Ein nahezu unantastbares Dreigestirn bilden Lewis Hamilton, Valtteri Bottas und Max Verstappen an der Spitze der Formel 1. Die Verfolgergruppe präsentiert sich bunt und eng gestaffelt. Mehr als das halbe Mittelfeld balgt sich um die Plätze. Wer verfügt über das größte Potenzial zum Kronprinzen der 'Big-3'?
Alexander Albon
Alexander Albon wurde als Rookie zu Red Bull befördert und bestach mit Lockerheit, Pace und starkem Durchsetzungsvermögen. Im zweiten Jahr sind ihm diese Trümpfe abgegangen. Wie zuvor Pierre Gasly, stößt er an der Seite von Max Verstappen an seine Grenzen. Zwei glückliche Podestergebnisse kann nicht über seine Verunsicherung hinwegtäuschen. Das Team nahm einige der Fehlschläge auf die eigene Kappe und stärkte Albon trotz ausbleibender Resultate lange den Rücken. Doch im Leistungssport werden der Marketingwert des Thailänders oder seine nette Art schlussendlich nicht das entscheidende Argument liefern. Er konnte sich mental nicht noch einmal fangen und das Potential des Red Bull umsetzen. Deswegen wird er 2021 durch Sergio Perez ersetzt und hat zunächst nur eine Zukunft als Test- und Ersatzfahrer im Team.
Auto: ⭐⭐⭐⭐⭐
Talent: ⭐⭐⭐
Form: ⭐
Lance Stroll
In seinem vierten Jahr zeigt Lance Stroll erstmals einen Aufwärtstrend. Der RP20 ermöglichte ihm, sich mit guten Resultaten in Szene zu setzen. Ein richtiger Durchbruch zeichnet sich trotzdem nicht ab. Im direkten Vergleich mit Sergio Perez hat er weiter klar das Nachsehen. Selbst gegen Edelreservist Nico Hülkenberg kassierte er eine Niederlage. Vor allem im Rennen fehlt Stroll regelmäßig der Anschluss. 2020 wird zwar seine beste Saison in der F1 und sein Cockpit hat er als Sohn von Team-Eigentümer Lawrence Stroll sicher, doch ohne Konstanz wird es ihm auch in Zukunft nicht gelingen, gegen Kaliber wie Daniel Ricciardo und Co. zu bestehen.
Auto: ⭐⭐⭐⭐
Talent: ⭐⭐
Form: ⭐⭐⭐
Esteban Ocon
In Diensten von Manor und Force India war Esteban Ocon den Beweis schuldig geblieben, in der Liga Max Verstappens zu spielen. Das Comeback mit Renault sollte dies ändern, doch an der Seite von Daniel Ricciardo entwickeln sich die Dinge für den Mercedes-Junior in die falsche Richtung. Ständige Niederlagen und gelegentliche Stallregien lassen Risse in Ocons Selbstvertrauen erkennen. In dieser Verfassung wird er es schwer haben, sich im Verfolgerfeld zu behaupten. Die Ankunft von Fernando Alonso wird sein Leben kaum leichter machen. Wenn er dem Ausnahmekönner nicht die Stirn bietet, geht seine Karriere in den Sturzflug über.
Auto: ⭐⭐⭐⭐
Talent: ⭐⭐⭐
Form: ⭐⭐
Sebastian Vettel
Erst Verlierer, dann Gewinner? Sebastian Vettel fuhr 2020 seiner Bestform meilenweit hinterher. Steckt das Potenzial noch in ihm? Racing Point glaubt fest daran. Unter dem großen Namen Aston Martin beginnt für den 33-Jährigen ein neues Kapitel, das mindestens kurzfristig mehr Erfolg zu versprechen scheint als bei Ferrari. Der RP20 war dem SF1000 in der abgelaufenen Saison überlegen. Besonders gut zeigte das Nico Hülkenberg auf dem Nürburgring. Selbst vom letzten Startplatz überflügelte der noch dazu unvorbereitete Ersatzmann des erkrankten Lance Stroll den von Rang elf gestarteten Vettel mühelos. Die Basis für eine bessere Zukunft Vettels stimmt also bei Aston Martin. Vermag er, auch mental den Schalter umzulegen?
