Für Sebastian Vettel und Ferrari ist der Mexiko GP in Sachen WM-Chancen ein Himmelfahrtskommando. Beide WM-Titel können am Wochenende bereits an Lewis Hamilton und Mercedes fallen. Vettel muss gewinnen - schon rein rechnerisch. Doch im Training am Freitag sah es alles andere als danach aus. Ferrari war längst nicht erste Kraft.

Immerhin: Das war auch nicht Mercedes. Sondern ganz klar Red Bull. In beiden Sessions glänzten die Bullen mit überlegenen Bestzeiten im Autodromo Hermanos Rodriguez, Vettel musste sich im zweiten Training mit einer stolzen Sekunde Rückstand dahinter einsortieren, in der ersten Session waren es auf grüner Strecke sogar unfassbar zwei Sekunden gewesen.

Ferrari in Mexiko erst nur im Test-Modus

Für Vettel ein Problem. Stellt sich Red Bull auch am Samstag und Sonntag als derart unüberwindbare Hürde heraus, ist die WM futsch. Dann kann Lewis Hamilton treiben, was er will. Doch Vettel schlägt deshalb nicht Alarm. Sorgen mache er sich nicht. "Ich glaube, dass wir alle in einer ungefähr ähnlichen Position sind", sagt Vettel. "Aber morgen wird es mit Sicherheit der Schlüssel sein, das Reifenfenster zu öffnen und die Reifen dorthin zuführen. Denn dort verbirgt sich die Rundenzeit."

Das Rezept zum Erfolg ist also klar. Nur, dass Red Bull es schon am Freitag fand, sich auf Anhieb leichter tat. Das galt für niemand anderen, allenfalls noch die sensationell guten Renault. Aber: Ferrari versuchte es zumindest im ersten Training nicht einmal. Stattdessen konzentrierte sich die Scuderia mehr darauf, verschiedene Pakete zu vergleichen, fuhr mehr einen Test als ein Training, um dem jüngst verstoßenen neuen Unterboden noch einmal eine Chance zu geben. Das erklärt zumindest die in FP1 massiven Rückstände der Roten.

Sebastian Vettel: Ferrari weiter mit altem Paket

Das Ergebnis: "Man sieht den Unterschied zwischen altem und neuem Paket und wir haben uns für das alte Paket entschieden", berichtet Vettel. "Dann haben wir uns im zweiten Freien Training mehr auf den Rest des Wochenendes konzentriert." Für den wünscht sich Vettel jetzt vor allem Eines: "Grip. Ich wär' echt happy, wenn ich mehr Grip hätte", sagt Vettel über die wilde Rutschpartie in Mexiko.

Formel 1 2018: Brennpunkte vor dem Mexiko GP: (07:02 Min.)

Durch die extreme Höhenlage von 2.200 Metern über dem Meeresspiegel ist dort die Luft sehr dünn, sodass kaum Abtrieb generiert wird. Deshalb fahren die Teams Monaco-Flügel, obwohl das Streckenlayout aussieht als erfordere es eher Spa-Spezifikation. Eine weitere Folge: Leistung zählt weit weniger. Der Verbrenner verliert an Power, der Turbo muss kompensieren. Vollständig geht das jedoch nicht. Entsprechend weiter vorne als übliche fuhren Renault-befeuerte Boliden.

Vettel scherzt: Vor Renault sollte Ferrari schon sein!

"Deshalb denke ich, dass es schon so ziemlich zu erwarten war, dass Red Bull stark sein würde", sagt Vettel. "Ich denke außerdem, dass ich keine saubere Runde hatte. Wir sollten schon vor den Renault sein!", scherzt der Ferrari-Pilot, im zweiten Training tatsächlich exakt eine Tausendstelsekunde hinter einem der Gelben (Sainz).

Der Stärke Red Bulls bewusst ist sich Vettel also voll und ganz. Hoffnung ziehen kann Vettel aber zumindest aus den offenbar noch größeren Problemen bei Mercedes. "Klar", sagt er über eine daraus entstehenden Gelegenheit. "Aber jeder ist hier am Limit mit den Reifen und sie zum Arbeiten zu bekommen, damit es weniger rutscht. Mit Ausnahme der Red Bull vielleicht", mahnt Vettel gleich wieder vor dem mehr als nur potentiellen Spielverderber. "Die scheinen sehr stark, haben die wenigsten Probleme mit den Reifen."

Vettel fürchtet Red-Bull: Powervorteil im Quali Nebensache

Mit seinem Longrun zeigte sich Vettel unter dem Strich dennoch zufriedener als auf eine schnelle Runde. "Da kämpfen wir ziemlich damit, die Balance richtig hinzubekommen und alles aus den Reifen zu quetschen", so Vettel über die Pace für da Qualifying. Da helfe es auch nichts, wenn man auch in Mexiko zumindest dort noch einen kleinen Powervorteil haben sollte.

"Die Reifen werden der Schlüssel sein. Wenn du drei, vier km/h mehr hast auf der Geraden, wird es nicht entscheidend sein. Es wird viel wichtiger sein, die Reifen ins Fenster zu bekommen. Denn dann holst die hier jede Menge Rundenzeit. Zwei, drei, vier Zehntel", weiß Vettel.