Runde vier im großen Formel-1-Wettstreit der drei großen Teams Mercedes, Ferrari und Red Bull steigt in der F1-Saison 2018 in Baku. Der Aserbaidschan GP findet in diesem Jahr zwei Monate früher statt als zuletzt. Genau das macht den am Wochenende anstehenden dritten Event auf dem Baku City Circuit besonders spannend.

Und sorgt sicherlich vor allem bei Lewis Hamilton, Valtteri Bottas, Toto Wolff & Co. für etwas mehr Kopfzerbrechen als bei der Konkurrenz um Sebastian Vettel, Kimi Räikkönen, Max Verstappen und Daniel Ricciardo. Motorsport-Magazin.com erklärt in der allumfassenden Vorschau zum vierten Saisonrennen der Formel 1, warum und liefert alle relevanten Infos zu Wetter, Zeitplan, Strecke, TV-Programm und Reifenwahl.

Konter in Baku? Mercedes und Hamilton vor Herkulesaufgabe

Noch kein Rennen hat Mercedes 2018 gewonnen. Dreimal sieglos am Stück sind die Silberpfeile also. Das hatte es in der ganzen Hybrid-Ära noch nicht gegeben. Noch dazu steht Lewis Hamilton aktuell im Schatten seines Teamkollegen. Der Weltmeister fuhr Valtteri Bottas zuletzt hinterher. Mit viel Rennglück machte er zuletzt in China immerhin noch satte Punkte auf Ferraris WM-Leader Sebastian Vettel gut.

Doch in Baku blüht dem Briten eine schwere Prüfung. Schon 2016 - bei der Premiere am Kaspischen Meer - tat sich Hamilton in Baku schwer, reihte am Rennwochenende Fehler an Fehler, musste sich der zweitlängsten Strecke im Kalender und einem dominanten Nico Rosberg klar geschlagen geben. 2017 allerdings war Hamilton in Baku zurück in Form - während Vettel sich einen völligen Aussetzer leistete, den berüchtigten Rammstoß gegen seinen Erzrivalen von Mercedes.

Baku 2018: Reifen im Fokus

2018 könnte sich das Blatt jedoch erneut wenden - gegen Hamilton - und damit seine eigene und auch Mercedes' Sieglos-Serie verlängern. Der Grund: In Baku wird es am Wochenende besonders schwer, die Reifen richtig zum Arbeiten zu bekommen. Der Grand Prix findet im April statt im Juni statt, es soll im Schnitt rund zehn Grad Celsius kühler werden. Außentemperatur wohlgemerkt. Bei der in Sachen Reifen relevanten Streckentemperatur dürfte das Delta damit sogar noch dramatischer ausfallen.

Damit sind alle Erkenntnisse der beiden Vorjahre zu großen Teilen hinfällig. Noch dazu gilt Baku mit Blick auf das Arbeitsfenster der Reifen ohnehin schon ganz grundsätzlich als extrem anspruchsvoll: Keine Session des F1-Wochenendes startet zur exakt gleichen Uhrzeit wie das Rennen, die Häuser, Mauern und Prachtbauten entlang der Strecke sorgen durch Schattenwurf dafür, dass die Streckentemperaturen massiv schwanken und die 2,1 Kilometer lange Hauptgerade kühlt die Reifen deutlich ab.

Ferrari jetzt Favorit vor Mercedes, dann Red Bull

Als wäre das nicht genug bringt Pirelli auch noch andere Mischungen - Soft, Supersoft und Soft - mit nach Baku. "2017, im ersten Jahr des neuen Reifenreglements, war unsere Reifen-Nominierung für Aserbaidschan etwas zu konservativ, weil der Medium-Slick nicht wirklich genutzt wurde. Wir hatten also das Gefühl,in diesem Jahr bei den Nominierungen etwas aggressiver vorgehen zu können", erklärt Sportchef Mario Isola. Weil die Pirelli 2018 insgesamt eine Nummer weicher ausfallen, sind die Formel-1-Teams real sogar zwei Nummern weicher unterwegs.