Auto: ⭐⭐⭐⭐
Talent: ⭐⭐⭐⭐
Form: ⭐
Lando Norris
Mit einem Jahr F1-Erfahrung wurde McLarens Wunderkind in diesem Jahr seinem Ruf in allen Belangen gerecht. Lando Norris überzeugt mit Speed und Konstanz und bringt Teamkollege Carlos Sainz mächtig ins Schwitzen. Fahrerisch bringt der Brite alles mit, um sich im knallharten Mittelfeld durchzusetzen. Doch die Luft wird für ihn trotz seiner starken Form dünner. McLaren ging als Chef im Verfolgerfeld in die Saison 2020 und verlor gegenüber Racing Point und Renault kontinuierlich an Boden. Dennoch reichte es am Ende zu Platz drei in der Konstrukteurs-WM. Im Kampf gegen die Konkurrenz sind in Zukunft die Fernando-Alonso-Qualitäten des Lando Norris gefragt. Er muss aus jedem Rennen das Maximum holen und an den schwierigen Tagen am besten noch etwas mehr.
Auto: ⭐⭐⭐
Talent: ⭐⭐⭐⭐⭐
Form: ⭐⭐⭐⭐⭐
Pierre Gasly
Spätestens mit seinem sensationellen Sieg in Monza trat Pierre Gasly 2020 den Beweis an, nach der Degradierung von Red Bull zurück zu Toro Rosso in der Vorsaison längst nicht abgemeldet zu sein. Im Teamduell gegen Daniil Kvyat bei dem jetzt AlphaTauri genannten Rennstall hielt der Franzose das Heft klar in Händen. Dafür brauchte es seinen Sahnetag im Königlichen Park nicht einmal. Gasly verfügt über das nötige Talent und die Form, um mindestens an der Spitze des Mittelfelds mitzumischen - das richtige Umfeld vorausgesetzt. Bei AlphaTauri ist das der Fall. Allerdings gelang der zunehmend von Red Bull emanzipierten Scuderia trotz vielversprechender Anlagen bis dato nie der letzte Schritt.
Auto: ⭐⭐
Talent: ⭐⭐⭐⭐
Form: ⭐⭐⭐⭐⭐
Daniel Ricciardo
Nach fünf Jahren bei Red Bull und zwei bei Renault wechselt Daniel Ricciardo 2021 erneut das Lager. Mit seiner Abwanderung aus Enstone in Richtung Woking steht der Australier diesmal vor einer kleineren Zäsur als bei seinem vorherigen Tapetenwechsel. Anders als Red Bull operiert McLaren sportlich auf Augenhöhe mit Renault. Großartig verändern wird sich die Ausgangslage für Ricciardo also nicht, dennoch deutet die aktuelle Formkurve der Teams auf eine Fehlentscheidung hin. Renault mauserte sich in der Formel 1 zuletzt zum Team der Stunde, rückte McLaren und Racing Point Stück für Stück näher auf den Leib und zog in immer höherer Schlagzahl zwischenzeitlich gar vorbei. Das erste Podium seit der Rückkehr als Werksteam zur Saison 2016 auf dem Nürburgring sprach Bände. Passend dazu katapultierte sich Ricciardo mit den 15 WM-Punkten für diesen dritten Platz erstmals auf den vierten Rang der WM-Tabelle.
Aktuell ist es also der 'Honigdachs', der in der Rolle des Kronprinzen hinter den großen Drei der Königsklasse glänzt. Wird er dieses Maximum in seiner neuen sportlichen Heimat halten können? Zuletzt geriet Woking in Turbulenzen. McLaren kämpfte damit, seine Neuentwicklungen in Pace umzumünzen und büßte dementsprechend in der Teamwertung sein Polster auf die Verfolger ein. Mit dem Wechsel zu Mercedes-Motoren zeichnet sich für 2021 jedoch ein Aufwärtstrend ab, wenngleich Renault sich auf diesem Feld inzwischen ebenfalls nicht mehr verstecken muss und als einer der Profiteure der Mitte 2020 neu eingeführten Motorendirektive gilt, die nur mehr einen einheitlichen Modus für den Verbrennungsmodus toleriert. Den Unterschied ausmachen kann Ricciardo jedoch selbst. Der Australier ist ein Beißer, auch im Mittelfeld kämpft der 'Honeybadger' um jeden Millimeter. Der Spitzname kommt nicht von ungefähr.
Auto: ⭐⭐⭐⭐
Talent: ⭐⭐⭐⭐
Form: ⭐⭐⭐⭐⭐
Charles Leclerc
Vor Beginn der Saison hätte Charles Leclerc in dieser Aufstellung keinen Platz gefunden. Nach einem starken Debütjahr bei Ferrari und der zu diesem Zeitpunkt noch nicht verbrieften Krise in Maranello hätte der Monegasse sehr viel mehr das Dreigestirn an der Spitze der Formel 1 zu einem Quartett ergänzt. Jetzt ist es anders gekommen. Der Youngster selbst trägt daran keine Schuld. Leclerc bestach 2020 um keinen Deut weniger mit roher Pace und Siegeswillen als im Vorjahr, die Schere im teaminternen Vergleich mit Sebastian Vettel hat sich noch weiter geöffnet - zum Vorteil des 23-Jährigen. Fehler wie den Startunfall beim Großen Preis der Steiermark und den Abflug in Monza streut der 54-malige GP-Starter zwar noch immer ein, zumindest reduziert hat Leclerc die Häufigkeit derartiger Schnitzer allerdings. Sein Problem liegt ganz einfach im Absturz Ferraris begründet - an das Leclerc sich bis 2024 gebunden hat.
