Williams schlitterte in der Formel-1-Saison 2018 in ein Desaster. Nach 21 Rennen ging das Team mit gerade einmal sieben Punkten in die Winterpause. Ewigkeiten waren es bis zur Konkurrenz. In der WM-Tabelle, in dem Qualifyings, in den Rennen - nirgends wollte es bei Williams klappen.

Stammfahrer Lance Stroll und Sergey Sirotin sowie Testfahrer Robert Kubica vermeldeten über die ganze Saison hinweg die gleichen Symptome. Der Williams FW41 sei ein extrem instabiles Rennauto, fast unfahrbar. Laut Kubica fühlte es sich nicht schnell an - selbst wenn man voll ans Limit ging. Ein Notprogramm zur Saisonmitte zeigte keine Verbesserungen. Williams-Ingenieur Rob Smedley, der nach 2018 das Team verlässt, hinterließ seinen alten Kollegen einen letzten Rat: Sie sollen alles auf den Kopf stellen.

Smedley: Williams muss sich absolut alles anschauen

Smedley, der ehemalige Ferrari-Renningenieur von Felipe Massa, kam 2014 zu Williams, wo er den Posten Head of Vehicle Performance annahm. Nach dem Horror-Jahr ist er der letzte, nicht aber der erste große Name aus dem Williams-Lager, der sich verabschiedet. Während der Saison verließen bereits Chefdesigner Ed Wood und Aero-Designer Dirk de Beer das Team. Smedley war bei Williams für die Performance an den Rennwochenenden zuständig. Dabei übersah er die Abläufe der Mechaniker und dergleichen. Nach seinem Abgang will er sich zuerst einmal um seine Familie kümmern.

Technischer Direktor Paddy Lowe (links) und Rob Smedley (rechts) am Williams-Kommandostand, Foto: LAT Images
Technischer Direktor Paddy Lowe (links) und Rob Smedley (rechts) am Williams-Kommandostand, Foto: LAT Images

Den Untergang von 2018 kann Smedley auf kein bestimmtes Problem zurückführen. Bei seinem vorletzten Auftritt für Williams in Brasilien warnt er daher, sich bei der Problemlösung erneut zu verfahren: "Ich glaube, es wäre ein Fehler, sich auf einen Bereich zu werfen und zu sagen, der sei das einzige Problem - das ist nicht der Fall."

Die eine magische Stellschraube, mit der Williams die Wende herbeiführen kann, gäbe es nicht. So etwas gäbe es nie, sagt Smedley: "Ich glaube es geht wirklich um alle Bereiche. Du kannst nie aufhören, etwas zu lernen und dich zu verbessern.

Williams-Kollaps 2018 aus dem Nichts

2018 wollte sich Williams eigentlich weiterentwickeln. Nach den Regeländerungen von 2014 waren sie zwar oft schnell und an der Spitze des Mittelfeldes. Das hing allerdings sehr stark von der Strecke ab. Power-Strecken, Stop-und-Go-Strecken, da fühlte sich das Williams-Chassis mit dem Mercedes-Motor zu Hause. Auf anderen Strecken war das Team zwar nicht schlecht, musste sich aber meist nach hinten orientieren.

Einen derartigen Kollaps von Williams hatte nach 2017 aber niemand auf dem Zettel. Im ersten Jahr des neuen Aero-Reglements war nämlich noch WM-Platz fünf möglich. Mitsamt einem (allerdings glücklichen) Podium durch Lance Stroll in Baku. 2018 wurde es schließlich nur mehr Platz zehn in der Team-WM. Das ist die rote Laterne, und das schlechteste Endergebnis seit der Teamgründung im Jahr 1975.

Der FW41, das Auto für die Saison 2018, hätte ein abgerundetes Paket werden sollen. Von Rennen zu Rennen sollte Konstanz einkehren. Ex-Mercedes-Mann Paddy Lowe übernahm dafür Anfang 2017 den Posten des technischen Direktors. Doch das Aero-Paket für die Saison 2018 geriet zum kompletten Fiasko. Vom Vorsaison-Test weg fuhr sich das Auto katastrophal.

