Der Endspurt der Formel-1-Saison 2021 startet mit den Debüts der Grands Prix von Katar und Saudi-Arabien. Debüts, die seit ihrer Bestätigung durchweg für lautstarke Kritik sorgten, denn die Länder gelten in den Augen von Menschenrechts-Organisationen wie Amnesty International mehr als fragwürdig. Nur Tage vor dem Katar-GP kritisierte Amnesty die arbeitsrechtliche Situation im Land erneut deutlich.

Die Formel 1 verteidigte sich durchwegs, und verteidigt sich auch vor dem ersten Katar-Auftritt, der an diesem Wochenende stattfinden wird. Ein Grand Prix habe viel mehr positive Effekte als eine Weigerung. Der amtierende Weltmeister Lewis Hamilton mahnt am Donnerstag in Katar allerdings deutlich: nur Rennen fahren reicht nicht.

Formel 1 in Katar in der Kritik

"Ich denke, wenn diese Sportarten an diese Orte reisen, dann sind sie dazu verpflichtet, auf diese Probleme aufmerksam zu machen", sagt Hamilton. "Diese Orte müssen genau geprüft werden, und es braucht die Medien, um über diese Dinge zu sprechen. Gleichberechtigung ist ein ernstes Problem."

Am Dienstag hatte die Menschenrechts-Organisation Amnesty International in einer Presseaussendung Katar vor allem anlässlich der nur noch ein Jahr entfernt liegenden und dort stattfindenden Fußball-WM beim Thema Arbeitsrecht kritisiert. Es geht besonders um ausländische Arbeitskräfte. Diese arbeiteten lange unter strikten Beschränkungen. Vor allem geht es um die Regelung, dass Arbeitsplätze nicht ohne Erlaubnis des Arbeitgebers gewechselt werden durften.

Mit mehreren Gesetzen reagierte Katar seit 2017 auf die Kritik - doch laut Amnesty sind diese Gesetze in der Praxis kaum in Anwendung. "Offenkundige Wohlgefälligkeit der offiziellen Stellen bedeuten für tausende Arbeitskräfte weiterhin das Risiko, von skrupellosen Arbeitgebern ausgebeutet zu werden", heißt es in der Presseaussendung. Hervorgestrichen werden neben dem Blockieren von Job-Wechseln auch zurückgehaltene Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen, allesamt in großem Umfang.

Formel 1 findet Rennen besser als Verweigerung

Nimmt die Formel 1 das auf die leichte Schulter? F1-CEO Stefano Domenicali wies das erst diese Woche gegenüber der BBC zurück. In den Verträgen gäbe es Klauseln, die Gastgeberländer dazu verpflichten würden, bei allen mit der Formel 1 in Verbindung stehenden Tätigkeiten den Menschenrechten entsprechend zu handeln. Ist das nicht der Fall, so können die Verträge aufgelöst werden. Man habe auch beispielsweise unabhängige Beobachter nach Saudi-Arabien geschickt, um sicherzustellen, dass beim Bau der Rennstrecke in Dschidda Arbeitsrechte vollends eingehalten würden.

Zur grundsätzlichen Frage der Austragung sagt Domenicali: "Ich glaube, der Fokus, den wir bringen, wird diesen Ländern beim Willen und bei den Wünschen nach Veränderung helfen. Ich glaube nicht, dass wir die Situation verbessern, indem wir diese Länder ausschließen und sagen, dass wir nicht dort sein wollen. Ganz im Gegenteil."

Hamilton will Probleme zur Sprache gebracht sehen

Sebastian Vettel, als einer der Alteingesessenen nie um Worte verlegen, findet die Lage schwierig: "Es ist keine Frage für mich, es ist eine Frage für uns alle." Und er will niemanden von der Verantwortung ausklammern: "Es ist vielleicht eine Verantwortung, der sich jedes große Event und jeder große Sport gegenübersieht."

Sebastian Vettel am Donnerstag in Katar in der Pressekonferenz, Foto: LAT Images
Sebastian Vettel am Donnerstag in Katar in der Pressekonferenz, Foto: LAT Images

Alle scheinen sich am Ende aber einig: Rennen ja. Solange die Probleme zur Sprache gebracht werden. "Ich war in vielen dieser Länder und war ignorant, und es war mir unbewusst, welche Probleme an diesen Orten existieren", sagt Lewis Hamilton. "Also liegt es an dir, ob du dich entscheidest, dich weiterzubilden und den Sport in die Pflicht zu nehmen, und sicherzustellen, dass der Sport auch wirklich was tut, wenn er an diese Orte reist."

"Das ist mehr oder weniger der Grund, warum ich versuche, es auszusprechen", sagt Hamilton. "Es gibt viel hellere Leute im Hintergrund, die mehr über diese Probleme wissen und wirklich gegen sie kämpfen. Aber trotzdem denke ich noch immer, dass wir ein Licht auf sie scheinen können und Aufmerksamkeit und Druck erzeugen können, der hoffentlich Änderungen hervorruft."