Auto: ⭐⭐⭐
Talent: ⭐⭐⭐⭐⭐
Form: ⭐⭐⭐⭐
Carlos Sainz
Einen eher schlechten Tausch ging Carlos Sainz mit seiner Entscheidung für eine Zukunft bei Ferrari ein. Angesichts des weitgehend stabilen Reglements wird der Spanier bei der Scuderia zunächst kaum über das bei Vertragsabschluss sehr viel besser als bei McLaren erwartete Paket verfügen. Der MCL35 rangierte bis zum Saisonabschluss vor dem SF1000. Mittelfristig, spätestens mit den revolutionären neuen Regeln ab 2022, liefern Ferraris gewaltige Möglichkeiten Sainz allerdings Grund zur Hoffnung - vorausgesetzt, die Scuderia stemmt die Adaption an die kommende Pflicht gedeckelter Budgets.
Fahrerisch muss Sainz sich nicht verstecken. Längst hat der Spanier sich als einer der schnellsten, zuverlässigsten und konstantesten Piloten im Mittelfeld erwiesen. Nicht umsonst wurde ein Top-Team wie Ferrari auf den McLaren-Fahrer aufmerksam. Doch wie wird Sainz sich gegen Leclerc aus der Affäre ziehen? Räumt Ferrari dem Spanier überhaupt denselben Status ein? Und wie würde Sainz auf das eine wie andere reagieren?
Auto: ⭐⭐⭐
Talent: ⭐⭐⭐⭐
Form: ⭐⭐⭐⭐
Fernando Alonso
Im Alter von 39 Jahren will es Fernando Alonso noch einmal wissen. Seine Vertragsunterschrift für die dritte Amtszeit bei Renault ist seine letzte Chance, eine seit 14 Jahren offene Rechnung mit der Formel 1 zu begleichen. Mit Ferrari und McLaren scheiterte er mehrmals knapp am dritten WM-Titel. Nach einer regelrechten Odyssee in seiner zweiten Amtszeit beim britischen Traditionsrennstall trat Alonso Ende 2018 zurück, um sich bei den 500 Meilen von Indianapolis, den 24 Stunden von Le Mans und der Rallye Dakar neuen Herausforderungen zu stellen. Die Tür zur Königsklasse ließ der Spanier dabei stets einen Spalt offen, obwohl er eigentlich nichts mehr beweisen muss. Alonsos Abgang hätte stärker und eindrucksvoller nicht sein können. In einem lahmenden McLaren MCL33 erzielte er unglaubliche 50 WM-Punkte, fuhr brillante Rennen und verpasste Teamkollege Stoffel Vandoorne eine lupenreine 0:20-Niederlage. Noch denkwürdiger wäre nur der Rücktritt als Weltmeister gewesen - und für eben diesen kehrt Alonso zurück.
Die Hoffnungen des Spaniers ruhen auf dem großen Regelumbruch zur Saison 2022. Bis es soweit ist, stellt er sich im Mittelfeld der nächstgroßen Herausforderung in der F1. Mit Renault dürfte er für diesen Kampf deutlich besser gerüstet sein, als es in seinen letzten vier Jahren mit McLaren der Fall war. Die Franzosen haben mit dem R.S.20 erstmals seit ihrer Rückkehr im Jahr 2016 ein Auto auf die Beine gestellt, das den Ansprüchen des Werksteams gerecht wird. In Anbetracht dieses Aufwärtstrends könnte Alonso zur Abwechslung tatsächlich zur richtigen Zeit im richtigen Team gelandet sein. Bleibt nur die Frage, ob er nach zwei Jahren Formel-1-Ruhestand immer noch der unaufhaltbare Endgegner ist, als der er die Bühne des Sports einst verließ. Seine Ausflüge auf andere Seiten der Motorsport-Welt hielten ihn zwar bei Laune, doch das Haifischbecken der Formel 1 wird ihm wieder alles und noch viel mehr abverlangen.
Auto: ⭐⭐⭐⭐
Talent: ⭐⭐⭐⭐⭐
Form: ❓
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