Die Formel 1 hat ein Problem: Die Autos werden immer schneller, die Reifen sollen aber die gleichen bleiben. Schon in der aktuellen Situation kommen die Reifen teilweise an ihre Grenzen, weil Pirelli 2020 die Reifen aus der vergangenen Saison einsetzt.

Die Italiener entwickelten für dieses Jahr zwar eine neue Konstruktion, aber weil das Feedback der Teams nach den ersten Teams negativ war, kam es zur Abstimmung. Schlussendlich entschieden sich die Rennställe 2020 für den Einsatz der 2019er Reifen.

Verschobene F1-Regeln werden zum Pirelli-Problem

Für 2021 hätte das keine Auswirkungen haben sollen. Da war eigentlich das neue Technische Reglement mit 18-Zoll-Reifen geplant, mitsamt komplett neuen Reifen. Weil die Regel-Revolution aber verschoben wurde, steht Pirelli vor einem Problem: Die Autos werden 2021 noch schneller, Entwicklungen für die Reifen sind jedoch nicht geplant.

"Die aktuelle Situation erlaubt es nicht, komplett neue Reifen zu entwickeln", erklärt Pirellis Formel-1-Chef Mario Isola. "Wir werden noch ein paar Tests machen für nächstes Jahr, aber man kann höchstens noch ein Feintuning an den Reifen vornehmen."

Weil das Problem schon länger bekannt ist, haben sich die Teams darauf verständigt, den Unterboden abzuschneiden - Motorsport-Magazin.com berichtet bereits ausführlich über die Änderungen.

Inzwischen gehen den Verantwortlichen aber die Änderungen nicht weit genug. In einem Brief an die Teamchefs hatte FIA Generalsekretär Peter Bayer bereits angekündigt, die Aerodynamik weiter beschneiden zu wollen.

FIA rechtfertigt Regeländerungen 2021: Sicherheitsfrage

Die FIA will bei den weiteren Einschnitten aber keinen demokratischen Prozess, der eine einstimmige Entscheidung erfordern würde. Stattdessen beruft sich die die FIA auf Artikel 2.2 des Technischen Reglements.

Der erlaubt es, Änderungen auch ohne den üblichen Abstimmungsprozess durchzuboxen. Voraussetzungen: Die Änderungen sind sicherheitsrelevant. Damit genügt der Beschluss des Motorsportweltrates - einem FIA-Gremium.

Also Technik-Änderungen aufgrund von Sicherheitsbedenken bei den Reifen? Klar, dass das Pirelli nicht gefällt. Deshalb schaltete sich FIA Technikchef Nikolas Tombazis der üblichen Pirelli-Pressekonferenz am Freitagabend bei.

Pirelli muss 2021 gezwungenermaßen mit alten Reifen weitermachen, Foto: LAT Images
Pirelli muss 2021 gezwungenermaßen mit alten Reifen weitermachen, Foto: LAT Images

Tombazis erklärte: "Die Reifen per se sind kein Sicherheitsrisiko. Es ist nur so, dass die Entwicklung der Reifen und die der Autos normalerweise Hand in Hand geht. Jetzt haben wir aber drei Saisons, in denen die Autos entwickelt wurden, die Reifen aber nicht. Es geht um die gesamte Einheit, nicht nur um die Reifen."

Deshalb evaluierte die FIA in den vergangenen Wochen weitere Einschnitte in die Aerodynamik für 2021. Nachdem Feedback von den Teams eingeholt wurde, entschied man sich für drei weitere Anpassungen am Technischen Reglement.

FIA legt an Unterboden, Diffusor, Bremsbelüftungen Hand an

Einerseits wird der Unterboden weiter beschnitten, die Schlitze am Rand werden eingeschränkt. Dazu werden auch die vertikalen Luftleitbleche innerhalb des Diffusors beschnitten. Dürfen sie bislang noch bis zum virtuellen Fahrzeugboden (Z-Achse) reichen, müssen sie 2021 50 Millimeter weiter oben enden.

Alle Änderungen wurden möglichst weit hinten am Fahrzeug gewählt, damit der Rattenschwanz, den sie mit sich ziehen, möglichst klein ist. Beim ersten Einschnitt des Unterbodens gab es ein böses Erwachen, weil die Ingenieure in ihren Analysen herausfanden, dass sich dadurch durchaus eine ganze Menge an den aerodynamischen Strukturen ändern.

Unter anderem fanden die Experten heraus, dass der abgeschnittene Unterboden einen Einfluss auf die hintere Bremsbelüftung hat. Das nimmt die FIA gleich zum Anlass, die dritte der neuen Anpassungen an den Bremsbelüftungen vorzunehmen. Die Winglets werden um 40 Millimeter eingeschnitten.

Durch die drei zusätzlichen Einschnitte sollen die Autos rund vier bis fünf Prozent an Abtrieb verlieren. Das entspricht in etwa dem Entwicklungssprung von einer Saison auf die nächste. Zusammen mit der schon zuvor beschlossenen Änderung am Unterboden sollen die Autos rund zehn Prozent Abtrieb verlieren. Damit wären sie wieder auf dem Stand von Ende 2019.