Wie geht es Niki Lauda? Nach der Lungentransplantation des Österreichers am vergangenen Donnerstag, den 2.8. 2018 im Wiener Allgemeinen Krankenhaus (AKH Wien), ist es diese Frage, die die Formel-1-Welt während der Sommerpause am meisten in Atem hält. Dagegen rückt selbst die Silly Season auf dem Fahrermarkt in den Hintergrund.

Das zuständige Krankenhaus bemüht sich, alle unter den Bedingungen der Privatsphäre möglichen Nachrichten zu liefern, um dem großen öffentlichen Interesse zu begegnen. Dafür gab es bis dato diverse schriftliche Stellungnahmen, zunächst in der Frühphase zur Klarstellung erster Medienberichte, zuletzt am Montag, mit ersten Details zur Laudas Zustand nach seiner Lungen-OP.

Zwei Tage später, am heutigen Mittwoch, stellten sich nun gleich sieben Mediziner des AKH in einer groß anberaumten Pressekonferenz den Fragen der Medien und lieferten weitere Erklärungen zum Ablauf, zu ihrer Prognose für Niki Laudas Zukunft und zu den auch hier und da laut werdenden Kritiken, Lauda habe von einem Promi-Bonus profitiert, die Lunge nur so - und so schnell - erhalten. Motorsport-Magazin.com hat die wichtigsten Aussagen zusammengefasst.

Wie geht es Niki Lauda aktuell?

Den Umständen entsprechend gut. Wie bereits am Montag kommuniziert sei Lauda wach, bei vollem Bewusstsein, bereits mobilisiert, also nicht mehr bettlägerig und könne selbstständig atmen. "Wir freuen uns sehr, dass alles sehr stabil ist. Wir sind genau im Ziel. Es ist nicht besser, nicht schlechter. Eigentlich perfekt also", sagt Christian Hengstenberg, Leiter der Kardiologie am AKH Wien.

Selbstverständlich sei das - trotz aller Routine des Krankenhauses, wie man mehrfach betont - nicht. "Es fühlt sich an, als wäre man von einem Panzer überfahren worden", sagt Hengstenberg über den Eingriff. "Wir freuen uns, dass der Patient das hervorragend überstanden hat und schon nach 24 Stunden extubiert, also der Schlauch entfernt werden konnte und er sofort selbstständig atmen konnte. Das ist für den weiteren Heilungsverlauf wichtig. Ein sehr erfreulicher Verlauf also." Weitere Details seien durch das Persönlichkeitsrecht geschützt.

Profitierte Niki Lauda von einem Promi-Bonus?

Wenig überraschend wehren sich die Mediziner vehement gegen derartige Vorwürfe. Es habe schnell gehen müssen. Ohne eine Lugentransplantation hätte Niki Lauda nur wenige Tage bis Wochen überlebt, heißt es. Auch deshalb habe er so schnell ein passendes Transplantat bekommen. "Er hatte einen hohen Score von über 95 Prozent, weil es so dringlich war. Deshalb war davon auszugehen, dass er innerhalb von wenigen Tagen ein passendes Organ bekommt", ergänzt Thoraxchirurg Konrad Hötzenecker, der den Eingriff bei Lauda vornahm, dass die F1-Legende zudem über eine positive Prognose für eine erfolgreiche Operation verfügte.

"Die Blutgruppe muss passen. Außerdem kann man zum Beispiel einem Kind nicht die Lunge eines 1,80 Meter großen Mannes implantieren. Das geht technisch nicht. Dann müssen auch die Werte der Lunge ausreichen, damit sie akzeptiert wird", führt der Mediziner einige dieser Faktoren aus.

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Doch spielte offenbar noch ein ganz anderer eine große Rolle, der direkt mit Laudas Bekanntheit zusammenhängt. Das sei allerdings nicht der Promi-Bonus, winkt Walter Klepetko, Leiter der Thoraxchirurgie am AKH Wien und ebenfalls Lauda-Operateur, ab."Die Einstellung und Vitalität des Patienten ist ganz entscheidend, ob man einen großen Eingriff vornehmen kann. Es geht darum, wie vital der Patient insgesamt ist und wie seine psychische Einstellung ist, wie aktiv er ist."

Weiter: "Das ist ganz entscheidend, auch dafür, den Patienten nach dem Eingriff aus dem Bett zu bekommen, zu mobilisieren. Wenn Sie einen Patient haben, der sich fallen lässt, können sie als Betreuer machen, was sie wollen. Wenn der Patient nicht den Einsatz zeigt, haben sie keine Chance. Und dass der Herr Lauda ein international bekannter Kämpfer ist, darüber brauchen wir gar nicht diskutieren. Darum geht es bei der Frage, warum er die Transplantation bekommen hat. Nicht, weil er prominent ist!"

