Der große Tag für Carlos Sainz ist gekommen: Seit diesem Mittwoch darf sich der Spanier offiziell als Ferrari-Fahrer bezeichnen. In Fiorano, der hauseigenen Teststrecke der Scuderia, drehte der Nachfolger von Sebastian Vettel am frühen Morgen seine ersten Runden im roten Rennoverall überhaupt und machte sich erstmals direkt an der Strecke mit seinem neuen Team vertraut.

In einem Ferrari SF71H aus der Saison 2018 spulte Sainz im Zuge einer groß angelegten Testwoche der Scuderia mehr als 100 Runden ab, kaum hatten sich die Garagentore um genau 09:30 Uhr geöffnet. Das Reglement gibt den Einsatz von mindestens zwei Jahre alten F1-Boliden vor, will man sich in Sachen Laufleistung keine Grenzen auferlegen, wie etwa bei sogenannten Filmtagen der Fall. Mit aktuellen F1-Autos sind nur zweimal pro Jahr 100 Kilometer gestattet.

Carlos Sainz schwärmt nach Ferrari-Debüt

"Ein Tag, den ich niemals vergessen werde. Gleich als ich aufgewacht bin, hatte ich Gänsehaut", schwärmte der 26-Jährige nach seiner ersten Ausfahrt als Ferrari-Pilot. "Einer der besondersten Momente war heute für mich, als ich an der Strecke angekommen bin und den Ferrari mit meiner Nummer 55 darauf gesehen habe! Da wollte ich sofort ins Auto springen und die erste Installationsrunde war dann auch aufregend. [...] Die erste Ausfahrt kann ich gar nicht in Worte fassen, das ist nicht auszudrücken", sagte Sainz über seinen Auftakt, den sich Teamchef Mattia Binotto, Sportdirektor Laurent Mekies, Vater Carlos Sainz senior und selbst Ferrari-Präsident John Elkann nicht entgehen ließen.

Mit dem Verlauf des Tages sei er zufrieden gewesen. "Ich hätte mir keinen besseren Start wünschen können. Wir waren in der Lage, durch ein intensives Programm zu gehen und ich konnte mich an das gesamte Setup gewöhnen: Die Ingenieure und Mechaniker, das Lenkrad und alle die Abläufe, die natürlich etwas anders sind, als bei dem Auto, das ich vergangenes Jahr gefahren bin", berichtete Sainz. Trotz des drei Jahre alten Boliden ist all das in vielen Aspekten auch für den kommenden SF21 dieser Saison relevant.

Ferrari verzichtet offenbar auf Filmtag im neuen SF21

Ihr neues Geschoss werden Sainz und Teamkollege Charles Leclerc erstmals beim Wintertest Mitte März in Bahrain fahren, lässt Ferrari wissen. Auf einen vorherigen Filmtag (s.u.) verzichtet Ferrari also offenbar.

Formel 1, Ferrari: Kann Sainz gegen Leclerc bestehen?: (11:27 Min.)

Carlos Sainz bei Ferrari angekommen

Für Sainz beklebte Ferrari den SF71H also bereits mit dessen gewohnter Startnummer 55, für den Helm wählte der Spanier ein rot-schwarzes Design. Seine Arbeit bei Ferrari aufgenommen hatte Sainz bereits in den Wochen zuvor - mit Besuchen in der Fabrik in Maranello, Meetings mit Ingenieuren und ersten Runs im Simulator.

Die erste Ausfahrt am heutigen Mittwoch stellte jedoch den wahren Startschuss dar. Ein Startschuss, der nach dem Geschmack von Team und Fahrer bereits bei der eintägigen Testfahrt nach dem Abu Dhabi Grand Prix 2020 hätte erfolgen sollen, um sich einzuspielen. Ein Einsatz beim Young Driver Test nach dem Saisonfinale verbot allerdings das Reglement respektive dessen Auslegung. Fernando Alonso etwa durfte für Renault testen.

Charles Leclerc zurück: 100 Runden nach Corona-Infektion

Warum alle Teamwechsler oder Rückkehrer so scharf auf einen Einsatz waren: 2021 stehen vom 12.-15. März in Bahrain nur drei Tage offizielle Testfahrten auf dem Programm, die sich Sainz auch noch mit seinem neuen Teamkollegen Charles Leclerc teilen muss. Auch deshalb veranstaltet Ferrari nun den privaten Test, wenngleich in einem älteren Boliden.

