Das Formel-1-Rennen in Imola 2023 geht in die Geschichte ein. Weil es gar nicht stattfindet. Erstmals wird ein ganzes Grand-Prix-Wochenende nur zwei Tage vor Beginn der Action auf der Strecke komplett abgesagt, weil das Wetter ein Rennen unmöglich macht. Schwere Unwetter in der Region rund um Imola hatten für Überschwemmungen gesorgt.

Dass das Wetter die Formel 1 ausbremst, ist aber bei weitem nicht das erste Mal. In ihrer 70-jährigen Geschichte hat die Königsklasse bereits viele Verschiebungen, Absagen und Chaos-Aktionen erlebt. Rennen zwischen 20 Minuten und vier Stunden, Klimawandel während der Session - Motorsport-Magazin.com blickt zurück auf die berühmtesten Wetterprobleme.

Formel 1 Grand Prix in Imola abgesagt! Gibt es Ersatz? (04:32 Min.)

Formel 1 Spa 2021: Der Grand Prix ohne Rennen

Das jüngste Wetter-Chaos wird der Formel 1 ewig anhängen, eben weil sie in diesem Fall das Rennen nicht absagte, sondern durchzog. Beziehungsweise es versuchte. 2021 herrschte beim Belgien-GP in Spa das ganze Wochenende schlechtes Wetter. Schon am Samstag sorgten Wolkenbrüche für ein durchwachsenes Qualifying und einen schweren Unfall von Lando Norris in Raidillon.

Der Sonntag sollte trotzdem stattfinden. Sintflutartige Regenfälle pünktlich zum Start sorgte aber für den ersten Abbruch nach Formationsrunden. Dann begann das Warten auf bessere Bedingungen. Die Rennleitung hebelte die Dreistunden-Regel mit höherer Gewalt aus. Erst nach drei Stunden und 17 Minuten begannen offiziell mit einem "Start hinter dem Safety Car" die Runden zu zählen.

Max Verstappen, George Russell und Lewis Hamilton führten das neutralisierte Feld in Spa 2021 an, Foto: LAT Images
Max Verstappen, George Russell und Lewis Hamilton führten das neutralisierte Feld in Spa 2021 an, Foto: LAT Images

Mehr als die Safety-Car-Runden gab es nicht. Denn in der dritten wurde wieder abgebrochen. Zu schlecht waren die Bedingungen. Der eine Safety-Car-Versuch reichte jedoch, um das Rennen mit einer Runde, einer Distanz von 6,88 Kilometern und einer Dauer 3 Minuten und 27,071 Sekunden in die Wertung zu nehmen und halbe Punkte zu vergeben. Das kürzeste Rennen der Geschichte. Mit dreieinhalb Stunden Wartezeit, und null echter Renn-Action. Die ganze F1-Welt verteufelte den Nachmittag als Farce. Inzwischen wurden die Punkte-Regeln geändert, schreiben Runden unter Grün vor.

Formel 1 Adelaide 1991: Das ehemals kürzeste Rennen der Geschichte

Grenzwertige Regenfälle gab es auch 1991 in Adelaide zum Australien-GP, der vor Belgien 2021 den Rekord als kürzestes Rennen gehalten hatte. Ein Wolkenbruch kurz vor dem Start stoppte das Event jedoch nicht - vielleicht hätte er das sollen. Regenmeister Ayrton Senna fuhr vorne weg und damit auf dem einzigen Platz, der kurz mal freie Sicht hatte. Hinter ihm die Sintflut, buchstäblich.

