Die größte Rettungsaktion der vergangenen Jahre in der Formel 1 - die geglückte kontrollierte Insolvenz Force Indias im Sommer diesen Jahres - wirft noch immer einige offene Fragen auf. Vor allem um zwei Themen geht es dabei noch. Um eines mehr, um ein anderes etwas weniger.

In letzterem Fall geht es darum, inwiefern im Bewerberverfahren bei der Übernahme des Rennstalls alles mit rechten Dingen zuging. Das hinterfragt die dem Konsortium um Milliardär Lawrence Stroll unterlegene Partei Uralkali um Dmitry Mazepin. Zuletzt schuf die mit der Insolvenz beauftragte Kanzlei hier allerdings durch transparente Offenlegung des Prozesses weitgehend Klarheit. Seitdem herrscht zumindest in dieser Causa Ruhe.

Formel-1-Preisgeld für neues Force India legitim?

Alles andere als geklärt bleibt unterdessen die große Preisgeldfrage. Zwar wurden Force India - jetzt streng genommen Racing Point Force India - alle WM-Punkte, die das Team unter seiner alten Rennlizenz (also bis zum Ungarn GP) erzielt hatte, gestrichen, um so die übrigen Teams zu besänftigen. Immerhin geht Force India so eine gewaltige Millionensumme an TV-Preisgelder für die nun schlechtere Platzierung in der Konstrukteurswertung verloren.

Doch soll es im Kontrast dazu bei der Auszahlung des grundlegenden Preisgelds für jede Saison, einem Sockelbetrag also, an den jetzt unter neuer Lizenz antretenden Rennstall bleiben. Zumindest wenn es ohnehin nach Racing Point Force India, aber auch FIA und Formel-1-Chefetage selbst geht. Doch ist dafür die Zustimmung aller anderen Rennställe - und zwar einstimmig - erforderlich. Denn: Eigentlich erhält ein Neueinsteiger in die Formel 1 in seinen beiden ersten Jahren dieses Geld eben nicht, muss sich erst etablieren und seine Sporen auch verdienen.

Nur Haas F1 pocht auf Einhaltung der Regeln

Und genau hier schießt bereits seit Wochen exakt ein Team quer: Haas F1. Die US-Amerikaner sehen Racing Point Force India streng formal als Neueinsteiger - auch wenn das Team an sich fast 1:1 dasselbe ist wie vor der Übernahme, mitunter auch auf dasselbe Motorenkontingent zurückgreifen muss wie zuvor. Doch gibt es eben diese neue Startlizenz. Schon im Rahmen des Belgien GP - als Racing Point Force India formal als neue Starter fixiert wurde, erst damit überhaupt wieder starten durfte - trafen sich die Teams deshalb mit Chase Carey und Co.

Die meisten hielten daraufhin die Füße still. Doch nicht Haas. Weil nur Haas ein Problem damit hat? Teamchef Günther Steiner zweifelt. "Ich weiß nicht. Ich spreche mit den anderen nicht darüber. Aber ich würde sagen, dass die anderen sich da auf uns verlassen!", sagt Steiner in Austin zu Motorsport-Magazin.com.

Haas-Teamchef Steiner: Andere Teams vertrauen da wohl auf uns

Bis heute zeigt sich Haas also alles andere als überzeugt, Force India das Preisgeld zuzugestehen. Steiner sprach deshalb zuletzt beim Japan GP noch einmal bei Chase Carey höchstpersönlich vor. "Neuigkeiten gibt es aber nicht, es ist noch derselbe Status Quo wie seit Spa", berichtet der Tiroler jetzt ein Rennwochenende später in Austin.

"Ich habe da gerade auch keine Erwartungen. Das drängt ja gerade nicht, die Sache kann ruhig warten. Es geht mir gerade mehr darum, dass wir den vierten Platz in der WM erzielen. Dann schauen wir, wie wir dort weiterverfahren." Das heißt jedoch auch: Ruhen lassen wird Haas die Causa Preisgeld nicht. Doch warum ist Haas das Thema überhaupt derart wichtig?

Preisgeld-Streit: Darum stellt ausgerechnet Haas sich quer

Weil Haas selbst erst in den vergangenen beiden Jahren seinerseits als Neueinsteiger auf das besagte Antrittsgeld verzichten mussten. "Ich habe in Japan mit Chase gesprochen und ihm erklärt, was wir bei unserem Formel-1-Einstieg alles machen mussten, welche Opfer wir bringen mussten", erklärt Steiner. "Aber zu einem Ergebnis sind wir dabei nicht gekommen."

Vielmehr sei es ihm ohnehin darum gegangen, überhaupt Verständnis für die Haas-Position zu schaffen. "Es war ein sehr gutes Gespräch", sagt Steiner deshalb auch ohne Resultat. "Ich habe ihm genau erklären können, was wir damals tun mussten. Denn er war damals ja noch nicht selbst da", erinnert Steiner an den damals noch anderen Formel-1-Regenten Bernie Ecclestone.

"Deshalb habe ich versucht, ihm unseren Standpunkt zu erklären und warum wir glauben, im Recht zu sein. Es ging gar nicht darum, ihn um irgendetwas zu bitten. Es ging nicht um betteln. Das kommt erst noch", scherzt Steiner.