Die Formel 1 startet 2022 in eine neue Ära, das neue Reglement wird eingeführt. Eigentlich hätte es schon im kommenden Jahr soweit sein sollen. Doch wegen der Corona-Krise, die derzeit keine Rennen zulässt, haben sich Teams, FIA und Formel 1 darauf geeinigt, die diesjährigen Autos auch 2021 zu nutzen und die Einführung der neuen Regeln aufzuschieben.
Die Rahmenbedingungen für das neue Regelwerk sind seit dem US GP klar. Motorsport-Magazin.com nimmt die Zukunft der Königsklasse genau unter die Lupe. Eine Revolution in drei Akten.
Akt I: Anbruch einer neuen Ära
"Ich glaube, es ist ein guter Tag für die Formel 1", sagte McLaren-Boss Zak Brown an einem denkwürdigen Wochenende in Austin. Dabei war es weniger der US GP selbst, der in die Geschichtsbücher des Sports eingehen sollte. Vielmehr wurde schon am Donnerstag Geschichte geschrieben, und zwar abseits des Asphaltbandes. Statt der Strecke war der Pressekonferenzraum der Ort des Geschehens. Hier wurde nicht weniger als die Zukunft des Sports präsentiert.
Es war keine gewöhnliche Pressekonferenz, die an diesem winterlichen Tag in Texas abgehalten wurde. Chase Carey, der Formel-1-Boss höchstpersönlich, gab sich die Ehre, FIA Präsident Jean Todt ließ sich live zuschalten. Die Detailfragen beantworteten F1-Sportchef Ross Brawn und FIA Technikchef Nikolas Tombazis. Doch der Star der Pressekonferenz stand vor dem Pult: Das Windkanalmodel eines 2021er Autos. Die Tage vor der Präsentation wurde es selbst im streng bewachten Fahrerlager noch gesondert beschützt. Die Formel 1 ließ es extra aus Hinwil einfliegen. Dort wurde im Windkanal von Sauber an der Zukunft der Königsklasse des Motorsports getüftelt.
Liberty Media tritt Ecclestones Erbe an
Rückblick: Im Fahrerlager von Monza kamen 2016 die ersten Gerüchte auf, dass CVC, der kommerzielle Rechteinhaber, die Formel 1 an Liberty Media verkaufen wird. Vor dem Motorhome von Bernie Ecclestone standen sich seine vertrauten Journalisten die Beine in den Bauch. Die letzten Tage des Formel-1-Zampanos waren angebrochen. Im Januar 2017 war der Deal durch, Ecclestone nur noch Ehrenpräsident.
Eine neue Zeitrechnung hatte begonnen. Liberty Media setzte nicht nur auf die Expertise von Ross Brawn, sondern ließ den Formel-1-Insider ein eigenes Team aufbauen. Das Ziel war immer klar: 2021. Die politische Situation erlaubte bis dahin nur kosmetische Eingriffe. Mit dem Auslaufen sämtlicher Verträge Ende 2020 ist in der Folgesaison dafür ein radikaler Neustart möglich. Darauf arbeitete Liberty Media hin.
Vier Hauptziele gilt es mit den neuen Regeln zu erreichen: Die Autos sollen zweikampffreundlicher werden, das Feld enger zusammenrücken, die Formel 1 für die Teams auch wieder finanziell lukrativ werden und zuletzt sollen die Autos auch noch gut aussehen. Umweltfreundlichkeit schrieb man sich erst später auf die Fahnen. Um all die Ziele auch wirklich zu erreichen, ging Liberty wissenschaftlich an die Sache heran. Schnellschüsse waren verboten, der große Schuss 2021 muss sitzen. Deshalb baute sich Brawn ein eigenes Expertenteam auf, das selbst Simulationen durchführen kann.
Zum Schluss baute die Truppe sogar ein eigenes Windkanalmodel, das nun in Austin offiziell präsentiert wurde. Alles nur, um von der Expertise der Teams unabhängig zu sein. Die Rennställe haben ihre eigenen Agenden, spuckten schon bei zahleichen Regeländerungen in die Suppe. Darauf wollten sich die neuen Bosse nicht mehr einlassen und nahmen dafür selbst Geld in die Hand. Auch die FIA rüstete auf. Der Doppelpass zwischen kommerziellem Rechteinhaber und der Sporthoheit funktionierte.
Top-Teams sehen neue Regeln kritisch
"Alle Parteien haben einen guten Job gemacht", lobt Toro Rosso Teamchef Franz Tost und fügt an: "Liberty Media, die FIA und die Teams haben einen guten Job bei den neuen Regeln gemacht, denn alle großen Themen sind abgedeckt." Obwohl Tost nach der Präsentation lobende Worte fand, in Eintracht vereint war die Formel 1 bei den Regeln 2021 längst nicht immer. Vor allem über Einheitsteile und die Kostengrenze wurde lebhaft gestritten, erneut kristallisierten sich zwei Positionen unter den Teams heraus: Die großen Top-Teams wollten so wenig wie möglich ändern, die unabhängigen Privatteams forderten teils drastische Änderungen.
Obwohl keine Mehrheiten für Regeländerungen nötig sind, so musste dennoch ein gewisser Kompromiss gefunden werden. Die Formel 1 wollte die großen Namen nicht vor den Kopf stoßen. Schließlich sind sie auf Marken wie Ferrari und Mercedes angewiesen. "Ferrari, Red Bull und wir glauben, dass die 2021er Regeln bei der Technologie etwas vom Status der Königsklasse des Motorsports wegnehmen", fürchtet Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. Auf der anderen Seite hätten viele kleine Teams gerne noch einen aggressiveren Ansatz gesehen. Die unterschiedlichen Reaktionen zeigen, dass man womöglich einen guten Kompromiss gefunden hat.
5 Hauptziele der Regel-Revolution
- 1. Raceability: Die Autos sollen enges Racing ermöglichen
- 2. Konkurrenzfähiges Feld: Engere Abstände zwischen den Teams
- 3. Finanzielle Nachhaltigkeit: Kostenreduktion und nachhaltiges Business-Modell
- 4. Umwelt: Technischer Vorreiter in Straßen-relevanten Bereichen
- 5. Ästhetik: Gutaussehende Formel-1-Autos
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