Für Daniel Ricciardo endet mit der Formel-1-Saison 2018 eine fünfjährige gemeinsame Geschichte mit Red Bull Racing. 2019 wechselt der F1-Star aus Australien nach bis dato sieben Siegen mit Red Bull zum Werksteam Renault. Das teilten alle Parteien zum Start der Sommerpause überraschend mit. Zuvor hatten die Zeichen und Aussagen eigentlich zunehmend auf eine Verlängerung bei den Bullen hingedeutet.

Ricciardo selbst sprach davon, nach diesen fünf Jahren nun schlicht eine neue Herausforderung zu suchen. Doch ist das wirklich das Leitmotiv hinter dem Wechsel des 'Honigdachses'? Red-Bull-Teamchef Christian Horner bezweifelt das. Der Brite tippt auf einen anderen Faktor. Horner hält Max Verstappen für den springenden Punkt.

Horner: Ricciardo fürchtete Rolle als Verstappen-Helfer

Im neuen offiziellen F1-Podcast 'Beyond The Grid' spricht er damit explizit aus, was ohnehin der eine oder andere im Fahrerlager vermutet: Ricciardo flieht vor einem immer mehr aufkommenden Shootingstar, einem gewaltigen Gegner im eigenen Stall. "Ich denke, es kam so, weil er - um seine Worte zu verwenden - eine neue Herausforderung wollte. Aber ich denke auch, dass er Max wachsen und wachsen gesehen hat. In Sachen Speed und Stärke. Und er wollte einfach keine Helferrolle spielen", sagt Horner.

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"Der Wettbewerb zwischen ihm und Max ist intensiv. Ich denke, Daniel hat einfach entschieden, dass das Timing für ihn richtig ist, auszuchecken und etwas anderes zu versuchen." Doch habe Ricciardo zumindest in Sachen Behandlung durch das Team keinen Nachteil fürchten müssen. "Es ist nicht so, dass sie auch nur irgendwie anders behandelt werden", stellt Horner klar, widerspricht dem durchaus verbreiteten Bild, Verstappen sei derjenige, der bei Red Bull den Star darstellen soll.

Horner versteht Ricciardo nicht: Red-Bull-Fahrer immer gleichberechtigt

So sagte etwa F1-Weltmeister und TV-Experte Jacques Villeneuve jüngst dem 'Le Journal de Montreal': "Red Bull ist Max Verstappens Team. In dem Sinn, dass sich alle Aufmerksamkeit auf ihn richtet." Deshalb zeigt sich Villeneuve als einer der wenigen nicht überrascht von Ricciardos Wechsel zu Renault. "Ich habe schon seit einem Monat davon gesprochen, aber keine hat mir geglaubt. Jeder dachte, er würde bei Red Bull bleiben. Aber es ist toll, dass er zu Renault geht. Es ist ein Werksteam mit großen Ressourcen."

Horner sieht es anders. Beides. Zum ersten Aspekt meint er, auch in Zukunft hätte Red Bull Racing Daniel Ricciardo absolut ident behandelt wie Max Verstappen. "So haben sie es immer erfahren, aber irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass das trotzdem ein großer Teil von Daniels Entscheidungsfindung war", sagt der Teamchef.

Ricciardos Aussichten bei Renault? Horner sieht großes Risiko

Zum zweiten Aspekt - den Aussichten bei Renault: "Ich hätte es verstehen können, wenn es Ferrari oder Mercedes gewesen wäre, aber zu diesem Zeitpunkt seiner Karriere ist das ein gewaltiges Risiko. Wenn du dir die rationalen Gründe ansiehst, dann ist es schwer zu verstehen, aber Daniel hatte offenbar seine Gründe ..."

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Entsprechend fiel der Red-Bull-Racing-Anführer förmlich aus den Wolken, als Ricciardo ihm seine Entscheidung offenbarte - nur einen Tag bevor dann alles offiziell verkündet wurde. Horner hielt es für einen Witz: "Ich dachte, er führt mich an der Nase herum, um ehrlich zu sein, als er mich anrief und sagte, er gehe zu Renault. Ich sagte 'Ziehst du mich vor der Sommerpause auf'? Aber dann wurde es ziemlich offensichtloch, dass es seine Wahl war und das musst du respektieren."

Horner hielt Ricciardo-Entscheidung für Scherz

Für völlig daneben hält Horner den Wechsel dann immerhin auch nicht. "Renault ist ein wachsendes Team, sie stecken jede Menge Ressourcen da hinein. Vielleicht ist es ja eine geniale Wahl. Aber es könnte eben auch eine sein, die er bereuen wird", so Horner. Auch ein wenig - ein ganz klein wenig - habe er dann übrigens doch mit einem Abschied gerechnet. Wirklich klar bekannt habe sich Ricciardo jüngst nicht mehr zu Red Bull, erinnert sich der Teamchef:

"Ich muss zugeben, dass es ein wenig so war, als wolltest du ein Mädel, das ziemlich zurückhaltend ist, überzeugen, mit dir auszugehen. So fühlt es sich an. Daniel hatte Gespräche mit Dietrich (Mateschitz, Besitzer des Red-Bull-Konzerns, Anm. d. Red.), mit mir selbst, mit Helmut (Marko, Red Bulls Motorsportberater, Anm. d. Red.) und wir haben uns verbogen, damit es klappt, aber wenn dein Herz nicht wirklich dabei ist ... So fühlte es sich einfach an."

Horner: Es ging nicht um Geld, Status & Dauer

Deshalb hätten am Ende 'harte' Faktoren auch keine Rolle gespielt: "Am Ende des Tages haben wir Daniel alles gegeben, was er wollte, und es war ihm immer noch nicht genug, um zu sagen: 'Ich möchte bei Red Bull weitermachen.' Es ging also nicht um Geld, es ging auch nicht um Status, um Position oder Verpflichtung oder Dauer, ich denke, er hatte das Gefühl, dass er in dieser Phase seiner Karriere einfach etwas anderes braucht."