Formel 1 2018: Brennpunkte vor dem Aserbaidschan GP (06:42 Min.)

Alles zusammengenommen lässt nun die Sorgenfalten besonders bei Mercedes nur zu sprießen. Immerhin tat sich der Weltmeister zu Saisonbeginn schwerer als Ferrari und Red Bull zusammengenommen, geht es darum, die Pneus ins richtige Arbeitsfenster zu bekommen. Einzig in Australien ging alles glatt. Für Mercedes keine neue Story: Schon 2017 hatte es hier immer wieder Probleme gegeben. Das Arbeitsfenster sorgte stets für das größte Kopfzerbrechen bei den Silberpfeilen, brachte dem schnellsten Auto den Titel "Diva" ein.

"Wenn du in die jüngere Geschichte von Mercedes blickst, dann ist diese eine Sache, die sie nie wirklich verstanden haben, das Reifenmanagement", sagt Pat Symonds, Technikchef von Liberty Media. Das habe man schon vor der Hybrid-Ära beobachten können. " Von 2014 bis 2016 wurde die Sache dann kaschiert, einfach weil sie diesen großen Power-Vorteil hatten", meint Symonds.

Der Brite macht Mercedes wenig Mut. Ohne diese Schwäche zu überwinden sei Mercedes immer noch stark und "sehr, sehr titelfähig", aber nicht immer siegfähig. Der Performance-Verlust lasse sich auch durch das beste Chassis oder den besten Motor nicht länger überwinden, so Symonds.

Liberty-Technikchef: Hier ist Red Bull besser als Ferrari & Mercedes

Doch nicht nur deshalb ist Ferrari auch für Liberty Medias Technikchef Pat Symonds jetzt der neue Top-Favorit. "Ferrari hat eine konstante Performance gezeigt. Sie haben eine anständige Qualifying-Performance und eine sehr gute Rennpace. Sie sehen stärker aus als sie seit vielen Jahren ausgesehen haben", so Symonds. Eine Konstanz die sogar Lewis Hamilton beeindruckte. Sehr seltsam sei das, so der Weltmeister.

Red Bull Racing sieht der ehemalige Williams-Ingenieur noch nicht ganz auf diesem Niveau. "Ich halte es für offensichtlich, dass dem Auto noch das letzte bisschen Performance fehlt, das es braucht, um Ferrari und Mercedes wirklich zu fordern", sagt Symonds. Allerdings beeindrucke in die Arbeit des Teams, insbesondere zuletzt in China.

Hier scheint Red Bull tatsächlich die Nase vorne zu haben. Sowohl bei Ferrari als auch Mercedes lief in den ersten drei Rennen nicht alles glatt - ob nun Strategie, Kommunikation oder die grundlegende Philosophie. "Wie sie Räikkönen in China benutzt haben war sehr unglücklich", kommentiert Symonds das Opfer des Finnen für Vettel. "Und ehrlich gesagt hat es nicht einmal richtig funktioniert. Es war keine tolle strategische Entscheidung. So gewinnst du keine Konstrukteurs-WM", kritisiert der Brite.

Mercedes? "Hatte strategisch auch Probleme. Wir haben bei Mercedes ein paar ... ich will sie nicht falsch nennen. Aber ein paar nicht perfekte Strategie-Calls gesehen", so Symonds. "Die haben sie aber schon vorher gemacht, denke ich. Nur hast du sie mit diesem Performance-Vorteil nicht gesehen.

Der spannende Kampf im engen Mittelfeld

Die drei Top-Teams sind natürlich nicht alles. Auch im Mittelfeld erwartet die Formel 1 in Baku wieder ein erbitterter Kampf. Zuletzt präsentierte sich Renault in China endlich als die erhofft klare vierte Kraft. Setzt das Team um Nico Hülkenberg den Trend fort, kommt vielleicht sogar den Top-Teams etwas näher - aktuell noch der große Dorn im Auge? Oder findet Haas, zuletzt in China etwas abgefallen, zurück zu junger, alter Stärke? Dasselbe gilt für Toro Rosso, die Wundertüte der beiden vergangenen Rennen.

