1. - S wie Startaufstellung

Sebastian Vettel auf der Pole Position bei seinem Heimrennen in Hockenheim. Schöner könnte man sich die Startaufstellung für den Deutschland GP 2018 (heute live auf RTL, im ORF, SRF, Live-Stream F1 TV Pro und Live-Ticker von Motorsport-Magazin.com) kaum vorstellen. Oder doch: Denn mit Valtteri Bottas steht heute am Start des Formel-1-Rennens nicht der große Erzrivalen und WM-Gegner Lewis Hamilton neben dem Ferrari-Ass.

Der Mercedes-Pilot geht nur von P14 ins Rennen, nachdem er im Qualifying hart über einen Kerb geräubert war und ihn ein Hydraulik-Defekt Schachmatt gesetzt hatte. Ebenfalls eine Aufholjagd liefern muss Red Bulls Daniel Ricciardo. Der Australier startet sogar vom letzten Platz, hatte Motorteile wechseln müssen.

Aus der zweiten Startreihe nehmen den Deutschland GP Kimi Räikkönen und Max Verstappen in Angriff. Die erneut unfassbar starken Haas-Ferrari von Kevin Magnussen und Romain Grosjean beherrschen Reihe drei. Dahinter geht Nico Hülkenberg von Lieblingsplatz sieben in sein Heimrennen. Renault-Kollege Carlos Sainz, Charles Leclerc und Sergio Perez komplettieren die Top-10.

2. - S wie Start

Wie immer: Der Start gehört zu den rennentscheidendsten Szenen eines jeden Grands Prix. Auch in Hockenheim. Wobei beim Deutschland GP ein paar andere Maßstäbe gelten. Nur 190 Meter sind es bis Kurve eins, die nach dem Start allerdings ohnehin mit Vollgas geht. Erst in Kurve zwei wird zum ersten Mal gebremst.

Genau deshalb misst etwas der bekannt gute Starter Verstappen der Seite in der Startaufstellung weniger Bedeutung bei. "Ich starte innen, was nicht ideal ist. Du hast aber nachher noch Chancen - vor Kurve zwei und sechs bekommst du einen guten Windschatten", erklärt der Youngster. Doch auch direkt aus dem Grid sei es nicht unmöglich. "2016 habe ich das geschafft, aber du brauchst schon etwas Glück und musst am richtigen Ort sein", so Verstappen.

Genau an dem sollten dieses Mal auch dringend die Ferrari sein. Den nächsten Startunfall mit roter Beteiligung will eigentlich niemand sehen - außer dieses Mal vielleicht Lewis Hamilton, ist der vorne ja nicht mit von der Partie, nicht bedroht. Doch auch der andere Mercedes sollte nicht minder dringend am richtigen Ort sein - oder besser gesagt: schnell am richtigen Ort.

Immerhin zählten die Starts 2018 bis dato alles andere als zur Paradedisziplin der Silberpfeile. Beim Launch aus der Box hat ganz klar Ferrari die Hosen an. Doch Mercedes versuchte vor dem Deutschland GP in der endlich mal rennfreien Woche, nachzubessern.

"Wir haben an unseren Starts gearbeitet und gute Fortschritte erzielt", versichert Bottas. "Aber die Ferrari zeigen dieses Jahr echt richtig gute Starts. Wir werden erst morgen herausfinden, ob wir diese Lücke wirklich schließen konnten. Aber ich will diese eine Position unbedingt holen - und der Start könnte da die beste Gelegenheit sein", so Bottas, alles andere als an Verteidigung gegen Räikkönen, sondern Attacke auf Vettel interessiert.

3. - S wie Spekulatius-Strategie

"Die Boxenstopp-Strategie ist wegen der gemischten Bedingungen schwer vorherzusagen", so Pirelli mit Blick auf die erwarteten Renntaktiken der Teams im heutigen Rennen. Dass selbst der Reifenausrüster - der, der es also am besten wissen sollte - sagt eigentlich schon alles über die Prognosemöglichkeiten. Einziger wirklich konkreter Hinweis: Es wird ein Einstopp-Rennen erwartet, wohl in jedem Fall die schnellere Strategie.

