49 Runden lang sah in Silverstone alles nach einem gemütlichen Mercedes-Doppelsieg aus. Doch binnen drei Runden wurde die silberne Traumwelt komplett erschüttert: Zunächst fiel Valtteri Bottas mit einem Reifenschaden weit zurück, in der allerletzten Runde erwischte es auch noch Lewis Hamilton.

Am Ende humpelte der amtierende Formel-1-Weltmeister auf drei Reifen als Sieger über die Ziellinie, fast wäre er auf den letzten Metern noch von Max Verstappen eingeholt worden. Ein strahlender Sieger war Hamilton aber nicht. "Ich fühle mich von Sekunde zu Sekunde schlechter, weil ich erst realisiere, was passiert ist", so der Brite.

"In der Hitze des Gefechts hast du Adrenalin, da kommt der Überlebensinstinkt. Ich habe das Ding dadurch ruhig nach Haus gebracht. Ich habe aber nicht daran gedacht, was hätte passieren können, wenn der Reifen in einer Highspeed-Kurve aufgegeben hätte, dann wäre das jetzt ein ganz anderes Bild", so der sichtlich geschockte WM-Leader. "Ich bin unglaublich dankbar, dass das nicht passiert ist."

Formel 1: Was löste das Reifen-Drama in Silverstone aus?: (22:56 Min.)

Hamilton: Glück im Unglück

Während es Teamkollege Bottas in Runde 49 direkt am Boxeneingang erwischte, sodass er eine ganze Runde auf drei Reifen an die Box humpeln musste, gab der linke Vorderreifen von Hamilton auf der Geraden nach Kurve fünf auf.

"Ich wusste, dass er stark abgenutzt war, aber er hat sich normal angefühlt. Auf der Geraden ist dann plötzlich bei voller Fahrt die Drehzahl abgesunken, weil sich das Rad nicht mehr so schnell drehte und für Reibung sorgte. Gleichzeitig ist das Auto nach links gekippt", schilderte Hamilton. "Ich hatte erst Panik und bin dann fast nicht um Kurve sieben rumgekommen."

Fast hätte Lewis Hamilton den Sieg auf der letzten Runde verloren, Foto: LAT Images
Fast hätte Lewis Hamilton den Sieg auf der letzten Runde verloren, Foto: LAT Images

Doch im Überlebensmodus schaltete der sechsfache Formel-1-Weltmeister schnell um. Schließlich ging es noch darum, ein Rennen zu gewinnen. "Ich habe gehört, dass Max in verrückter Geschwindigkeit aufgeholt hat. Auf der Hangar Straight war er noch 19 Sekunden hinter mir. Da habe ich versucht, wieder Speed aufzunehmen, aber der Reifen war hinüber", so Hamilton.

Der Mercedes-Pilot weiter: "Ich dachte mir nur: Wie soll ich durch diese letzten Kurven kommen, ohne zu viel Zeit zu verlieren? Ich musste noch durch Stowe und die letzten beiden Kurven, das war ein Desaster. Ich hörte: 7 Sekunden, 6 Sekunden, 5 Sekunden…"

Hamilton sicher: Trümmer schuld am Reifenschaden

Nun stellt sich die ganze Formel-1-Welt die Frage, warum die Reifen in den letzten Runden so eingingen. Neben Hamilton und Bottas erwischte es auch Sainz. Hamilton hat eine Erklärung: "Ich bin überzeugt, dass es Trümmerteile waren. Kimi war zum Beispiel vor mir, als er Teile seines Frontflügels verloren hat. Überall waren Trümmerteile, vor allem in Maggots und Becketts."

Das Reifenalter könnte allerdings auch ein Faktor sein. Durch die zweite Safety-Car-Phase kamen die Piloten früher als angedacht zum Stopp. "Normalerweise hat der harte Reifen aber eine lange Lebenserwartung, wir könnten fast eine volle Renndistanz damit fahren", wirft Hamilton ein.

Allerdings wurde der WM-Leader das gesamte Rennen über auf Schritt und Tritt von Teamkollege Bottas verfolgt. Großartig Tempo rausnehmen konnte er deshalb nicht. Ein Umstand, der nicht gerade half, wie Hamilton bestätigte: "Valtteri hat mit ernsthafter Pace gepusht - darauf musste ich reagieren. Deshalb war es schwierig, die Reifen zu managen."

Mit seinem dritten Sieg im vierten Saisonrennen baut Hamilton die Führung in der Weltmeisterschaft weiter aus. Durch den Nuller von Bottas hat der Brite nun 30 Punkte Vorsprung auf Rang zwei.