Neue Gegner für die Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton, Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen. Die etablierten F1-Stars teilen sich das Grid beim ersten Rennen 2019 in Australien mit vier neuen Gesichtern. Motorsport-Magazin.com stellt die vielversprechenden Rookies der Saison 2019 vor dem ersten Grand Prix des Jahres in Melbourne vor. In Teil eins beleuchten wir den Underdog unter den Neulingen: Toro-Rosso-Newcomer Alex Albon.

Der Formel-1-Aufstieg von George Russell, Lando Norris und Antonio Giovinazzi schien bereits seit Jahren vorherbestimmt. In den Juniorprogrammen von Mercedes, McLaren und Ferrari war ein F1-Cockpit nur eine Frage der Zeit. Alexander Albon landete als Dritter in der Formel 2 2018 hinter Russell und Norris und ist doppelt froh, ebenfalls den Aufstieg geschafft zu haben.

"Es ist ziemlich witzig, wenn wir sprechen. Wir haben dieselben Herausforderungen. Das gibt dir etwas mehr Selbstvertrauen und beruhigt dich, wenn du siehst, dass sie mit den gleichen Dingen kämpfen. Es ist schön, einige Rookies hier zu haben", sagt der Thailänder und fügt mit einem Schmunzeln an: "Wenn du als Rookie alleine bist und dann Lewis, Sebastian und Kimi siehst, denkst du dir: jetzt spielst du bei den großen Jungs."

"Jetzt fühlt es sich ein bisschen wie die Formel 2 an, da du mit ein paar Jungs von dort aufsteigst. Man hat gleich Anschluss und es ist nicht so einschüchternd." Die einschüchterndste Person aus dem F1-Paddock war im bisherigen Verlauf seiner Karriere wahrscheinlich Dr. Helmut Marko gewesen. 2012 hatte Albon seine Chance im Nachwuchskader von Red Bull und wurde vor die Tür gesetzt.

Anruf genügt: Red-Bull-Berater Dr. Marko holt Alex Albon in die Formel 1

Sieben Jahre später ist er als Stammfahrer von Toro Rosso in Melbourne. "Es war etwas seltsam. Es war an einem Montagabend, nach dem Formel-2-Finale in Abu Dhabi. Ich war in einem Shopping Center in Dubai, um meine Zeit totzuschlagen, während ich auf meinen Flug wartete. Dann erhielt ich einen Anruf von Dr. Marko", erklärt er, wie sein Leben vor wenigen Monaten eine 180-Grad-Wendung nahm.

"Er erklärte mir die Situation und ich fragte, ob ich für den Formel-1-Test in Abu Dhabi bleiben darf, um ihnen etwas über die Schulter zu schauen. Er sagte natürlich, also fuhr ich zurück nach Abu Dhabi und schaute mir die Testfahrten an." Ein Vertrag war durch den Anruf Dr. Markos längst nicht spruchreif. Doch Albon ließ sich die Chance nicht entgehen, wieder in den Dunstkreis der Königsklasse zurückzukehren, nachdem er Jahre lang im Abseits gestanden hatte.

"Es war ein steiniger Weg bis in die F1. Anfang 2017 und auch 2018 sah es überhaupt nicht danach aus, als ob es jemals passieren würde. Selbst in der F2 zu fahren, geschweige denn davon, in der F1 zu fahren", sagt der 22-Jährige. "Innerhalb von acht Monaten kam es davon, gerade so die ersten ein oder zwei F2-Rennen zu schaffen, zu dieser Möglichkeit hier. Das ist heftig. Nicht nur für mich, sondern auch für meine Familie. Es war ein kleiner Schock."

Toro Rosso: Formel-1-Saisonvorschau 2019: (10:09 Min.)

Albon gibt Formel E einen Korb: Wollte nie etwas anderes als die Formel 1

Nach zwei Jahren in der Formel 2 und F1-Perspektive hatte er längst einen anderen Weg ins Auge gefasst. Der Formel-E-Vertrag mit Nissan war schon unterschrieben. "Wenn du in der Formel E unterschreibst, ist es ein bisschen so: okay, wir haben es nicht geschafft. Aber ich war trotzdem glücklich, in der Formel E zu sein, denn das ist für einen Formelfahrer nach der Formel 1 die zweitgrößte Sache."

Der Anruf Dr. Markos änderte von einem auf den anderen Moment alles. Wenige Wochen später war der Formel-E-Vertrag aufgelöst, stattdessen unterzeichnete Albon bei Toro Rosso. Doch selbst nach seinem Einstand im F1-Boliden bei den Wintertestfahrten in Barcelona kommt er sich in seiner Rolle als einer der 20 auserwählten F1-Profis fremd vor. "Jeder Fahrer träumt von der Formel 1. Ich wollte nie etwas anderes machen. Ich hab es immer noch nicht wirklich begriffen", sagt er.

