Du warst einige Jahre nicht mehr beim Race of Champions (RoC) am Start. Am kommenden Wochenende bist du wieder dabei. Wie und wo ordnest du diese Veranstaltung ein?
Mattias Ekström: Für jeden Rennfahrer ist es grundsätzlich eine große Ehre und Freude, zu diesem Event eingeladen zu werden. Dort treffen sich die Besten Ihres Fachs aus der ganzen Welt, aus den unterschiedlichsten Motorsport-Kategorien, um den RoC-Champion zu ermitteln. Aus jedem Land dürfen jeweils nur zwei Piloten antreten, dies sind harte Teilnahme-Kriterien. Die Veranstaltung gibt es seit 1988 - und sie ist zu einem einzigartigen Selbstläufer geworden. Ja, ich war einige Jahre nicht mehr am Start, weil ich wegen anderer Verpflichtungen und Aufgaben verhindert war. Als dreifacher Gesamtsieger (2006 und 2007 in London sowie 2009 in Peking, d. Red.) und Rallycross-Weltmeister war ich aber in jedem Jahr eingeladen.

Ich mag diese Veranstaltung, finde sie gleich aus mehreren Gründen klasse und freue mich darauf: das Format ist spannend und bereitet allen Teilnehmern Spaß und Freude. Nirgendwo anders kommt es zu solch einem Vergleich - Rundenstrecken-Piloten gegen Rallye-Cracks oder NASCAR-Spezialisten, Sprinter gegen Langstrecken-Asse, Formel-Piloten gegen Tourenwagen-Fahrer, Europa gegen USA/Südamerika, und auch Asien. So ist das Ganze für jeden Starter eine einzigartige Herausforderung. Gleichzeitig ist es eine große Wiedersehens-Feier der internationalen Motorsport-Familie. Wir haben hier ein ganzes Wochenende Zeit, um uns zu unterhalten, zu diskutieren, gemeinsam zu lachen - und fahren sportlich-fair aus, wer der vermeintlich Beste von uns ist.

In diesem Jahr findet die Veranstaltung erstmals im winterlichen Schweden, also quasi vor deiner Haustür statt...
Mattias Ekström: Auch wenn ich mit meiner Familie seit vielen Jahren in Deutschland (München, d. Red.) lebe, ist es für mich etwas ganz Besonderes wieder einmal in Schweden zu starten. Es ist und bleibt meine Heimat! Mir persönlich bedeutet es viel, vor heimischem Publikum zu fahren. Im Januar haben wir in Pite Havsbad - der Ort liegt rund 60 Kilometer südlich des Polarkreises - wirklich arktische Temperaturen und es liegt naturgemäß viel Schnee. Ich finde deshalb die Entscheidung, das RoC erstmals in seiner langen Geschichte (seit 1988, d. Red.) auf Eis und Schnee auszutragen, schlicht cool und grandios. Und dann noch auf der zugefrorenen Ostsee! Wir fahren mit zentimeterlangen Spikes, die für viel Grip sorgen und damit auch hohe Geschwindigkeiten ermöglichen. Dadurch wird es noch mehr Action und Spannung geben.

Mattias Ekström und Michael Schumacher beim Race of Champions 2009, Foto: Race of Champions
Mattias Ekström und Michael Schumacher beim Race of Champions 2009, Foto: Race of Champions

Welche Chancen rechnest du dir aus und wer ist Favorit?
Mattias Ekström: Es gibt einen Fahrer, dem ich auch beim RoC ganz viel zutraue und der für mich weit oben in der Favoriten-Liste steht: Sebastien Loeb. Er war Anfang Januar bei der Dakar-Rallye und hat dort zwei Wochen am Stück einen hervorragenden Job (Gesamtrang zwei, d. Red.) gemacht und ist direkt von Saudi-Arabien nach Monaco zur Rallye Monte Carlo gereist. Dort hat er - auf völlig anderem Terrain - eine Glanzleistung abgeliefert und erneut gewonnen. Loeb ist - ganz ohne Frage - in absoluter Top-Form.

