. Auf der Rennstrecke dürfen gleichzeitig keine anderen Fahrzeugklassen fahren. Die ersten Testfahrten von aktuellen Autos beginnen bereits in dieser Woche in Barcelona. Eine zweite Probefahrt ist dann von 10.-12. März 2022 in Bahrain geplant. Dies ist dann auch offiziell der erste Wintertest des Jahres.

Nach der Saison: Ein zweiter Test findet nach dem Saisonfinale statt. Dieser ist auf zwei Tage festgelegt. Dabei muss jedes Team zwei Autos einsetzen, die in der identischen Konfiguration wie beim letzten Saisonrennen ausgestattet sind. Eines dieser Autos muss von einem Piloten gefahren werden, der mindestens einen Grand Prix in der gerade abgelaufenen Saison absolviert hat. Der Zweck des Tests ist für diesen Fahrer, Reifenspezifikationen für die folgende Saison zu testen. Das zweite Auto muss von einem Nachwuchsfahrer pilotiert werden, der bislang in seiner Karriere maximal zwei F1-Rennen bestritten hat.

Während der Saison: Zusätzlich zu diesen Testfahrten können in der Zeit zwischen dem ersten Saisonrennen und eine Woche vor dem Saisonfinale maximal 30 Reifentesttage abgehalten werden, die in Zusammenarbeit mit der FIA und Pirelli abgehalten werden. Die teilnehmenden Fahrer müssen eine Superlizenz besitzen und in ihrer bisherigen Laufbahn an mindestens einem Formel-1-Event teilgenommen haben.

Bei einem Fahrerwechsel: Sollte ein Team im Verlauf der Saison einen Ersatz-Fahrer einsetzen müssen, der in den vorangegangen zwei Kalenderjahren kein Rennen bestritten hat, darf dieser einen Testtag absolvieren. Diese Regel gilt in einem Zeitfenster von 10 Tagen vor dem Beginn des zweiten Rennwochenendes bis zum Saisonfinale. Der Test darf nur auf einer Strecke stattfinden, die in dieser Saison keinen Grand Prix austrägt und muss innerhalb eines Zeitraums von 14 Tagen vor oder nach dem Einsatz als Ersatzfahrer stattfinden. Sollte der Fahrer danach nicht zum Einsatz kommen, wird dem Team im kommenden Jahr ein Testtag aus seinem Kontingent für Tests mit aktuellen Autos abgezogen.

2. Tests im Zuge von Promotion-Events

Eine weitere Möglichkeit, die neuen Formel-1-Boliden auf die Rennstrecke zu schicken, sind Tests im Zuge von Promotion-Events. Da diese Tests lediglich Marketingzwecken dienen, handelt es sich dabei eigentlich um sogenannte Filmtage. Diese sind für jedes der zehn Teams zweimal pro Saison gestattet. Mit Dienstagabend (vor dem Shakedown in Barcelona) haben bereits alle Teams jeweils einen Filmtag absolviert.

Oft werden diese Tests auch als Shakedown bezeichnet, da die Filmtage üblicherweise kurz nach dem Launch eines neuen Boliden in Anspruch genommen werden. Obwohl dieser Test zum Filmen von Promo-Material gedacht ist, nutzen die Teams die Gelegenheit dafür, die Funktionsfähigkeit der neuen Autos zu überprüfen. Dabei müssen die Teams spezielle Demoreifen von Pirelli einsetzen. Beim Test im Zuge von Promotion-Events - auch Shakedown - darf lediglich eine Distanz von 100 km zurückgelegt werden. Zur Erinnerung: Ein Formel-1-Rennen muss mindestens 305 km lang sein.

3. Tests im Zuge von Demo-Events

Und noch eine dritte und letzte Möglichkeit gibt es, ein aktuelles Formel-1-Auto zu testen. Denn zu Demonstrationszwecken dürfen Teams aktuelle Fahrzeuge auch bei einem Demo-Event fahren. Ein Demo-Run kann zweimal jährlich abgehalten werden, darf jedoch 15 km nicht überschreiten. Zusätzliche Demonstrationsfahrten können vom kommerziellen Rechteinhaber, also der Formel 1, angesetzt werden. Diese fallen nicht in das Limit von maximal zwei Demo-Runs pro Jahr. Ferrari nutzte dieses Jahr bisher als einziges Team diese Test-Art. Kurz nach dem Launch des F1-75 wurde der neue Bolide so auf sehr kurzer Distanz einem Systemcheck unterzogen. Das Reglement schreibt die Verwendung von speziellen Reifen für Demofahrten vor. Beim Einsatz von Autos aus den vorherigen drei Jahren liegt das Kilometerlimit bei 50 km.

4. Tests von alten Autos

Die Teams können auch mit Fahrzeugen aus vorherigen Jahren ihre Runden drehen. Geht man mit Autos aus den letzten drei Jahren auf die Rennstrecke, so wird das als Test von vorrangegangen Autos bezeichnet. Auch hierbei dürfen nur Reifen verwendet werden, die speziell für diesen Zweck von Pirelli zur Verfügung gestellt werden. In dieser Winterpause nahm etwa Alpine diese Möglichkeit wahr und fuhr ein paar Runden mit dem A521 aus dem Vorjahr. Sinn dieser Sessions ist es, die Fahrer fit und rennbereit zu halten.

5. Tests von historischen Autos

Weniger relevant für kommende Meisterschaften aber durchaus ein Augenschmaus können Test mit historischen Fahrzeugen sein. Als historische Autos werden jene Fahrzeuge klassifiziert, die nach Reglements gebaut wurden, die länger als drei Jahre zurückliegen. In diesem Zuge müssen speziell dafür entwickelte Reifen oder Pneus aus der jeweiligen Ära verwendet werden. 2021 führte etwa Charles Leclerc den Ferrari 375 F1 in Silverstone aus, um das 70. Jubiläum des ersten Rennsiegs der Scuderia zu feiern.

Doch kein Test in Barcelona?

Nach diesem kurzen Überblick sollten die Basics rund um die Tests der Formel 1 geklärt sein - trotzdem noch ein Hinweis zur erneuten Verwirrung. Obwohl Formel-1-Fans dem Teststart in Barcelona gespannt entgegenblicken, darf eigentlich dabei noch nicht von offiziellen Tests gesprochen werden. Laut der FOM (Formula One Management) handle es sich bei den Ausfahrten in Barcelona nämlich nicht um Tests, sondern um vorläufige Track-Sessions. Somit konnte man TV-Übertragungen und Livepublikum umgehen. Motorsport-Magazin.com ist jedoch direkt vor Ort und liefert alle spannenden News vom Circuit de Barcelona-Catalunya.