Leclerc hatte diese Woche bereits einen Tag zuvor genutzt. Der Monegasse spulte am Dienstag ebenfalls mehr als 100 Runden auf der nur 2,997 Kilometer kurzen Ferrari-Teststrecke ab, während Sainz das Geschehen bereits aus der Beobachter-Rolle verfolgte. Diese übernahm am Mittwoch wiederum Leclerc. „Ich verfolge ihn natürlich ganz genau“, sagte Leclerc über Sainz' erste Kilometer, ehe er sich in Richtung Sitzanpassung verabschiedete.

Sainz will keinen Rat - Leclerc: Ferrari-Fahrer wissen, was sie tun!

Das Debüt seines neuen Teamkollegen ließ den drei Jahre jüngeren Leclerc in Erinnerungen schwelgen. „Ich erinnere mich sehr gut an mein erstes Mal. Ich war da noch kein Ferrari-Fahrer, aber in der Fahrerakademie. Es war ein sehr besonderer Tag, es war auch hier in Fiorano“, sagte der Monegasse. „Ich wünsche ihm nur das Beste. Ich hoffe, er wird den Tag genießen. Aber ich bin sicher, dass er das wird.“

Einen Rat habe sich Sainz jedenfalls nicht erbeten. Leclerc: „Aber wenn er ein Ferrari-Fahrer ist, dann weiß er schon, was er tut!“ Der zweifache Grand-Prix-Sieger zeigte sich wie Sainz hocherfreut über die Gelegenheit, den Rost der Winterpause bereits jetzt abschütteln zu können. „Es war echt gut, gestern wieder zurück hinter das Lenkrad zu kommen. Es waren nur 44 Tage [seit Abu Dhabi], aber es fühlte sich wie eine sehr lange Zeit an“, sagte Leclerc.

Mick Schumacher Donnerstag & Freitag im Ferrari

Sonderlich viel Rost fand der 23-Jährige allerdings nicht bei sich vor. Leclerc: „Die meisten Jahre habe ich doch einigen Runden gebraucht, um wieder auf Speed zu kommen. Aber dieses Jahr ging das ziemlich schnell.“ Dennoch sei der Test wichtig gewesen, um wieder in den Rhythmus zu kommen. Dass es sich um ein älteres Auto gehandelt habe, sei dabei zu verachten.

Für Carlos Sainz ist die Testwoche mit seinem ersten Tag noch nicht ganz beendet. Am Donnerstagvormittag lässt Ferrari den Spanier erneut in den SF71H steigen, ehe am Nachmittag Ferrari-Junior Mick Schumacher übernehmen wird. Der Haas-Pilot wird auch am Freitagvormittag im Ferrari sitzen, der Abschluss der Testwoche am Nachmittag gehört mit Callum Ilott dann dem fünften Ferrari-Junior in dieser Woche.

Ferrari-Junioren machten Auftakt, Alesi feiert Abschied

Zuvor hatte Ferrari am Montag gleich drei Nachwuchspiloten rangelassen. Robert Shwartzman, Marcus Armstrong und Giuliano Alesi. Während die beiden erstgenannten 2021 weiter als Mitglieder der Ferrari Driver Academy in der Formel 2 starten werden, hat Alesi den Fahrerkader der Scuderia verlassen. Aus finanziellen Gründen wird der Sohn des ehemaligen Ferrari-Fahrers Jean Alesi sein Glück ab sofort in Japan suchen. Die Testzeit am Montag verstand sich somit als Abschiedsgeschenk, noch dazu ein emotional aufgeladenes. Wie Vater Jean 30 Jahre zuvor bei dessen erstem Ferrari-Test fuhr Alesi junior mit der Startnummer 28.

AlphaTauri testet mit Tsunoda in Imola

Neben Ferrari testete am Mittwoch auch AlphaTauri. In Imola erhielt Formel-1-Rookie Yuki Tsunoda eine weitere Gelegenheit, Fahrpraxis zu sammeln. Der Japaner fuhr in einem 2019er Toro Rosso STR14, den AlphaTauri in die neuen Farben umlackiert hatte - genauso wie bei Tsunodas erstem Test für das Team an selber Stelle im November vergangenen Jahres, damals noch im STR13. Beim Young Driver Test in Abu Dhabi hatte Tsunoda zudem den damals aktuellen AT-01 pilotiert.

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