Die nachträgliche Disqualifikation von Niko Hülkenberg und Daniel Ricciardo beim Großen Preis Japan könnte zukunftsweisend für die Zusammenarbeit der Teams in der Formel 1 gewesen sein. Das findet zumindest Renault Teamchef Cyril Abiteboul. Denn wie er am Rande des Mexiko GP mitteilte, sieht er im Verhalten des Mitbewerbers Racing Point einen Verhaltenskodex verletzt.

Racing Point hatte über mehrere Rennen hinweg Indizien gesammelt, mit denen das Team beweisen wollte, dass Renault ein illegales System zur automatischen Einstellung der Bremsbalance verwendet. Als das Team nach dem Rennen in Suzuka die Beweislast als ausreichend empfunden hatte, hatte es gegen die Wertung der beiden Renault Fahrzeuge protestiert.

Ein Verhalten, das Abiteboul nicht passt. "Das richtige Verhalten wäre gewesen, mit uns vorher das Gespräch zu suchen und nicht den Weg über die Stewards zu gehen", sagte er am Freitag in Mexiko. "Sie hätten die FIA bitten können, bei uns nachzuschauen. Das haben sie nicht gemacht. Sie haben den Rahmen eines Rennens ausgenutzt, um uns disqualifizieren zu lassen. Das ist eine komplette andere Prozedur."

"Vor Suzuka gab es keine Diskussionen und keine Spekulationen über die Legalität unseres Systems. Wir waren absolut überzeugt, dass es legal ist", erklärte er weiter. Weil Renault von der Legalität überzeugt war, hat das Team laut Abiteboul die FIA nie um eine Einschätzung gebeten. Dass das System technisch zulässig ist, haben auch die Regelhüter nach ihrer Untersuchung schließlich bestätigt, argumentiert Abiteboul.

Formel 1 2019: 5 Brennpunkte vor dem Mexiko GP (10:06 Min.)

Die Stewards störten sich allerdings daran, dass das System eine illegale Fahrhilfe sei und damit gegen Artikel 27.1 des Sportlichen Regelwerks verstößt. Gerade weil es sich dabei um einen Artikel handelt, der viel Spielraum für Interpretationen und Deutungen zu lässt, hätte sich der Renault Teamchef einen Meinungsaustausch gewünscht. Schließlich erklärt er: "Wir bestreiten nicht, dass es eine Hilfe ist. Aber keine Hilfe, um das Fahrzeug schneller zu machen, sondern um die Arbeitsbelastung für die Fahrer zu reduzieren."

Dass Racing Point direkt den Weg über den Ausschluss aus einer Rennveranstaltung gesucht hat, findet Abiteboul aus zwei Gründen problematisch: "Wir leben in einer Welt, in der man mit Spekulation und Fantasien ein Team beschuldigen kann, und damit versucht, Zugang zum geistigen Eigentum zu erhalten".

Der Franzose fürchtet offenbar, dass die Konkurrenz durch die FIA-Untersuchung mehr Details erfuhr, als bislang bekannt waren: "Es ist gefährlich, wenn Teams nur aufgrund von Spekulationen andere Anklagen und Einblick in Daten bekommen, selbst wenn das angeklagte Team Recht hat. Das kann Konsequenzen auf Konstrukteurs-WM, Geldverteilung, Prämien und Sponsoren haben."

Zum anderen verstoße ein Verhalten wie jenes von Racing Point gegen ein Gentlemen's Agreement, das früher einmal gegolten habe. "Ich nehme wahr, dass das was früher war, heute nicht mehr so ist", so Abiteboul.

Wie lange die automatische Verstellung der Bremsbalance verwendet wurde, wollte er indes nicht verraten. Fest steht laut seinen Aussagen allerdings, dass die Technik nicht erst seit diesem Jahr im Renault Boliden zu finden ist. Dass es deswegen weitere Disqualifikation aus der Vergangenheit geben könnte, hält Abiteboul für ausgeschlossen. "Das ist nicht möglich", erklärte der Renault Teamchef.

Außerdem stellte Abiteboul klar, dass die Meinung der Stewards nicht unbedingt der Meinung der FIA entsprechen muss. "Sie sind unabhängig und müssen der FIA nicht folgen", so der 42-Jährige. Tatsächlich werden die Stewards zwar von der FIA eingesetzt und müssen nach dem FIA-Reglement urteilen, sind in ihren Entscheidungen aber völlig unabhängig. Entsprechend hätte das Urteil auch anders ausgehen können, glaubt der Renault Boss.