George Russell hat im Freitagstraining der Formel 1 zum Sakhir-GP auf dem kurzen Außenkurs von Bahrain zwei gewaltige Ausrufezeichen herausposaunt. In beiden Sessions erzielte der Ersatzmann von Weltmeister Lewis Hamilton gleich in seinen ersten beiden Outings im Mercedes Bestzeiten.

Mit diesen Ergebnissen stellte Russell den bei Mercedes seit Jahren eingearbeiteten Valtteri Bottas auf dem Papier zweimal klar in den Schatten. Drei Zehntel brummte Russell dem Finnen im ersten, sogar sechs im zweiten Training auf.

George Russell: Rundenzeiten noch zu inkonstant

Für Russell spiegeln diese Resultate jedoch mitnichten das wahre Kräfteverhältnis. Trotz der Gala, die TV-Kommentatoren rund um die Welt mit Superlativen um sich werfen ließ, zeigte sich der Mercedes-Junior nur halb zufrieden mit seinem Auftakt am Freitag in Bahrain.

„Die Rundenzeiten, die ich fahre, sind gerade etwas unregelmäßig. Gerade das zweite Training war da keine tolle Session für mich. Ich hatte vor allem mit viel Sprit an Bord zu kämpfen, aber genau das wird am Sonntag ja der Schlüssel sein, berichtete Russell.

Russell trotz Top-Ergebnis: Viel Luft nach oben

Dennoch habe er mit jeder Runde dazugelernt. „Ich muss aber noch viel weiterarbeiten, um mich mit dem Auto und dem Setup wohlzufühlen, sodass ich mich verbessern kann“, sagte der Brite. „Morgen kann das schon eine ganz andere Geschichte werden!“

Muss sich Bottas im Qualifying also nur noch wärmer anziehen? Das mit Sicherheit. Allerdings habe der Finne die Nase durchaus (noch) vorne, so Russell selbst. Der Brite verwies dabei auf Bottas‘ im FP2 schnellste Runde. Die war zwei Zehntel schneller als die Bestzeit Russells, wurde wegen eines Verstoßes gegen die Track Limits in Kurve acht allerdings annulliert.

Russell: Bottas war im Training eigentlich schneller

„Valtteri war im zweiten Training der Schnellste, hat seine Runde aber gestrichen bekommen. Er hat an der Stelle nur eine halbe Zehntel gewonnen, also bin ich mit wenig Sprit an Bord vielleicht eineinhalb Zehntel langsamer als Valtteri“, sagte Russell. „Nur, weil ich heute Schnellster war, heißt das nicht, dass ich das auch morgen bin.“

Ist der Abstand realistisch sogar noch größer? Bottas zumindest gab zu Protokoll, selbst seine schnellste, die gestrichene, Runde sei maximal „halb gut“ gewesen. Der Finne fand also offenbar noch längst nicht sein Limit. Das war ohnehin durch eine noch sehr unruhige Fahrweise schon mit bloßem Auge zu erkennen.

Schulter, Schuhe & Co.: Russell abgekämpft

Doch auch Russell hat noch längst nicht alles durchblickt. „Absolut nicht, ehrlich gesagt“, so der Brite. Damit zielte Russell aber mehr auf die Einarbeitung in den Mercedes W11. „Da gibt es noch so viel mehr mitzunehmen und zu lernen. Ich gebe mein Bestes. Aber mit nur eineinhalb Tagen Vorbereitung ins Auto zu steigen, ist knifflig“, sagte der Brite.

Zumal es auch noch an diversen Stellen zwickt. So fährt Russell mit einer Schuhgröße zu klein. Seine Schuhe würden nicht ins Cockpit des kleineren Lewis Hamilton passen. Noch dazu meldete Russell während des Trainings Schulterprobleme. „Ich fühle mich ziemlich abgekämpft und fertig, um ehrlich zu sein“, sagte Russell nach dem Training. Die nötigen Anpassungen würden nun in Ruhe erfolgen. „Sonntag wird es dann schon okay sein“, glaubt der Brite.

Noch ein Punkt: Das Lenkrad und die Starts. „Die waren okay und ich habe sie [bei den Startübungen] verbessert. Sie waren noch nicht das Level von Lewis Hamilton. Aber sie wurden besser“, sagte Russell. „Und ich habe versucht, die Kupplungswippen anzupassen, damit sie besser zu meinen Fingern passen. Es gibt einfach noch so viel zu verstehen und nur so wenig Zeit. Es wird eine lange Nacht!“