Und dann ist da noch McLaren. Die Truppe um Fernando Alonso verspricht sich allerdings, vor allem mit einem großen Update in Spanien erst aus dem Niemandsland zu fahren. Nicht zu vergessen auch Force India (zuletzt sukzessive im Aufschwung) sowie Sauber und Williams - das neue Duell um die rote Laterne der F1.

Der Baku City Circuit im Strecken-Check

Mit 6,006 Kilometern Länge ist der Baku City Circuit der längste Stadtkurs im Formel-1-Rennkalender und nach Spa-Francorchamps auch die insgesamt längste Strecke. Den Superlativ holt sich allerdings die Start/Ziel-Gerade ab. Zwei Kilometer geht es geradeaus, mehr als selbst Shanghai, Sochi und Monza zu bieten haben. Entsprechend erreichen die Fahrer in Baku unfassbare Spitzengeschwindigkeiten, hier wurde der inoffizielle Rekord von 378 km/h gemessen. Doch noch auch einem zweiten Grund ist Aserbaidschan das Land der F1-Extreme. Mit 28 Metern unter dem Meeresspiegel liegt keine Strecke tiefer als der BCC.

Der Kurs selbst bietet unterdessen abseits der langen Gerade jede Menge Abwechslung. Im ersten Sektor erfordern viele 90-Grad-Kurven Präzision in einem nur vermeintlich leichten Abschnitt, im zweiten Streckenabschnitt müssen die Fahrer nur noch konzentrierter zu Werke gehen und ebenso ultraschnelle wie –enge Passage durch die Altstadt meistern. Am engsten Punkt misst die Strecke nur acht Meter Breite. Übrigens: 2017 war der Aserbaidschan GP das Rennen mit den meisten Überholmanövern. Action auf der Strecke scheint also garantiert.

Der Wetterbericht für Baku

Das eingangs bereits genannte Wetter fällt in Baku am Wochenende kühl aus. Nicht nur deutlich kühler als 2017 (ca. zehn Grad Celsius weniger), sondern damit auch insgesamt ziemlich frisch. Vor allem im Rennen. Während in den Trainings und im Qualifying teilweise noch mehr als 20 Grad erreicht werden, fällt das Quecksilber am Sonntag auf deutlich unter 20 Grad. Zum Start sollen es nach aktueller Prognose deren 17 sein – Tendenz fallend, wenn die Sonne hinter den Häusern verschwindet.

Die große Uneinigkeit bei der Reifenwahl in Baku

Die 2018 deutlich weicheren Reifen in Baku haben für eine extrem abwechslungsreiche Reifenwahl gesorgt. Bei den Top-Teams ist sich niemand einig. Ferrari geht besonders aggressiv ins Rennwochenende, hat zehn Satz Ultrasoft je Fahrer im Gepäck. Bei Mercedes sind es neun, bei Red Bull sogar nur acht. Dass Mercedes und Ferrari bei Soft und Supersoft teamintern voneinander abweichen, dürfte hingegen einmal mehr nur an Arbeitsteilung der Piloten bei der Longrun-Arbeit am Freitag liegen. Besonders konservativ ist in Baku übrigens Renault unterwegs. Die Franzosen haben als einziges Team nur sieben Ultrasoft-Mischungen geordert.

Formel 1 Baku: TV-Programm und Zeitplan

Die wichtigste Frage gleich vorweg: Den offiziellen Live-Stream der Formel 1 selbst, F1 TV Pro, gibt es auch in Baku noch nicht. Das Angebot wird erst zum Europaauftakt in Spanien seine Premiere feiern. Dafür liefert RTL bei n-tv die ersten beiden Trainings zumindest im Stream. Ansonsten läuft in Sachen TV alles regulär. In Sachen Zeitplan gilt es, die Zeitverschiebung um zwei Stunden zu beachten.