Als viertes Team hat McLaren am Freitag sein neues Auto für die Formel-1-Saison 2022 präsentiert. Am Abend wurde der MCL36 beim Launch im McLaren Technology Centre in Woking von den Fahrern Daniel Ricciardo und Lando Norris enthüllt. Beim Live-Event, das von den Fans per Stream mitverfolgt werden konnte, präsentierten die Briten wie am Vortag Aston Martin bereits die erste einsatzbereite Version des neu entwickelten Boliden.

"Der Look das neuen Autos gefällt mir immer besser. Das ist wie mit dem Halo. Zuerst war es schrecklich und jetzt ist es normal. Mit diesen Autos ist es dasselbe", so Norris über die Formel-1-Autos der neuen Generation. Dem Briten, der den Look seiner Helme selbst designt, gefällt der veränderte Auftritt McLarens mit mehr Blau und Schwarz zum angestammten Papaya-Orange.

"Ich mag kräftige Farben, wie bei meinem Helm. Ich war als Kind Fan von Valentino Rossi. Aber du siehst jetzt auch das ganze Karbon, die ganze Perfektion. Es sieht gut aus und betont die Performance", so der 22-Jährige. Teamkollege Daniel Ricciardo ist vom ersten Eindruck ebenfalls überzeugt: "Ich mag es wirklich. Die Autos verändern sich und normalerweise dauert es, bis man sie mag. Aber mir gefällt es jetzt schon. Die sehen böse aus!"

Formel 1 2022 laut Ricciardo ein anderes Biest

Wichtiger als der wilde Auftritt ist ihm letztendlich natürlich die Performance. Im Vorjahr hatte er bei seinem Wechsel zu McLaren lange Zeit Probleme, sich an den Charakter des Autos zu gewöhnen. Der Reste macht ihm Hoffnung, von Anfang an bei der Musik zu sein. "Ich hoffe, sie kommen meinem Stil entgegen. Mit der Veränderung geht Optimismus einher. Vielleicht wird es für mich perfekt sein", sagt der achtfache Grand-Prix-Sieger.

Die ersten Eindrücke aus dem Simulator stimmen ihn zuversichtlich. "Es ist ein anderes Biest. Sie sehen nicht nur anders aus, sondern es ist auch viel, was sich bei diesen Autos anders anfühlt", so Ricciardo. "Wir starten was die Technik und das Fahren angeht mit einem weißen Blatt Papier."

Durch das komplett neue Reglement lag die Entwicklung des Autos diesmal fast ausschließlich in den Händen der Ingenieure, denn Input der Fahrer war laut Norris diesmal nicht sonderlich ergiebig. "Da wir nicht wissen, wie sich diese Autos fahren lassen, macht es keinen Sinn, irgendwelche Wünsche zu äußern", erklärt er.

Der McLaren MCL36 soll vor den Formel-1-Testfahrten in Barcelona einen Filmtag absolvieren, Foto: McLaren
Der McLaren MCL36 soll vor den Formel-1-Testfahrten in Barcelona einen Filmtag absolvieren, Foto: McLaren

Konstante Top-Resultate wichtiger als Ausreißer

Das Auto markiert das zweite Jahr des Teams in der 2021 neu aufgelegten Partnerschaft mit Mercedes als Motorenlieferant. Zwar rutschte der Rennstall in der Konstrukteurswertung vom dritten auf den vierten Rang hinter Ferrari ab, doch mit dem sensationellen Doppelsieg durch Ricciardo und Norris in Monza gelang trotzdem ein wichtiger Meilenstein in der Ära unter CEO Zak Brown.

Ricciardo würde diesen Erfolg mit dem MCL36 liebend gerne wiederholen, doch die Prioritäten sind letztendlich andere: "Ein weiterer Sieg wäre super, aber wenn ich bei 23 Rennen 22 schlechte haben und einen Sieg, macht mich das nicht glücklich. Wir wollen auf einem höheren Niveau konstant sein. Ich wäre gerne ganz oben auf dem Podium, aber wenn es dafür nicht reicht, will ich zumindest regelmäßig aufs Podest."

Nach den Krisenjahren mit Honda und Renault avancierte das ehemalige Top-Team nach tiefgehenden strukturellen und personellen Veränderungen zum Benchmark im Mittelfeld. Vor dem Hintergrund des neuen Reglements und der seit 2021 bestehenden Budgetobergrenze gilt McLaren als heißer Kandidat für den Sprung an die Spitze.

