Robert Kubica in einem Formel-1-Boliden zu sehen ist nach seinen zahlreichen Tests seit dem Frühjahr 2017 längst wieder ein vertrauter Anblick. Am Freitag in Barcelona war für den Polen aber trotzdem nicht 'business as usual' angesagt, als er im 1. Freien Training in seinen Williams stieg. Für Kubica war es der erste Auftritt an einem Rennwochenende seit seinem schweren Rallye-Unfall Anfang 2011.

"Ich hatte erwartet, emotionaler zu sein. Aber sobald der Motor angeschmissen wird und du die Garage verlässt, geht es darum deinen Job zu machen - und mein Job ist immer derselbe", so Kubica über sein kleines Comeback am Grand-Prix-Wochenende. Barcelona ist der erste von drei Austragungsorten, wo er im ersten Training den Boliden von Sergey Sirotkin übernehmen darf.

Bis auf einen kleinen Dreher in Kurve 13 blieb der 33-Jährige sauber. Der Schnitzer war ohnehin nicht der Rede wert, waren auf dem glatten Asphalt in Barcelona am Freitag doch auch einige der Stammpiloten auf Abwegen. Im Zeitentableau sprang für ihn am Ende der vorletzte Platz heraus. "Es war für uns eine schwierige Session mit einer schlechten Balance", lautet Kubicas Fazit. Williams 2018 mit der roten Laterne zu sehen ist beinahe schon ein gewohntes Bild.

Williams für Kubica schlechter als erwartet

Dass es so schlecht sein würde, hatte er jedoch nicht erwartet. "Manche von uns haben es erwartet, aber nicht, dass es so schlimm sein würde. Für mich war es ein bisschen ein Schock", erklärt er gegenüber Sky Sports UK ohne jegliche Umschweife. "Es war mir etwas peinlich, als ich im Auto saß und fuhr. Denn es war so schwierig und ich fühlte mich an einigen Stellen so langsam. Aber mehr ging nicht."

Kein gutes Urteil des Routiniers, auf den Williams bei der Weiterentwicklung des FW41 so sehr setzt, verfügt er doch über viel mehr Erfahrung als die Stammpiloten Sirotkin und Stroll. Letzteren ließ Kubica im FP1 über eine Sekunde hinter sich. Stroll bestätigte die Aussagen Kubicas zum Fahrverhalten. "Das Auto ist ziemlich langsam. Ich stimme ihm zu, das ist definitiv nicht die Balance, die ein Pilot spüren will", so der Kanadier.

Während Stroll nicht zum ersten Mal in dieser Saison eine Session als Letzter beendete, ordnete Kubica seine schwachen Rundenzeiten auf die eigene Art und Weise ein. "Ich muss nicht auf Rundenzeiten schauen. In meiner Position muss ich Feedback geben und kann keine Dummheiten machen", bleibt er angesichts seines dürftigen Abschneidens ganz entspannt.

Formel 1 2018: Brennpunkte vor dem Spanien GP: (06:18 Min.)

Kubica nach Trainings-Comeback: Ich kann viel schneller

Der üppige Vorsprung auf Lance Stroll war für ihn unter Berücksichtigung seiner Funktion im Team kaum der Rede wert. "Ich weiß um meinen Wert", gibt er sich souverän, erinnert aber sogleich daran, dass er ohnehin nicht voll im Saft steht: "Die Leute vergessen oft, dass Motorsport ein Sport ist. Alle Sportler trainieren so oft wie möglich."

Während Stroll und Sirotkin seit dem Auftakt Ende März vier Rennwochenenden abspulten, saß Kubica seit den Testfahrten vor über zwei Monaten auf dem Trockenen. "Ich weiß, dass für mich, wenn ich die Chance hätte das Auto wie ein Stammfahrer jede Woche zu fahren, mehr Raum für Verbesserungen wäre", lässt er durchklingen, dass der 19. Platz keinesfalls sein volles Potential wiederspiegelt.

"Am Ende ist es schwierig zu sagen, dass es viel Spaß gemacht hat, da unsere Balance sehr schlecht und das Auto sehr schwierig zu fahren war", so Kubica, der letztendlich nur mit seiner Performance zufrieden war: "Ich bin zufrieden mit der Session und damit, wie ich auf die schwierigen Bedingungen reagiert habe. Es klingt seltsam wenn ich sage, dass ich mit Platz 19 zufrieden bin, aber eigentlich bin ich das."

Kubica will mehr: Training ist nicht das Wahre

Nach dem 90-minütigen FP1 war Kubicas kurze Rückkehr in den Grand-Prix-Zirkus dann schon wieder Geschichte. Ein Umstand, der dem Polen nach wie vor nicht schmeckt. Seit seinem ersten Test in einem Formel-1-Auto für Renault im vergangenen Jahr hatte er viele Anstrengungen unternommen, um seinen Traum vom Comeback ins Renncockpit zu verwirklichen. Der Einsatz am Rennwochenende verstärkte dieses Verlangen nur noch.

"Für mich ist ein FP1 oder ein Test keine Competition. Am Sonntag im Grid zu stehen hingegen schon", stellt Kubica abermals klar. "Es war schön wieder an einer offiziellen Session am Grand-Prix-Wochenende teilzunehmen, aber es wäre schöner, wenn es weitergehen würde." Die Rolle des Entwicklungsfahrers wird ihn deshalb kaum langfristig zufriedenstellen.

"Wenn ich es nicht versuchen würde, wäre ich nicht hier", so Kubica über seine Comeback-Ambitionen. "Ich bin ein Rennfahrer, aber ich fahre keine Rennen. Ich habe eine große Leidenschaft für diesen Sport", fügt er an und vergisst dabei nicht, dass ihm seine Rolle bei Williams dennoch einiges bietet: "Ich weiß diese Chance zu schätzen, denn sie gibt mir die Möglichkeit meine Leidenschaft auszuleben."

Williams-Rolle für Kubica nach wie vor nicht selbstverständlich

Die Wehmut darüber, nicht am Rennen teilzunehmen, hält sich bei ihm mittlerweile in Grenzen. "Ich vermisse es, aber wenn du lange Zeit weg warst, gewöhnst du dich daran und denkst nicht mehr viel darüber nach. Du musst einen Kompromiss finden, so wie jeder Moment in deinem Leben seine Balance hat", bekräftigt er. Nach seinem Rallye-Unfall schien es lange Zeit so, als ob er nie wieder einen Formel-Boliden pilotieren könnte.

Die Perspektivlosigkeit dieser Phase seines Lebens hat Kubica nicht vergessen: "Ich konzentriere mich auf meine Arbeit hier und ich sehe das alles nicht so, als ob ich hier sein sollte. Ich bin glücklich mit dem, was ich erreiche. Ich bin auch weniger emotional, was gut ist. Das bedeutet, dass es sich für mich nach der langen Zeit abseits des Sports wieder natürlicher anfühlt."