Ayrton Senna kämpfte in Adelaide 1991 gegen die Elemente, Foto: Sutton
Ayrton Senna kämpfte in Adelaide 1991 gegen die Elemente, Foto: Sutton

Die Dreher begannen sofort, in Runde vier der erste Ausfall. Gelbe Flaggen überall. Das Wasser wurde nicht weniger, sondern mehr. Aquaplaning warf immer mehr Fahrer aus dem Rennen, ohne dass sie etwas dagegen tun konnten. Nach 16 Runden war das Chaos nicht mehr zu überblicken. Senna forderte per Handzeichen Abbruch, er war nicht der einzige. Die Rennleitung gab ihm Recht und beendete nach nur 24 Minuten und 34 Sekunden. Das kürzeste Rennen, das sich auch Rennen nennen darf.

Formel 1 Suzuka 2004, 2010, 2019 in der Taifun-Saison

Ganztages-Ausfälle gibt es in der Formel 1 immer wieder einmal, besonders in Japan. Der traditionelle Herbsttermin des Grand Prix überschneidet sich gerne mit der Taifun-Saison. 2004 flutete Taifun Ma-on die Strecke. Der ganze Samstag wurde nach einem chaotischen Freitag in weiser Voraussicht abgesagt und am Sonntagvormittag nachgeholt. Das Szenario wiederholte sich 2010. Damals waren die Prognosen nicht ganz so schlimm, folglich wurde in der Boxengasse einen Tag lang zugewartet, bis man absagen musste.

2019 wurden in Suzuka am Freitag schon Sandsäcke geliefert, Foto: LAT Images
2019 wurden in Suzuka am Freitag schon Sandsäcke geliefert, Foto: LAT Images

Am 12. Oktober 2019 legte Supertaifun Hagibis nach. 250 km/h sollten die Windspitzen betragen, so die Prognose - dass da an Fahren nicht zu denken war, stand außer Frage. Wieder wurde der ganze Samstag in weiser Voraussicht abgesagt und am Sonntag nachgeholt.

Übrigens geht das auch abseits von Suzuka: 2013 in Australien und 2015 in den USA konnte man am Samstag auch nicht fahren. Eine faszinierende Gemeinsamkeit tat sich dabei auf: Immer holte ein Deutscher die Pole. Suzuka 2004 ging an Michael Schumacher, 2010 an Sebastian Vettel, Australien 2013 wieder Vettel, 2015 in den USA war es Nico Rosberg, und 2019 in Suzuka wieder Sebastian Vettel.

Formel 1 Montreal 2011: Das längste Rennen der Geschichte

Durch das Wetter verkürzte Rennen gibt es in der Formel 1 immer wieder. Genauso aber verlängerte. Das berühmteste war der Kanada-GP des Jahres 2011. Zum Rennstart war der Regen noch unter Kontrolle, nach fünf Runden hinter dem Safety Car konnte es losgehen. Doch die Prognosen sahen düster aus, und sie sollten sich bewahrheiten. Beim ersten starken Regensturm war Schluss. Das Rennen wurde unterbrochen, aber nicht abgebrochen. Über zwei Stunden lang standen die Autos unbewegt in der Startaufstellung. Dann ein Wunder: Es klarte auf. Es sollte doch weitergehen.

Der Regensturm von Kanada 2011 war tatsächlich kein Dauerzustand, Foto: Sutton
Der Regensturm von Kanada 2011 war tatsächlich kein Dauerzustand, Foto: Sutton

Nicht nur das - in einer dramatischen Schlussphase trocknete es sogar auf. Slicks waren angesagt. Mischwetter-Spezialist Jenson Button timte seinen sechsten Boxenstopp genau richtig und jagte in der letzten Runde Sebastian Vettel den Sieg ab. Nachdem er im Laufe des Rennens nach Reifenschaden und Strafe schon Letzter gewesen war. 4 Stunden und 4 Minuten dauerte dieses Schauspiel und findet sich immer wieder auf Listen der spektakulärsten F1-Rennen aller Zeiten wieder.

