Sebastian Vettel und Aston Martin. Diese Beziehung wollte zu Beginn der Saison einfach nicht warm werden. Ab Monaco wirkte der Vierfach-Weltmeister dann aber wie auswechselt. Nach einem fünften Platz im Fürstentum folgte ein beeindruckender zweiter Rang in Baku.

Für Norbert Haug und Kai Ebel steht nach dem Aserbaidscha GP damit fest, der Knoten bei Sebastian Vettel ist endlich geplatzt. Nach von Selbstzweifeln geprägten Wochen sehe die Königsklasse wieder einen "anderen Vettel", so Ebel. Der ehemalige Mercedes-Motorsportchef Haug ist sich allerdings nicht sicher, ob Aston Martin den Schwung auch nach Frankreich mitnehmen kann.

Kai Ebel: Sebastian Vettel hat die Nerven bewahrt

Die deutsche Formel-1-Landschaft kann mit vielen positiven Gefühlen auf das vergangenen Rennwochenenden in Baku zurückblicken. Sebastian Vettel konnte zum ersten Mal seit sieben Monaten wieder aufs Podium fahren. Ein beachtlicher Erfolg, wenn bedacht wird, in welcher Verfassung Aston Martin vor allem zu Beginn der Saison war.

Dass der zweite Platz hierbei in einem Chaos-Rennen zustande kam, schmälert die Leistung des Heppenheimers nach Ansicht Kai Ebels aber nicht - ganz im Gegenteil. "Ich würde sagen, er hat alles richtig gemacht. Vor allem, dass er auf einem Straßenkurs die Nerven bewahrt hat", erklärt Ebel im Sport1 Podcast 'AvD Motor & Sport Magazin'.

"Nach dem Monaco GP ist er mit sehr viel Selbstvertrauen nach Baku gekommen und hat gesagt: 'Ich kann es ja doch noch.' Ein Straßenkurs ist zudem immer etwas anderes. Dort macht der ein oder andere einen Fehler und da musst du Geduld mitbringen - die hatte er ganz klar im Gepäck", führt Ebel lobend fort.

Selbstzweifel endlich beseitigt?

Sebastian Vettel gelang also der heiß ersehnte Befreiungsschlag. Schließlich haben die vergangenen Monate sehr an dem Selbstvertrauen des einstigen Dominators gerüttelt. "Er hat vier Titel geholt, war scheinbar unschlagbar und läuft dann natürlich mit einer breiten Brust herum. Daraufhin wechselt er zu einem Team, wo ihm der andere Fahrer um die Nase fährt. Da kommen natürlich Selbstzweifel."

In seinen letzten beiden Ferrari-Jahren musste sich Sebastian Vettel seinem jüngeren Teamkollegen Charles Leclerc geschlagen geben, Foto: Ferrari
In seinen letzten beiden Ferrari-Jahren musste sich Sebastian Vettel seinem jüngeren Teamkollegen Charles Leclerc geschlagen geben, Foto: Ferrari

Hinzukommt, dass der Heppenheimer neben der Strecke viel Kritik für seine Leistungen einstecken musste. Dass diese Faktoren an Vettel genagt haben müssen, durfte Ebel in dieser Saison bereits hautnah in Erfahrung bringen: "Ich war bei zwei Rennen vor Ort. Seine Körpersprache war alles andere als erfreut. Beim Saisonauftakt war er natürlich erstmal schockiert und dachte sich: 'Mein Gott, was haben die mir da für ein Auto hingestellt?'. Bei den Interviews hat er dann immer völlig genervt gesagt: 'Ich fühle mich im Auto nicht wohl'."

Infolge dieser vielen Rückschläge musste sich Vettel nach Ansicht des Formel-1-Reporter erstmal wieder zurückarbeiten. Die letzten beiden Rennen hätten jedoch gezeigt, dass Vettel genau das gelungen ist: "Wenn du dann wieder Vertrauen ins Auto bekommst und ein Team hast, dass auf deiner Seite steht, dann läuft es auf einmal wieder besser. Dann lacht er auch mal und du kannst wieder einen anderen Vettel sehen."

Norbert Haug: Habe nicht an Vettel gezweifelt

Der ehemalige Mercedes-Motorsport-Chef Norbert Haug schließt sich dem Vettel-Lob Kai Ebels an. Obwohl auch Haug ein Fragezeichen hinter der Performance Vettels setzte, habe er seinen Glauben in den Aston-Martin-Piloten allerdings nicht verloren. Damit stand Haug ziemlich alleine da. "Ich habe eigentlich nicht an ihm gezweifelt, sondern mich nur über diese Blockade gewundert. Ich glaube aber, dass der Knoten geplatzt ist", so Haug gegenüber 'Sky Sports'.

"Wie viele deutsche Fans freue ich mich, denn Sebastian hat nicht nachgegeben. In Monaco erst fünfter und daraufhin zweiter zu werden, ist wunderbar und gibt dem Team und ihm selbst Selbstvertrauen. Das ist absolut wohlverdient", zeigt sich Haug begeistert.

Frankreich GP als große Unbekannte

Der kleine Erfolgslauf Vettels könnte sich auch in etwas mehr als einer Woche fortsetzen, wenn die Formel-1-Motoren für den Frankreich GP auf den Circuit Paul Ricard angelassen werden. Die im Süden Frankreichs gelegene Teststrecke ist übersät mit langgezogenen Kurven - das sollte dem AMR21 von Sebastian Vettel und Lance Stroll eigentlich entgegenkommen.

Norbert Haug warnt allerdings vor einer zu hohen Erwartungshaltung. Dass es zuletzt lief, sei schließlich kein eindeutiger Indikator für das kommende Rennwochenende. "Paul Ricard hat schon eine andere Streckencharakteristik. Da gibt es sehr schnelle, lange kurven und es herrschen andere Belastungen. Ich glaube, das Kräfteverhältnis von Baku und Monaco ist für Paul Ricard nicht zwingend aussagekräftig. Es werden aber die vorne sein, die auch üblicherweise vorne fahren", erklärt Haug.