Lewis Hamilton krönte sich in Mexiko zum alten und neuen Formel-1-Weltmeister. Zum bereits fünften Mal, zum vierten Mal mit Mercedes. Anlass genug, auch abseits des eingestellten WM-Rekords Juan Manuel Fangios zurückzublicken: Wo ist dieser Triumph rein sportlich im Vergleich zu den vorherigen einzuordnen?

Für Hamilton verdammt weit oben. "Ich habe fest daran geglaubt, dass wir diese WM gewinnen können, aber es war der härteste Kampf den wir gemeinsam als Team je hatten", sagt der Brite etwa in einer fast einstündigen Presskonferenz nach dem Rennen in Mexiko.

Hamilton: Auf dieses Jahr so stolz wie auf kein anderes

Doch es ist nicht nur verdammt weit oben, sondern ganz oben, wie Hamilton wenig später klar und deutlich darlegt. "Ich würde sagen, dass ich für mich, in meiner Erinnerung, auf dieses Jahr stolzer sein kann als auf alle anderen", sagt Hamilton. "Das ist auf jeden Fall der stolzeste Moment."

Warum? "Es war ein Jahr, in dem wir in der Mehrheit der Rennen nicht das schnellste Auto hatten. Und wir sind trotzdem mit mehr Siegen, mehr Poles daraus hervorgegangen als ich hoffen konnte", erklärt Hamilton. "Selbst an Wochenenden, an denen wir nicht das Paket hatten und hinten dran waren haben sind wir noch mit irgendetwas Gutem davongekommen."

Hamilton lobt Mercedes-Teamwork: War mein Schlüssel

Das klingt nach jeder Menge Glück. Doch wäre der Titel nur durch pures Glück entstanden, wäre es für Hamilton wohl kaum der Rede wert. Doch der Weltmeister hält das genaue Gegenteil für den Fall, berichtet ausführlich von seinem härtesten WM-Kampf überhaupt. Dank des Glaubens an den Titel innerhalb des ganzen Teams habe er sogar Siege einfahren können, die eigentlich nicht möglich schienen.

"Es wurde im Hintergrund so viel gearbeitet. Die Jungs waren jedes einfache Wochenende einfach klasse, mit unseren Stopps, Entscheidungen, Strategien und Setups. Das war der Schlüssel für mich", schwärmt Hamilton. Erst so habe er seinen eigenen Level noch einmal erhöhen können.

Hamilton: Bringe Auto in Bereiche wie kein anderer

"Ich kann das Auto in Bereiche bringen, in die es kein anderer bringen kann. Aber um das zu tun, muss das Auto genau richtig sein und das bedeutet unter dem Strich, dass du mit dem Team arbeiten musst, um das Große in diesem Team und damit auch die Größe in dir selbst zu entfesseln", schildert der Mercedes-Pilot.

Eine extrem reflektierte Einschätzung. Hamilton weiß ganz genau um seinen eigenen Löwenanteil an dem großen Erfolg. "Es hat schon einige besondere Runden, besondere Momente im Auto erfordert und ich konnte diese Momente die ganze Zeit immer wieder einfach abrufen. Einige dieser Erfahrungen im Auto waren echt pure Magie", schwärmt Hamilton noch weiter.

Hamilton: Ferrari war schneller, Mercedes besseres Team

Aber er weiß eben auch ganz genau, dass es ohne das Team nicht geht. Wenngleich selbst Teamchef Toto Wolff Hamilton ganz besonders heraushebt. "Er hat den Unterschied gemacht", lobt der Österreicher. Hamilton schätzt den Wert seines Teams, das er längst als seine Familie bezeichnet, jedoch ebenso hoch.

"Selbst hier in Mexiko war es ein hartes Rennen für uns. Ferrari war wieder schneller als wir. Ich denke es ist unbestreitbar, dass wir das Jahr über sehr, sehr nah zusammenlagen, was die Performance angeht und man kann sich immer noch fragen, ob wir das perfekte Paket hatten oder nicht. Aber als Team haben wir in jedem Fall besser gearbeitet als alle anderen", sagt Hamilton.

Hamilton: Ferrari hat Pace angezogen, musste meinen Level pushen

Nur dank dieser Basis habe er das umsetzen können, was er sich nach 2017 vorgenommen hatte. "Wir hatten vergangenes Jahr echt starke Rennen, aber ich wollte persönlich einfach die Latte höher legen, denn du musst erwarten, dass dein Gegner jedes Jahr dasselbe macht", so Hamilton.

"Und Ferrari hat mit der Pace dieses Jahr wirklich richtig angezogen, wir waren die meiste Zeit immer leicht hinter ihnen zurück. Auch wenn es nur eine oder zwei Zehntel waren musste ich immer etwas versuchen und etwas Besonderes anstellen, ganz tief zu einem neuen Level schürfen, um auch zu gewinnen wenn wir nicht die Schnellsten waren."

Toto Wolff: Der beste WM-Titel?

Dieser Punkt ist es auch, der Toto Wolff den WM-Titel 2018 ebenfalls weit oben einordnen lässt. Anders als Hamilton selbst will er diesen jedoch nicht als da Nonplusultra ausrufen. "Sie waren alle sehr unterschiedlich und man vergisst immer schnell, was vorher war", erklärt Wolff. Beispiel 2017. "Als da das Reglement geändert wurde, hat das uns motiviert, als erstes Team direkt wieder zu gewinnen. Das haben wir geschafft", erinnert Wolff.

"Aber dieses Jahr war es einfach das ganze Jahr ein einziger Fight. Diese WM war aber auf jeden Fall eine Nummer für Fortgeschrittene so oft wie es hin und her gegangen ist. Deshalb kann man es jetzt umso mehr genießen." Zumal enger sportlicher Wettkampf genau das sei, warum man als Racer überhaupt antrete.

Wolff: Siege nach Rückschlägen umso süßer

"Das ist einer der wichtigsten Gründe, warum wir in der Formel 1 sind. Wir genießen den Wettbewerb und ich persönlich genieße es auch, nicht immer sicher zu sein, ob es gut genug ist, was wir hier tun. Und die Rückschläge machen die süßen Tage sowieso nur noch süßer", sagt Wolff.

Ähnlich schwer tut sich mit der Einordnung des fünften Hamilton-Titels Ross Brawn. Der Brite, Managing Director bei F1-Eigner Liberty Media, äußert sich nach jedem Formel-1-Rennen offiziell zu den wichtigsten Themen des Wochenendes. In diesem Fall ist das zuvorderst natürlich Hamilton.

Ross Brawn: Hamiltons vielleicht härtester Titel

Zumindest eine Tendenz hat das ehemalige Superhirn von Michael Schumacher bei Ferrari jedoch: "Es ist immer schwierig, Vergleiche zu ziehen. Aber das war vielleicht der am härtesten gewonnene aller seiner Titel", meint Brawn. "Es stimmt, dass der erste 2008 erst kam als sein Gegner Felipe Massa schon ein paar Sekunden dachte, es in der Tasche zu haben, aber in diesem Jahr war Hamiltons Auto immer besser oder zumindest ebenbürtig mit dem Ferrari", erklärt Brawn.

"Dieses Jahr aber hatte Mercedes einen gewaltigen Gegner, wieder von einem Ferrari, der dieses Jahr aber für gewöhnlich konkurrenzfähiger war, wie auch in Mexiko jetzt wieder der Fall gewesen ist", resümiert Brawn mit derselben Begründung, die auch der alte und neue Weltmeister vorgetragen hatte.