Formel 1 Fuji 1976: Die WM-Entscheidung muss gefahren werden

1976 freute sich die Formel 1 beim Saisonfinale in Japan auf einen wahrhaft gigantischen Titelkampf. James Hunt gegen den nach seinem schweren Nürburgring-Crash zurückgekehrten Niki Lauda. Dichter Nebel und starker Regen aber schickten sich am Renntag an, ihnen einen Strich durch die Rechnung zu machen.

Fuji 1976 versprach Schwimmübungen, Foto: Phipps/Sutton
Fuji 1976 versprach Schwimmübungen, Foto: Phipps/Sutton

Auch hier wurde der Start verzögert, trotz Sicherheitsbedenken vieler Fahrer dann doch durchgezogen. Unter den Besorgten auch Lauda, der kurz nach dem Start mit mehreren Kollegen an die Box kommt und aufgab. Es sei unfahrbar, das war Lauda die WM nicht wert. Das Finale büßte trotzdem nichts von seiner Dramatik ein. Das Wetter wurde nämlich besser, während Lauda schon auf dem Weg zum Flughafen war, und Hunt holte trotz spätem Reifenschaden die notwendigen Punkte und wurde Weltmeister.

Formel 1 Nürburgring 1968: Stewart wandelt durch den Nebel

Mit Nebel hat man auf dem Nürburgring schon viele Erfahrungen gemacht. Nicht nur das berühmte 24-Stunden-Rennen musste mehrmals deshalb unterbrochen werden, auch in der Formel 1 machte Nebel Probleme. 1968 wurde zwar im August gefahren, aber nach durchgehenden Regenfällen war die Nebelsuppe unvorstellbar dicht.

Nebel und Regen , Foto: Sutton
Nebel und Regen , Foto: Sutton

Am Freitag wurde ein paar Minuten am Vormittag gefahren. Am Samstag wurden ein paar Minuten am Nachmittag gefahren. Schließlich wurde am Sonntag noch ein zusätzliches Training eingefügt. Zu sehen war nichts. Die Fahrer wurden befragt. Mit fast einer Stunde Verspätung ging es los. "Die Sicht war so unglaublich grauenvoll, dass ich nicht einmal Chris [Amons] Auto vor mir sehen konnte", erinnerte sich Jackie Stewart in seiner Autobiografie.

Stewart löste das Problem auf seine Weise. Er übernahm die Führung in der ersten Runde, und ließ sich von Sturzbächen auf der Strecke nicht aus der Ruhe bringen. Mit vier Minuten Vorsprung fuhr er zum Sieg.

Formel 1 Spa 1966: Regenwand versenkt sieben Autos

Als eines der größten Chaos-Regenrennen ging der Belgien-GP von 1966 in Spa in die Formel-1-Geschichte ein. Vor dem Start wusste aber noch niemand davon. Als das Rennen losging, war es staubtrocken. Ferrari-Pilot John Surtees übernahm in der ersten Kurve in Führung. Es ging den Berg hoch - und nach dem ersten Drittel der Strecke plötzlich in einen monumentalen Regenguss, den die Fahrer später als eine Wand aus Wasser beschrieben.

Regenchaos 1966 in Spa, Foto: Sutton
Regenchaos 1966 in Spa, Foto: Sutton

Diese Wasserwand hing mitten in der langen Burnenville-Rechtskurve, und auf den nächsten Kilometern herrschte plötzlich Weltuntergangsstimmung. Nicht weniger als sieben der 16 gestarteten Autos schwammen auf und crashten aus dem Rennen. Diese dramatische Sequenz wurde zufällig für den Film 'Grand Prix' von einem von Phil Hill pilotiertem Kameraauto festgehalten.

Am schlimmsten erwischte es Jackie Stewart. Er schwamm vor der Highspeed-Schikane 'Masta' auf und bog in ein Haus ab. Mangels erster Hilfe wurde er von Fahrerkollegen befreit. Der Unfall gab ihm den Anstoß, sich für mehr Sicherheit einzusetzen. Das Rennen gewann John Surtees, nur fünf Fahrer kamen ins Ziel.