Alex Albon ist in der donnerstäglichen Pressekonferenz der Formel 1 in Spa ein gefragter Mann. Fast die Hälfte aller Fragen gehen entweder an ihn oder an den neben ihn sitzenden Teamkollegen Max Verstappen. Verständlich, schließlich wurde Albon erst in der Sommerpause und nach gerade einmal zwölf Rennen ins Cockpit neben Verstappen gehoben, das einst Pierre Gasly ausfüllte.

"In der Sommerpause habe ich eigentlich erwartet, mich zu entspannen", lacht der Neuling Albon. "Und dann erfahre ich es am ersten Tag. Und weil es die F1-Sommerpause ist, konnte ich auch mit niemanden im Team danach wirklich darüber reden." Schließlich ist in der Pause Urlaub verpflichtend.

Albon reist also mit nur ein paar Simulator-Runden auf dem Buckel nach Spa-Francorchamps, zu einem der schwierigsten Rennen des Jahres. Wie aufgeregt er auf einer Skala von eins bis zehn denn sei, wird Albon gefragt: "Eine zehn für Aufregung, aber die Nummer für Nervosität ist auch ziemlich hoch."

Albon-Aufstieg zu früh? Kein Platz für Zweifel

Zweifel kann er sich aber in dieser Situation nicht leisten: "Ich sehe das als Chance an. Da musst du so zuversichtlich wie nur möglich reingehen. Ich weiß so ziemlich, was geht. Natürlich habe ich erst sechs Monate Erfahrung mit einem Formel-1-Auto, da gibt es klar Verbesserungspotential."

"Natürlich so früh in so ein Auto zu springen - gewissermaßen wünschst du dir, dass es etwas später passiert wäre", gibt Albon auch zu. 2018 dachte er noch, er würde in der Formel E fahren. Dann holte ihn Red Bull spät aus der Versenkung und in ein Toro-Rosso-Cockpit - und sechs Monate später sitzt er neben Max Verstappen.

Mit Max Verstappen wartet bei Red Bull ein starker Maßstab, Foto: LAT Images
Mit Max Verstappen wartet bei Red Bull ein starker Maßstab, Foto: LAT Images

"Natürlich sind die Autos unterschiedlich, aber am Ende des Tages sind es immer noch vier Räder", gibt sich Albon zuversichtlich. "Ich werde mich daran gewöhnen. Und was das Gefühl angeht, nicht bereit zu sein: Zu Jahresbeginn, als ich noch gar kein Auto gefahren hatte, hatte ich schon diese Angst, diesen Stress. Da bin ich im Januar durch. Also war ich in der Sommerpause jetzt deutlich entspannter."

Red Bull überrascht Albon: Beförderung beiläufig mal erwähnt

Für die Beteiligten bei Red Bull war die ganze Geschichte ein ziemlicher Schock-Moment. Weder Gasly noch Albon erfuhren vor dem Tag der Abrechnung davon. Bei Gasly klingelte um 08:42 Uhr das Handy, und sein Nachfolger Albon erfuhr es sogar noch später.

"Es war eine tägliche Besprechung mit Dr. Marko in seinem Büro in Österreich", sagt Albon. "Und ja, so lief das Gespräch. Oh, übrigens, das passiert gerade. Mehr war da nicht. Ich glaube, ihr wusstet es alle eine Stunde nachdem ich es erfuhr."

Verstappen wartet: Kann Albon noch nicht beurteilen

Besser informiert als die Betroffenen schien Max Verstappen gewesen zu sein: "Ich wusste es schon vorher. Sie sagten es mir, als ich gerade im Simulator war. Für mich war es also keine Überraschung, aber ich war selbst schon an dieser Stelle." Was er auf der Strecke erwartet, da ist er sich unsicher: "Ich schätze Alex als sehr gut ein. Aber ich habe auch Pierre als sehr gut eingeschätzt. Also abwarten."

Verstappen und Albon kennen sich zumindest aus der Vergangenheit. Lange, lange ist es her, aber 2010 fuhren sie im Kart gegeneinader. "Wir hatten ein paar Crashes", erinnern sie sich heute. "Waren gute Rivalen", sagt Albon. "Max war der Jüngere, ich der mit der Erfahrung. Es ist etwas seltsam - in der Formel 1 ist er der mit der Erfahrung."

Albon-Start mit Motorenstrafe: Erst mal langsam angehen

Max Verstappen heißt das Ziel für Albon in seinen ersten Red-Bull-Rennen auf jeden Fall einmal nicht. Verstappen hat schließlich 93 Starts in der Formel 1 hinter sich, ist seit 2016 beim Team und kennt hier alles. "Ich komme mit wenig Erfahrung hier an, das weiß ich, und das weiß das Team", sagt Albon. "Es wird Schritt für Schritt gehen. Das Team kennenlernen. Verstehen, wie alles funktioniert. Und dann von Rennen zu Rennen weiterarbeiten."

"Wenn wir gegen Ende Ergebnisse einfahren, dann wäre das natürlich großartig, aber das ist momentan nicht das Ziel", schließt Albon. Hinzu kommt noch, dass er in Spa sich gleich einmal über eine Strafe freuen darf: Er bekommt hier die vierte Honda-Ausbaustufe eingebaut, damit ist seine Qualifying-Leistung sowieso hinfällig. Schließlich sind nur drei Motorenwechsel erlaubt.

Für Albon steht also ein sanfter Einstieg ins Red-Bull-Cockpit bevor, ohne Qualifying-Stress kann er sich in Spa einmal einfahren. Trotzdem ist er sich bewusst, um was es in den letzten Rennen der Formel-1-Saison 2019 für ihn geht: Um seinen Platz für 2020. Denn der hängt in der Schwebe, und so eine Chance bei einem Top-Team bekommt nicht jeder.