Und es wird wohl noch eine Weile dauern, bis er es begreift: "Bis die Lichter ausgehen und ich all die anderen Autos im Grid sehe", lacht er. "Dann werde ich mir denken: Alles klar, ab geht's!" Die Ankunft in Melbourne gab ihm nach den Testfahrten aber schon einmal den zweiten Vorgeschmack auf das Leben als Formel-1-Pilot.

Albons Formel-1-Einstand: Sprung ins kalte Wasser

"Es ist ganz anders. In der Formel 2 kannst du als Fahrer ganz entspannt durchs Stadtzentrum laufen, aber hier ist das nicht so. Aber ja, daran gewöhne ich mich. Das ist auch ein Teil der Formel 1", beschreibt er seine Eindrücke gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Aber ich bin nicht gestresst. Es ist einfach ein großer Sprung von der F2 und ich gewöhne mich an alles. Gerade bin ich aus Japan und Thailand zurückgekommen."

Viel wichtiger war vor rund einem Monat jedoch seine erste Ausfahrt im F1-Auto. Anders als seine Rookie-Kollegen, die bereits als Test- und Freitagsfahrer viele F1-Kilometer sammelten, war es für Albon in Barcelona ein ganz neues Erlebnis, den STR14 zu steuern. "Ich hatte nur eine Ahnung davon, was mich erwartete. Im Simulator kannst du versuchen, ein Gefühl für das Auto zu bekommen. Aber es haut dich erst um, wenn du das Auto gefahren bist", erklärt er.

Seine erste Ausfahrt endete mit einem Dreher in Kurve vier des Circuit de Barcelona-Catalunya. "Im Formel-2-Auto kannst du dich sofort wohlfühlen. Es ist sehr einfach, wenn du am Limit bist, bewegt sich das Auto und du kannst es einfach abfangen. Wenn es dir in der F1 ausbricht, fliegst du mehr oder weniger gleich ab. Da gibt es keine zweite Chance", beschreibt er, wie ihm seine Unerfahrenheit zum Verhängnis wurde.

Albon für Formel-1-Debüt in Australien bereit

Nach dem Fehlstart ins neue Abenteuer rehabilitierte sich Albon quasi sofort, fuhr am ersten Tag 130 Runden und blieb auch den Rest der Testfahrten fehlerfrei. "Wenn du mit wenig Benzin fährst, haut es dich um, besonders die Highspeed-Passagen. Du weißt aus dem Simulator, was mit dem Auto geht, aber die physischen Kräfte sind nicht da. Wenn sie da sind, ist es heftig. Der Grip ist sensationell."

Nach den Testkilometern fühlt er sich auf seinen ersten großen Auftritt gut vorbereitet: "Die Wintertestfahrten liefen wirklich gut. Natürlich sind vier Tage niemals genug, aber wir haben aus diesen vier Tagen so ziemlich alles herausgeholt. Ich fühle mich so bereit, wie ich es nur sein könnte. Meine Rundenzeiten waren gut. Natürlich ist da noch viel mehr drin, aber nicht nur bei der Rundenzeit, sondern auch bei den ganzen Abläufen. Es muss alles noch flüssiger laufen und ich muss mich wohler fühlen."

Formel 1 2019: Der große Saisonausblick: (35:58 Min.)

Herausforderung Melbourne: Albon zeigt Respekt vor dem Albert Park Circuit

Der Albert Park Circuit, seit 1996 bis auf wenige Ausnahmen der Eröffnungsort der Formel 1, ist für Rookies ein gefährliches Pflaster. Der knifflige und Albon völlig unbekannte Straßenkurs verzeiht keine Fehler. Der Thailänder weiß, dass er sein in Barcelona getanktes Selbstvertrauen für diese Herausforderung etwas zügeln muss:

"Die Highspeed-Passagen sind echt schwierig. Für die Kurven elf und zwölf werde ich wohl etwas brauchen, um mich daran zu gewöhnen. Barcelona ist natürlich ein relativ einfacher Kurs. Dort gibt es viel Auslaufzone, mit der man experimentieren kann. Hier ist es staubig, wellig und auf beiden Seiten sind Mauern. Da wird es länger dauern, sich einzugewöhnen und das Selbstvertrauen aufzubauen."

Mit dem gleichen mentalen Ansatz wie bei den Testfahrten soll es aber klappen. "Ich muss mich erst reinarbeiten. Natürlich will ich ein sauberes Wochenende. Ich will mich einfach nur darauf konzentrieren, Session für Session zu nehmen und aus jeder das Maximum herauszuholen, und es dann im Qualifying zusammenzubringen", sagt der Rookie.