Renault kristallisierte sich in den Trainings der Formel 1 in Mexiko neben Red Bull als die große Überraschung hinaus. Urplötzlich fanden sich Carlos Sainz und Nico Hülkenberg am Freitag vor der Konkurrenz von Ferrari und Mercedes wieder. Bei den Franzosen scheint dieses Wochenende die ganz große Sensation in der Luft zu liegen. Die Piloten sehen das Ganze hingegen etwas pragmatischer.

"Ich weiß nicht was mit ihnen heute los war, aber ich bezweifle, dass wir diese Jungs schlagen können", sagt Hülkenberg, der zwar in beiden Sessions hinter dem Teamkollegen landete, aber genauso wie Sainz auf Augenhöhe mit Hamilton, Vettel & Co. war. Am Nachmittag fehlten ihm lediglich neun Hundertstel auf den Landsmann im Ferrari. Den Weltmeister im Mercedes ließ er sogar um eine halbe Zehntel hinter sich.

Sainz beendete beide Trainings als Dritter hinter dem Red-Bull-Duo. "Platz drei war ehrlich gesagt für alle ein bisschen eine Überraschung", so der Spanier. Angesichts des Rückstandes von knapp über einer Sekunde auf Red Bull ist für die Renault-Piloten was den Abstand zur Spitze angeht allerdings alles beim Alten.

Renault nicht schneller, Mercedes und Ferrari nur langsamer

Etwas, das auch die bei den Fahrern ausbleibende Euphorie erklärt. "Ich höre mich vielleicht pessimistisch an, aber normalerweise sind Mercedes und Ferrari zwei Sekunden schneller als wir", so Sainz. "Und wenn sie die Probleme finden, sollten sie normalerweise wieder vor uns sein."

Der Spanier will die Probleme bei den Top-Teams auch aus nächster Nähe selbst beobachtet haben. "Sie haben auf den Longruns auch gekämpft. Ich war hinter ihnen und sie sahen nicht komfortabel aus", sagt er. "Es ist wirklich seltsam, wie sie vom einen Wochenende aufs andere innerhalb von vier Tagen, Sekunden schneller als wir zu sein, auf einmal auf unser Level kommen."

Sebastian Vettel geht wie die Renault-Piloten davon aus, dass sein Ferrari am Ende vorne stehen wird. "Diese Strecke ist am wenigsten powersensitiv. Ich denke aber, dass es ziemlich zu erwarten war, dass Red Bull stark sein würde. Ich denke außerdem, dass ich keine saubere Runde hatte. Wir sollten schon vor den Renault sein", so der viermalige Weltmeister.

Renault will aber nichts unversucht lassen, wie Sainz sagt: "Wir werden kämpfen und tiefer graben. Wenn wir noch zwei oder drei Zehntel aus dem Auto herausholen können, machen wir es damit für sie vielleicht noch schwerer." Mit der zweiten Startreihe rechnet er aber nicht: "Es wäre naiv zu glauben, dass wir im Qualifying Dritter werden."

Formel-1-Runde in Mexiko: Hot Lap mit McLaren-Star Lando Norris: (04:22 Min.)

Renault zufrieden: Mexiko passt dem R.S.18

An Renaults Rolle als erste Kraft im Mittelfeld ändern die Relativierungen von Hülkenberg und Sainz allerdings nichts. Dass dem R.S.18 die Höhenluft in Mexiko gut bekommt, war nicht zu übersehen. Während der Großteil des Feldes mit den Reifen kämpfte, lief der Renault wie ein Uhrwerk. Sainz hatte dafür im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com eine Erklärung parat.

"Der Hypersoft funktionierte bei uns auf einer Runde sehr gut. Das hat uns wahrscheinlich die Stabilität gegeben, die wir mit diesem Auto normalerweise nicht haben, und auch den mechanischen Grip, der uns normalerweise fehlt. So sind wir auf einer Runde schnell gewesen", sagt der 24-Jährige.

Auch Hülkenberg war mit der Performance zufrieden. "Es hat heute Morgen von Anfang an sehr gut gepasst, das Auto und die Strecke", so der Emmericher, der das niedrige Griplevel des Autodromo Hermanos Rodriguez natürlich trotzdem spürte: "Es fühlt sich im Auto nicht wirklich fantastisch an, aber das ist alles relativ. Wenn man auf die Zeiten guckt, sahen wir heute ganz ordentlich aus."

Renault hat Konkurrenz auf dem Schirm: Toro Rosso und Force India sind dran

Gleichzeitig ist Renault nicht verborgen geblieben, dass das am Ende vielleicht nicht reichen könnte, um hinter den drei Top-Teams das Mittelfeld zu dominieren. Denn die direkten Konkurrenten waren ebenfalls nicht weit entfernt. "Toro Rosso und Force India waren nur ein Zehntel hinter uns", mahnt Sainz. "Das ist auf dieser Rennstrecke gar nichts."

Als vierte Kraft sind die Ambitionen allerdings klar. "Im Qualifying willst du natürlich Track Position erreichen. Du willst Siebter und Achter sein", so Sainz. Eine Zielsetzung, die für Renault zum Problem werden könnte. Die angepeilten Positionen erreicht man im Mittelfeld nur mit Hypersoft und müsste demzufolge mit einem Reifen starten, der im Rennen nicht sonderlich lange überlebt. Die Konkurrenz hätte auf Ultrasoft hingegen einen Vorteil.

Renault mit Qualifying-Sorgen: Q2-Aus in Mexiko möglich

"In Sotschi haben wir alles gegeben und waren Elfter und Zwölfter. Da war es das nicht wert, ins Q3 zu kommen. Hier könnte es das schon wert sein, dafür aber vielleicht nicht der Fall", grübelt Sainz. Auch Hülkenberg weiß, dass Renault auf dem Weg zu einem weiteren Sieg im Mittelfeld mit dem Training noch keine Hürde genommen hat.

"Du musst es dir immer verdienen, es fliegt dir nicht einfach zu. Du brauchst immer noch sechs gute Runden im Qualifying, einen guten Start und ein gutes Rennen. Das war erst der Freitag, wir müssen das noch zwei weitere Tage so machen und weiter arbeiten", sagt der 31-Jährige.