Eigentlich wollte sich die Formel-1-Obrigkeit am Montag nach dem Portugal GP persönlich zusammensetzen, um die Zukunft des Sports zu diskutieren. Auflagen der portugiesischen Regierung verhinderten ein physisches Treffen allerdings, weshalb Teamchefs, Teambosse, FIA- und Formel-1-Repräsentatenten ein weiteres virtuelles Meeting einberiefen.

Gut viereinhalb Stunden wurde diskutiert und abgestimmt. Über Anpassungen der Budgetobergrenze, die um satte 30 Millionen angehoben werden soll, dafür aber Gehälter für Fahrer und drei Top-Angestellte inkludieren soll, über eine nachhaltigere Zukunft des Sports, über ein mögliches Windkanalverbot ab 2030, über kleinere Regelanpassungen für 2021 und über die Causa 'Young-Driver Alonso'.

Über das das dringendste Thema, Motoren, wurde nur aber wenig gesprochen. Das Thema ist dringend, weil Honda den Ausstieg nach der Formel-1-Saison 2021 bereits beschlossen hat. Red Bull braucht schnell Klarheit, wie es weitergehen soll.

Formel 1 nach Honda-Ausstieg in der Motoren-Zwickmühle

Die Bullen wollen unbedingt ihren Werksstatus behalten und nicht ab 2022 wieder Kundenmotoren beziehen. Dafür müsste Red Bull die Honda-Motoren nach 2021 in Eigenregie bauen und einsetzen. Doch das würde nur unter einer Prämisse funktionieren: Wenn die Entwicklung der Motoren gestoppt wird.

Eine eigene Entwicklung kann Red Bull nicht stemmen, den Einsatz vielleicht gerade so. Deshalb versuchen Red Bull und AlphaTauri gerade, die Konkurrenz von einer Einfrierung der Motoren ab Ende 2021 zu überzeugen.

Die grundsätzlichen Ziele unterstützen dabei alle: Alle sind sich einig, dass weniger Geld in die Motorenentwicklung gesteckt werden muss. Und niemand will verhindern, dass Red Bull weiterhin einen eigenen Motor hat. Entweder weil man den Konkurrenten nicht beliefern will oder weil man sich damit in Sicherheit wiegt.

Allerdings gibt es ein Problem: Die Motoren sind bei ihrer Leistungsfähigkeit derzeit zu weit auseinander. Ferrari will nicht jahrelang mit einem riesigen PS-Defizit hinterherfahren. Schon die Saison 2020, in der die Power Unit nicht überarbeitet werden darf, tut weh.

Balance of Performance als Ferrari-Almosen

Während Mercedes deshalb die Bereitschaft für einen Entwicklungsstopp schon klar signalisiert hat, hat Ferrari verständlicherweise Probleme damit. "Priorität ist erst einmal das neue Motorenkonzept für 2026, dann können wir über eine mögliche Einfrierung sprechen", zeigte sich Ferrari Teamchef Mattia Binotto am Sonntag noch zurückhalten. Red Bull will die Italiener deshalb mit einem Unwort im Motorsport ködern: Balance of Performance.

Bereits mehrfach betonte Red Bull, dass es nicht gut für die Formel 1 sei, wenn Ferrari hinterherfährt. Auch Mercedes wünscht sich öffentlich einen stärkeren Konkurrenten aus Maranello. Mit einer Balance of Performance könnte man Ferrari auf die Beine helfen. Möglich wären zum Beispiel Zugeständnisse oder Einschränkungen beim Benzinfluss oder der Benzinmenge.

Red Bull sitzt ohne Motor für 2022 auf heißen Kohlen

"Warum nicht?", meint Red Bulls Motorsportberater Dr. Helmut Marko. Der Grazer sitzt nur auf heißen Kohlen: Wenn sich die Formel 1 auf einen Entwicklungsstopp einigen kann, muss Red Bull die Weichen für den eigenen Einsatz der Motoren stellen. "Wir brauchen schnellstmöglich eine Entscheidung", fordert Marko. Schnellstmöglich? "In maximal 14 Tagen", spezifiziert Red Bulls Motorsportberater.

Das Problem daran: Die Formel 1 ist nicht gerade für schnelle Entscheidungen und Spontanität bekannt. Abgesehen von Red Bull hat es außerdem niemand eilig. Bis eine Entscheidung mit allen Details gefällt ist, dürfte die zweiwöchige Galgenfrist um sein.