Doch auch das zeugt schon von großer Ratlosigkeit, galt zu Beginn des Wochenendes noch ein ungewohntes Rennen mit mehr Stopps als wahrscheinlicher. Doch scheint mit Blick auf die Reifen am Start eigentlich auch wieder nicht so unwahrscheinlich. Entgegen aller Pirelli Prognosen starten die Top-10 nun doch geschlossen auf dem Ultrasoft, der weichsten Mischung.

Die Italiener hatte eigentlich erwartet, dass sich speziell die Top-Teams unbedingt auf Soft qualifizieren wollen und können - um eben am Start mehr Freiheit zu haben und den im Rennen vielleicht gefährlichen Ultrasoft zu meiden. Am Ende versuchte das jedoch sogar gerade einmal einer: Max Verstappen musste durch eine rote Flagge im Q2 dann aber doch auf Nummer sicher gehen, ultraweich fahren.

Doch wie gefährlich ist der Ultrasoft im Rennen heute überhaupt noch? Die Sorgen fußten immerhin auf der Blasenbildung im Training Freitag. Doch da war es unfassbar heiß. Das soll es heute nicht mehr werden (s. nächster Abschnitt). Entsprechend muss Soft/Medium - wie es alle Starter ab P11, also auch Daniel Ricciardo und Lewis Hamilton, antizyklisch wagen können - nicht unbedingt so viel sein.

4. - S wie Sommer-Comeback oder Sommerregen?

Nach unfassbarer Sommerhitze am Freitag in Hockenheim mit Temperaturen jenseits der 30 Grad Celsius Luft- und 50 Asphalttemperatur samt Blasenbildung auf den Reifen quer durchs ganze Feld, einer drastischen Abkühlung am Samstag samt Regen, kommt es im Rennen am Sonntag abermals ganz anders. Weder 20 noch 30 Grad, sondern eher 25 sind angesagt. Das macht den Teams das Antizipieren umso schwerer.

"Die Pace und das Verhalten der Reifen in den kühleren Temperaturen sind für alle Teams eine Unbekannte", sagt Mercedes-Chefingenieur Andrew Shovlin. "Die Bedingungen werden kühler sein, sodass es interessant wird, wie das das Kräfteverhältnis ändert", ergänzt Teamchef Toto Wolff mit Blick auf die Freitagslongruns. "Die Strecke war heute kühler, vielleicht waren wir auch deshalb schneller", mahnt unterdessen Vettel, nach dem extrem starken Qualifying Ferraris nun nicht blauäugig ins Renn en zu starten.

Gewappnet dafür fühlt sich Red Bull. "Im Longrun war es am Freitag in P2 gut, in der Hitze sah es für uns nicht schlecht aus", meint der Youngster, Fraglich eben nur, ob es wirklich wieder so heiß wird. Doch könnte Red Bull ja auch das genaue Gegenteil helfen: Regen. Gigantisch ist die Chance auf ein kühles Nass von oben nicht, mit 35 Prozent zum Rennstart aber durchaus noch gegeben.

5. - S wie schnelle Jäger

Ein ganz großer Faktor in Hockenheim werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Aufholjagden von Lewis Hamilton und Daniel Ricciardo. Der Brite muss sich nach seinem Hydraulikdefekt im Q1 von P14, der Australier nach einer Motorenstrafe gar vom letzten Platz durchs Feld mühen. Wobei es nach Mühe nur von einer Seite klingt.

"Alles was ich jetzt tun kann ist, die negative Energie beiseite zu lassen und morgen als neue Gelegenheit zu sehen, mich zu beweisen. Hockenheim ist aber schwieriger zum Überholen als Silverstone", meint Hamilton. Mercedes-Chefingenieur klingt ebenfalls nicht wirklich optimistisch. "Es ist mit diesen Autos nicht leicht zu überholen, hoffentlich öffnen uns ein paar strategische Gelegenheiten Chancen und bringen und zurück in die Punkte."

