Die letzten Runden bei der Formel 1 in Silverstone boten 2020 reichlich Drama. Drei Fahrer hatten in kurzer Abfolge Reifenschäden vorne links zu beklagen. Lewis Hamilton rettete den Sieg, aber Carlos Sainz und Valtteri Bottas verloren durch die Schäden gute Punkte.

Bei Sainz ging der Reifen am Ende der vorletzten Runde auf der Hangar-Geraden kaputt, mit einem optisch identen Schaden zu den beiden Mercedes-Piloten. "Alles fühlte sich bis zu dem Moment unter Kontrolle", beschreibt Sainz danach auch die gleichen Symptome. "Bis zu dem Moment, als alles schief ging. Davor war es ein sehr gutes Rennen, ich kann mich nicht beschweren."

Sainz-Reifen sprengt sich ohne Vorwarnung

McLaren-Teamchef Andreas Seidl unterstreicht das nach dem Rennen: "Carlos hat ein bisschen [von Vibrationen] berichtet, aber ich denke, bei den harten Reifen war das bis zum gewissen Grad normal, und kein Anzeichen für einen Reifenschaden. Also gab es nichts, was wir wirklich machen konnten."

Der Stint war zwar lang - schon in Runde 13 von 52 hatte McLaren Sainz auf den harten Reifen umgesteckt - aber davor hatten sie das ganze Wochenende keine Gefahr gesehen. Das alles klingt wie bei Mercedes. Seidl will sich nicht weiter dazu äußern, ob es Trümmer oder Ermüdungserscheinung war: "Von Pirelli gab es bis jetzt keine Andeutung, dass es ein Zuverlässigkeitsproblem gibt. Das ist eine Frage für sie, das muss zuerst analysiert werden."

Sainz verflucht Pech zum F1-Saisonstart

"Ich wusste, dass es mit den Reifen eng werden würde, und es war eng", meint Sainz, aber auch er beschwört, dass sein Reifenmanagement über das Rennen verteilt eigentlich gut gewesen sei: "Der Reifen fühlte sich bis zwei Runden vor Schluss stabil an, dann wurden die Vibrationen schnell mehr. Ich spürte, dass etwas kommen würde, aber einen Schaden dieser Größenordnung spürst du nie, dass der Reifen plötzlich explodiert."

Formel 1: Was löste das Reifen-Drama in Silverstone aus?: (22:56 Min.)

"Es war kein Überhitzen, war wohl einfach eine kleine Lotterie da draußen", mutmaßt Sainz. "Du siehst einen Schaden die Runde davor, einen die Runde danach." Für ihn wurde ein möglicher vierter zum 13. Platz. "Kein Happy End, das Glück ist dieses Jahr noch nicht auf unserer Seite. In drei Rennen hätten wir viel mehr holen können, heute waren viele Punkte auf dem Tisch. Das enttäuscht sehr."

Norris rettet McLaren-Punkte trotz Sainz-Blockade

McLaren-Kollege Lando Norris kam ohne Reifenschaden über die Linie, wenngleich er mit seinem Rennen in Summe eigentlich weniger zufrieden war als Sainz. Norris war von Platz fünf losgefahren, doch ein Verbremser am Start warf ihn zwei Plätze zurück: "Carlos ging vorbei, dann steckte ich für den Großteil des Rennens hinter ihm fest. Meine Pace schien mir besser, aber Daniel [Ricciardo] hat mir Druck gemacht, also musste ich zu Carlos aufschließen."

Norris verlor am Start nach Verbremser auch einen Platz an Sainz, Foto: LAT Images
Norris verlor am Start nach Verbremser auch einen Platz an Sainz, Foto: LAT Images

"Wir mussten pushen, und haben unsere Reifen härter rangenommen als wir wollten", erklärt Norris. Am Funk bat er schließlich um Teamorder, bekam sie aber nicht. Teamchef Seidl erklärt: "Von unserer Seite kommt Teamorder nur, wenn es einen klaren Pace-Unterschied gibt - bei einer unterschiedlichen Strategie zum Beispiel."

Das war in Silverstone nicht der Fall: "Ich glaube nicht, dass Lando viel mehr übrighatte als Carlos." Norris verlor in der Schlussphase schließlich den Platz an Ricciardo, er wurde hinter dem Renault Fünfter.

Es hätte also besser laufen können für McLaren. Trotzdem will Seidl das Positive am Wochenende hervorstreichen: "Es hat zuversichtlich gestimmt, mit den Updates vom Freitag - das Team hat einen großartigen Job gemacht, das Auto ist besser. Vier Mal in Folge beide Autos in Q3, ein gutes Rennen, knapp dran an guten Ergebnissen. Und beide kamen ins Ziel."