2021 führte die Formel 1 für die TV-Übertragung ein neues Feature ein, und öffnete für Transparenz und Entertainment den Funkverkehr zwischen Teams und der FIA-Rennleitung zumindest der internationalen Bildregie. Die machte in Abu Dhabi umfassend davon Gebrauch - und legte damit ein Hin und Her nach Lobbying-Prinzipien offen, als Vertreter von Mercedes und Red Bull wiederholte Funksprüche an Rennleiter Michael Masi absetzten.

Das mündete schließlich, nicht zum ersten Mal in der Saison, in Funksprüche der Teamchefs selbst. Sowohl Mercedes-Boss Toto Wolff als auch Red-Bull-Boss Christian Horner beschwerten sich in den kritischen letzten Runden bei Masi direkt über dessen Vorgehen, während der zugleich zeitkritische Entscheidungen treffen musste. Rückblickend betrachtet gestehen nun beide Teams, dass hier wohl Grenzen überschritten wurden.

Öffentlicher FIA-Funk von Formel-1-Teams ausgenutzt

Es war bei weitem nicht der erste Zwischenfall. Das Funk-Feature debütierte in Barcelona mit einem Funkspruch von Wolff, der sich gegenüber Masi über den bei einer Überrundung langsam reagierenden Nikita Mazepin beschwerte. In Silverstone erreichte die Funk-Meinungsmache nach der Kollision zwischen Max Verstappen und Lewis Hamilton einen neuen Höhepunkt, als beide Teams in der Unterbrechung Masi mit ihren Ansichten bombardierten.

Sowohl Silverstone als auch Abu Dhabi hinterlassen Fragezeichen. Bei ersterem betrieben die Teams bei Masi Lobbying für eine Entscheidung, die längst an die Stewards abgegeben worden war und auf die Masi daher keinen Einfluss mehr hatte. In Abu Dhabi kam es zu Lobbying für Entscheidungen, die Masi erst treffen musste. Erst bat Wolff im mittleren Teil des Rennens, kein Safety Car einzusetzen, und in den letzten Runden forderte wiederum Horner das Überholen der Überrundeten.

Die Kritik nach dem Rennen war laut und deutlich: Was hier betrieben wurde, erschien wie eine Kombination von öffentlichem Postulieren im Wissen, dass die internationale Regie mithörte, und ernsthaft versuchter Einflussnahme. Mit ein paar Tagen Abstand verstehen diese Probleme auch die Beteiligten.

Zu viel Druck auf Formel-1-Rennleitung

"Ich glaube, wir haben es übertrieben und ich muss mich und Christian an der Nase nehmen", meint Wolff. "Uns wurde die Chance gegeben, direkt mit dem Rennleiter zu sprechen, und weil wir so hart für die Interessen unserer Teams kämpfen, haben wir es alle übertrieben."

Michael Masi und die Rennleitung gerieten nach Abu Dhabi in die Kritik, Foto: LAT Images
Michael Masi und die Rennleitung gerieten nach Abu Dhabi in die Kritik, Foto: LAT Images

"Das war sicher Teil der Probleme dieses Jahr, dass unter dem Druck der Teamchefs auch das Leben des Rennleiters nicht einfacher wurde", folgert Wolff. Red Bulls Motorsport-Chef Dr. Helmut Marko stimmt am Montag gegenüber ServusTV zu: "Jetzt hacken sie alle auf den Masi ein. Der hat vielleicht zehn Sekunden, um zu entscheiden. Dann redet der Toto wie man gesehen hat rein, der Horner dann auch. Dann die Teammanager, die reden ja unterbrochen. Das gehört abgeschirmt."

Sperre für Teamchef-Funksprüche an die Rennleitung

"Da soll einer diese Messages aufnehmen und weitergeben, aber [der Rennleiter] muss frei entscheiden", schlägt Marko vor. Er vermutet, dass viele Zwischenfälle und inkonstante Entscheidungen in dieser Saison so hätten vermieden werden können. Wolffs Forderungen klingen ähnlich. Er will den Teamchefs gar die Direktleitung wegnehmen. Jedes Team hat ohnehin die sogenannten Teammanager, die für den direkten Austausch mit Rennleitung und Stewards zuständig sind.

Während dem Rennen können Teamchefs nichts beisteuern, was nicht auch die Teammanager können. "Ich würde sogar einen Schritt weitergehen", meint Wolff hinsichtlich der Teammanager. "Ich glaube, sie sollten Situationen hervorheben, die der Rennleiter oder seine Kollegen vielleicht nicht gesehen haben, aber kein Lobbying betreiben, keinen Druck aufbauen."