Nur Toto Wolff glaubt voll und ganz an seinen Weltmeister. "Es wird eine große Aufgabe für Lewis", sagt der Teamchef zwar. "Aber wir haben schon in Silverstone gesehen, wie gut er sich zurückkämpfen kann."

Eine ganz andere Stimmungslage herrscht dagegen beim zweiten Opfer. "Ich wusste schon vor dem Wochenende, dass es sehr wahrscheinlich sein würde, dass wir diese Strafe nehmen würden. Also konnte ich mich darauf einstellen und vorbereiten", erklärt Ricciardo selbst jedoch sofort den naheliegenden Grund für seine noch ganz gute Laune.

Damit nicht genug. Immerhin das Rennen werde jetzt sicher ein für ihn unterhaltsames. Ricciardo: "Ich freue mich jetzt darauf, durchs Feld zu pflügen. Ich würde lieber vorne Start, aber so wird es sicher jede Menge Spaß machen. Und auch Lewis startet ja von da hinten. Das wird bestimmt lustig mit uns beiden, darauf bin ich schon echt gespannt. Schauen wir mal, wer am schnellste an die Spitze kommt!

6. - S wie Seb-Fluch

Einen Heimsieg hat Sebastian Vettel bereits in seiner Erfolgsstatistik in der Formel 1 stehen. Den erzielte der Ferrari-Pilot allerdings auf dem Nürburgring, 2013, damals noch im Red Bull. Doch bei seinem wahren Heimrennen in Hockenheim - Vettel wuchs nur gut 30 Autominuten entfernt von der Rennstrecke auf - war dem Deutschen der ganz große Erfolg bis dato noch nicht vergönnt.

Formel 1 2018: Wie sieht Sebastian Vettels F1-Zukunft aus? (26:30 Min.)

Hält der Fluch auch 2018 an? Die Pole und Hamilton weit hinten in der Startaufstellung sprechen schon allein stark dagegen, aber auch das berüchtigte Vettel-Bauchgefühl. "Ich fühle mich dieses Jahr eigentlich ganz wohl hier. Die letzten Male war hier irgendwie immer aus irgendeinem Grund der Wurm drin. Bis jetzt läuft es aber ganz gut", so Vettel vor dem Deutschland GP.

7. - S wie Sieger

Für einen Vettel-Heimsieg spricht jedoch nicht nur das Bauchgefühl. "Im Rennen sind wir normalerweise schneller als im Qualifying", hofft Vettel trotz der Gala schon am Samstag auf den gewohnten Trend. "Aber die Strecke war heute kühler, vielleicht waren wir auch deshalb schneller", mahnt der Ferrari-Pilot jedoch. "Wir müssen sehen, wie das Wetter im Rennen wird, aber ich bin zuversichtlich für morgen."

Doch das ist auch die Konkurrenz. "Was die Rennpace angeht denke ich, dass wir an ihnen dran sein werden", gibt sich Bottas kämpferisch. "Es wird ein herausforderndes Rennen, denn wir haben im Training sehr eng zusammenliegende Longruns gesehen", ergänzt Teamchef Wolff mit einer absolut korrekten Einschätzung. Einzig auf dem Ultrasoft war Vettel etwas überlegen. Fraglich jedoch wie lang der im Rennen überhaupt hält, um davon groß zu zehren.

Und Red Bull? Sah auf Soft ziemlich stark aus. "Die Longruns am Freitag sahen ziemlich gut aus", erinnert Ricciardo. Der Australier weiß angesichts des letzten Startplatzes jedoch auch: "Platz sechs ist das realistische Minimum." Für Verstappen sieht die Sache allerdings ganz anders aus. Der startet von P4, voll im Geschehen also, und muss sich weniger Sorgen um irgendwelche Partymodes machen. ""Morgen sollte es wieder enger werden, da können Ferrari und Mercedes ihre Powermodi von heute ja nicht permanent nutzen", so Verstappen nach sechs Zehnteln Packung im Quali-Trimm.