Williams-Rettungsversuche scheitern - Saison 2018 zum Vergessen

Die Saison startete schlecht, und Williams bekam die Kurve nicht mehr. Technik-Direktor Lowe versicherte in Barcelona zunächst, dass die Probleme erkannt worden waren: "Ich glaube, wir haben uns in ein paar kritischen Bereichen verfahren. Das verstehen wir jetzt." Er hoffe auf Korrektur, meinte Lowe da noch. Garantieren wollte er nichts. Ein Rettungs-Programm wurde gestartet, um das Auto bis zur Saisonmitte zumindest auf ein annehmbares Niveau zu bringen.

In Silverstone folgte der nächste Williams-Tiefpunkt, Foto: LAT Images
In Silverstone folgte der nächste Williams-Tiefpunkt, Foto: LAT Images

Upgrades brachten aber keine nennenswerten Verbesserung. Ein neuer Heckflügel in Silverstone sorgte gar für einen neuen Tiefpunkt. Beim Schließen des DRS kam es am Heck zu einem vollständigen Abtriebsverlust. Beim Anbremsen brach das Auto ohne Vorwarnung aus. Für die nächsten Rennen musste noch einmal umgebaut werden. Dann folgte schon die Sommerpause - und danach kam nicht mehr viel. Bis zu Abu Dhabi richtete sich Williams am Ende des Feldes ein.

Die Schwankungen der Vorjahre blieben 2018 ungelöst. Diesmal war das Maximum allerdings der Anschluss ans Mittelfeld. Der Normalfall war mehr als eine halbe Sekunde Rückstand auf den Einzug in Q2. Zwölf Mal blieben beide Fahrer in Q1 hängen. Im Rennen konnte Williams nur auf zwei Strecken aus eigener Kraft um die Punkte kämpfen. In Baku holte Stroll vier, in Monza zwei Punkte. Sirotkin schaffte in Monza seinen einzigen WM-Punkt.

Smedley macht Williams Hoffnung: Haben noch Talent

Rob Smedley rät seinen alten Williams-Kollegen daher zu einer großen Analyse: "Ich glaube, sie brauchen einen Rettungsplan, und der muss alle Bereiche angehen. Er muss technisch sein, aber es muss auch um die unterstützenden Strukturen des Geschäfts gehen."

Ein kompletter Umbau sei nicht notwendig - aber das Team muss sich von vorne bis hinten selbst hinterfragen, empfiehlt Smedley: "Es gibt Bereiche, die müssen modernisiert werden. Bereiche, die müssen verändert werden. Und es gibt Bereiche, die du als stark im Vergleich zu anderen Formel-1-Teams einschätzen solltest, die aber auf keinem anderen Weg unterstützt werden."

Die Arbeit an der Rennstrecke funktioniert bei Williams noch, Foto: Sutton
Die Arbeit an der Rennstrecke funktioniert bei Williams noch, Foto: Sutton

"Der Weg ist lang, sie sind ein talentierter Haufen, da gibt es ein paar sehr gute Techniker, ein paar gute Ingenieure und eine gutes Management", versucht Smedley seinem alten Team zum Abschied noch einmal Mut zuzusprechen. "Der Trick ist, dass sie sich jetzt zusammenraufen und sich in eine gemeinsame Richtung aufmachen."

Seine eigene Aufgabe - die Abläufe an den Rennwochenenden selbst zu verbessern - sieht Smedley als gelungen an: " Wir haben viel Wissenschaft reingebracht, bei der Nutzung der Reifen, bei der generellen Nutzung des Autos. Das Team kann praktisch mit jedem Auto umgehen, das sie bekommen, was die Renn-Operationen und die Mechaniker angeht. Hoffentlich ist das im besseren Zustand als davor." Mit Robert Kubica und Mercedes-Junior George Russell sollte für 2019 auch eine solide Fahrerpaarung vorhanden sein. Die Williams-Hoffnung lebt also noch.