Für die Skandinavier ist glatter Untergrund mit Eis und Schnee mehr oder weniger etwas Normales. Sie sind quasi damit aufgewachsen. Ich erwarte sie weit vorne. Aber warum soll nicht ein Loeb, ein Mick Schumacher oder Sebastian Vettel ganz weit vorne landen...? Sebastian hat zusammen mit Micks Vater Michael immerhin sechs Mal die Nationen-Wertung gewonnen. Michael Schumacher ist immer mit sehr viel Freude gefahren, hat dabei großen Einsatz und Motivation gezeigt. Es gibt keinerlei Garantie, dass ich nochmals die Gesamtwertung gewinne. Wer mich kennt, der weiß, dass ich immer bis zum Letzten kämpfe und alles gebe. Aber ein bisschen Glück benötigt man stets auch noch. In der Nationen-Wertung trete ich zusammen mit Timmy Hansen (bei der wegen Corona letzten Austragung 2020 virtueller RoC-Gewinner, d. Red.) an. Ich kenne ihn als sehr harten Gegner in der Rallycross-Weltmeisterschaft; in Pite Havsbad sind wir Team-Kollegen.

Womit wird gefahren?
Mattias Ekström: Das ist auch ein Thema, das diese Veranstaltung einzigartig und besonders macht. Wir müssen uns in diesem Jahr auf fünf verschiedenen Fahrzeugen behaupten, drei davon sind Neulinge. Einer unter ihnen ist der Porsche 718 Cayman GT4 Clubsport mit 425 PS. Spektakulär dürfte der FC1-X sein, der erstmals präsentiert wird. Es ist ein elektrisches Rallye-Auto, dessen Leistung auf rund 1.000 PS beziffert wird. Dazu gesellt sich noch ein weiteres RX Supercar, das ausschließlich mit fossilfreiem Biokraftstoff betrieben wird. Diese unterschiedlichen Konzepte der Autos sind eine weitere Schwierigkeit und Besonderheit für die Piloten. Man muss sich schnell auf ein anderes Auto einstellen können. Dabei ist zusätzliches Feingefühl gefragt.

RoC 2008: Ekström hat Spaß mit Schumacher und Vettel, Foto: Race of Champions
RoC 2008: Ekström hat Spaß mit Schumacher und Vettel, Foto: Race of Champions

Wie sieht die persönliche Vorbereitung aus?
Mattias Ekström: Ich bin in jüngster Zeit vor allem auf Sand gefahren, bei der Dakar-Rallye und deren Vorbereitung - also genau das Gegenteil zu Schnee und Eis. Ich sehe es aber als zusätzliche Herausforderung für mich. Auf einer privaten Strecke werde ich in diesen Tagen noch einige Trainingseinheiten absolvieren.

Am Donnerstag wurde auch offiziell kommuniziert, dass du 2022 in der Extreme-E-Serie nicht mehr - wie im vergangenen Jahr bei der Premiere - für das werksunterstützte ABT CUPRA XE Team an den Start gehen wirst. Kannst du uns die Hintergründe dieser Entscheidung verraten?
Mattias Ekström: Ich bin im vergangenen Jahr erstmals bei der Rallye Dakar gestartet - als Greenhorn. Es war lediglich ein Kennenlern-Test. In diesem Jahr war ich mit Audi dort. Es war ein Werkseinsatz, im Grunde aber mehr ein großer Test unter Wettbewerbsbedingungen. Das war gut so und richtig. Ich habe dort vor einigen Wochen viel gelernt und konnte auch einige Ausrufezeichen setzen. Aber wer mich kennt, der weiß, dass ich mich damit nicht zufriedengebe. Das kann und darf es dort für mich noch nicht gewesen sein. Mein Siegeswille ist ungebrochen. Ich will am liebsten so lange mit Audi dort antreten, bis ich gewonnen habe! Wir werden die im Januar gewonnenen Erfahrungen nun umsetzen und den Audi RS Q e-tron konsequent weiterentwickeln. Darauf liegt mein diesjähriges Hauptaugenmerk. Mit Hans-Jürgen Abt (Teamgründer und CEO, d. Red.) habe ich darüber offen und fair gesprochen, alles ist abgeklärt und ok.

Gibt es neben der Weiterentwicklung des Dakar-Prototyps auch noch mögliche Renneinsätze?
Mattias Ekström: Die ETCR, die erste vollelektrische Tourenwagen-Rennserie der Welt, die ich 2021 mit Cupra gewonnen habe, werde ich eventuell fahren - schließlich möchte ich meinen Titel verteidigen! Die Gespräche und Verhandlungen laufen, entschieden ist aber noch nichts.