McLaren dämpft Erwartungen für 2022

"Ich erwarte nicht, dass das Feld so aussehen wird, wie zuletzt in Abu Dhabi", so Teamchef Andreas Seidl. Doch was die Ressourcen angeht, fühlt sich McLaren gegenüber den etablierten Top-Teams von Mercedes, Red Bull und Ferrari noch etwas im Hintertreffen: "Wir wollen wieder regelmäßig um Siege und die Weltmeisterschaft kämpfen, aber wir müssen auch realistisch sein. Unser neuer Windkanal ist noch nicht fertig."

Während Ferrari im vergangenen Sommer einen neuen Simulator einweihte, soll der Windkanal von McLaren voraussichtlich erst Ende des Jahres fertiggestellt werden. "Wir wissen, wie hoch das Level bei Mercedes, Ferrari und Red Bull ist", so Norris. "Es gibt einige Dinge, wo sie besser als wir sind. Manche Dinge können wir nicht so gut, weil unsere Anlagen nicht auf ihrem Level sind."

Das neue Reglement ist für McLaren aber trotzdem Grund genug, sich Chancen auszurechnen. "Wenn wir Dritter oder Vierter werden, ist das gut. Wenn wir besser sind, wäre es fantastisch. Aber erst wenn unser neuer Windkanal und der Simulator auf Level sind, können wir selbstbewusst auf Mercedes und Red Bull schauen. Dann gibt es keine Ausreden, aber wir wollen natürlich schon jetzt gegen sie kämpfen."

Technikdirektor James Key sieht nicht allzu viel Spielraum, aus dem die Teams mit mehr Ressourcen Kapital schlagen könnten. Die grundlegende Bauweise wird sehr festgelegt sein, aber auch die Regeln an sich. Die Basis für Weiterentwicklung sind eher die Reifen, also das Setup und einige Anpassungen unter der Oberfläche, wenn wir wissen, was die Reifen bauchen", so der Brite. "Aber die meisten Entwicklungen finden bei der Aerodynamik statt."

McLaren will sich 2022 an Mercedes und Red Bull orientieren, Foto: LAT Images
McLaren will sich 2022 an Mercedes und Red Bull orientieren, Foto: LAT Images

McLaren will keine Zeit verlieren

Vor dem Start der offiziellen Testfahrten vom 23. bis 25. Februar in Barcelona wird McLaren mit dem MCL36 einen Filmtag absolvieren, bei dem Ingenieure und Fahrer erste Erkenntnisse sammeln werden. "Es ist ein ganz neues Auto. Wir haben viele Erwartungen aber nicht wirklich daten", erklärt Seidl, weshalb der Shakedown vorab dieses Jahr besonders wichtig ist.

"Wir müssen viel mehr lernen und viel Korrelationsarbeit erledigen. Wir wissen nicht, wie gut diese neuen Autos modelliert wurden. Es kann sein, dass es ganz fantastisch ist, aber auch nicht. Vielleicht ist Windkanal-, CFD- oder Reifenmodell nicht korrekt", so der Teamchef weiter. Aus diesem Grund war McLaren auch darauf bedacht, die Fertigstellung des neuen Autos nicht allzu weit hinauszuzögern.

Das Team möchte den MCL36 so früh wie möglich verstehen, um später im Saisonverlauf bei den Weiterentwicklungen die richtigen Ansätze zu verfolgen. "Wenn du zu früh dein Pulver verschießt, hast du vielleicht kein Budget mehr, um später etwas zu bringen, wenn du das meiste Wissen hast", sagt Key. "Wir haben Entwicklungen für das erste Rennen und der zweite Schritt ist, über das Auto zu lernen."

Formel-1-Präsentationen 2022: Alle Termine

Team Datum Ort/Form
Haas 4. FebruarOnline + Barcelona-Shakedown am 21.2.
Red Bull 9. Februar, 17:00 UhrMilton Keynes, Online
Aston Martin10. Februar, 15:00 Uhr Gaydon + Silverstone-Shakedown am 11.2.
McLaren 11. Februar, 20:00 UhrWoking, Livestream
AlphaTauri14. Februar, 12:00 UhrOnline?
Williams15. Februar, 14:00 UhrGrove, Online
Ferrari 17. Februar, 14:00 UhrMaranello, Online
Mercedes 18. FebruarSilverstone, Online + Shakedown
Alpine21. Februar Online?
Alfa Romeo 27. FebruarLackierung, Online