Das bereits hohe Alter des 69-jährigen Lauda sei ebenfalls kein Argument gegen eine Transplantation gewesen. "Das biologische Alter ist über das normale Alter zu stellen", sagt Klepetko. "Wir haben viele Patienten, die jung sind, aber ausgebrannt. Dann ist es nicht sinnvoll, zu transplantieren. Wenn sie aber einen älteren haben, der vital ist, dann kann man durchaus sinnvoll transplantieren. Es kann immer Komplikationen geben, aber es gibt selbst Kombinationen wie Leber-Lunge-Transplantationen. Der Lauda ist hier also keine Einzelperson.

Genauso wenig würden unter dem großen - auch medialen - Aufwand rund um Lauda keine anderen Patienten leiden. "Sicher geht hier in die ganze Sache viel Zeit rein", so Klepetko während der Konferenz mit sieben Ärzten. "Der Betrieb im Haus läuft aber ganz normal weiter. Es ist keinem Patienten ein Nachteil daraus entstanden."

Wird Niki Lauda wieder leben können wie vor der OP?

Für die Fans des Österreichers die vielleicht wichtigste Frage: Sehen sie ihren Niki je wieder zurück wie sie ihn kennen? Und wenn ja: wann? Letzteres dürfte in jedem Fall noch dauern. Es hänge jetzt vom weiteren Verlauf ab, wie lange Lauda sich noch im Krankenhaus aufhalten müsse. Er werde sicherlich noch einige Zeit intensivmedizinische Pflege in Anspruch nehmen müssen und dann noch im normalen Stationsumfeld behandelt, so die Ärzte.

Doch seien Besuche bereits jetzt möglich. "Mit beschränktem Umfang. Infektionsschutz ist dabei natürlich nötig", erklärt Hengstenberg. "Für den Heilungsverlauf ist das auch sehr, sehr wichtig, dass der Patient die Unterstützung durch seine Familie spürt und von ihr begleitet wird."

Niki Laudas Leben danach könne sich jedoch durchaus so gestalten wie zuvor. Die Ärzte machen Mut. "Seine künftigen Aktivitäten sollten sich nicht wesentlich verändern, wenn alles gut geht. Aber garantieren kann man es nicht. Es sollte aber eine tolle Lebensqualität mit allen sportlichen Aktivitäten möglich sein. Lauda hat die Chance, in sein normales Leben zurückzukehren. Und die wollen wir ihm geben", sagt Klepetko.

Ob das dann nur mit den bereits kursierenden 50 Medikamenten möglich ist? "Ob jetzt genau 50, kann ich nicht sagen. Es sind viele. Aber die genaue Zahl spielt sowieso keine Rolle", winkt Hengstenberg ab. Viel wichtiger sei es zunächst, dass Laudas Körper nach Nieren auch Lunge akzeptiere. "Am häufigsten treten die Abstoßungsreaktionen im ersten halben bis ganzen Jahr auf. Die Gefahr besteht das ganze erste Jahr über. Die Lunge ist prinzipiell eher abstoßungsfreudig als die Niere. Sonst sehe ich keine größeren Probleme. Wir haben da seit 30 Jahren Erfahrung und werden das ohne Probleme hinbekommen", sagt Peter Jaksch, Thoraxchirurg am AKH.

War wirklich nur eine normale Sommergrippe der Auslöser?

Zunächst war im Fall Lauda von einer Erkältung gesprochen worden, als er plötzlich unerklärlich zwei F1-Rennen verpasste. Dann hieß es, er habe sich mit einer Sommergrippe selbst von Ibiza im Wiener AKH einquartiert. Doch ganz so war es offenbar nocht. "Lauda war zu keinem Zeitpunkt an einer normalen Sommergrippe erkrankt", stellt Marco Idzko, Lungenfacharzt des AKH Wien klar. Eine Entzündung habe zur Zerstörung des Lungengewebes geführt. "Im weiteren Verlauf trat bei Herrn Lauda leider eine akute, schwere Lungenerkankung auf. Nicht durch Parasiten, sondern weil das Immunsystem angegriffen war."

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Anfällig ist Lauda durch seine insgesamt zwei Nierentransplantationen in Folge seines Unfalls auf dem Nürburgring und entsprechende Medikation jedoch generell mehr, hat ein insgesamt schwächeres Immunsystem. Damals nahm jedoch auch die Lunge selbst Schaden durch giftige Dämpfe. Die aktuelle Erkrankung also eine Spätfolge? Idzko: "Diese Frage kommt da natürlich immer auf. Aber es gibt weder Beweise dafür noch dagegen. Die Frage kann man nicht beantworten."