Ferrari-Kunde Haas war beim Formel-1-Auftakt in Australien die große Überraschung. Nach einem starken Qualifying zeigten Kevin Magnussen und Romain Grosjean im Rennen von Melbourne noch deutlicher, wozu die US-Amerikaner 2018 in der Lage sind - bis zu den Boxenstopps. Zwei verhängnisvolle Radwechsel setzten der Haas-Sensation ein jähes Ende.

"Es ist wirklich unglaublich. Zweimal dasselbe Problem, einmal vorne und einmal hinten", war Teamchef Günther Steiner nach dem Aus seiner beiden Piloten gegen Rennhälfte fassungslos. Magnussen hatte nach einem starken Start in der ersten Kurve Platz vier von Verstappen übernommen und sich dort bis zum Reifenwechsel gehalten. Grosjean lag an sechster Stelle.

In Runde 22 war zunächst der Däne für den Wechsel von Ultrasoft auf Soft bei der Haas-Crew. Drei Kurven später stand der VF-17 von Magnussen am Streckenrand. Auf den TV-Bildern war zunächst ein Motorschaden zu vermuten. Zwei Runden später wiederholte sich das Bild eines stehen gebliebenen Haas mit Grosjean. Der Franzose stellte sein Dienstfahrzeug gleich in Turn 2 ab.

Magnussen: Haas-Aus in Australien herzzerreißend

Die Wiederholung seines Boxenstopps lieferte die erste Auflösung. Bei der Abfahrt Grosjeans wurde von der Crew wild gestikuliert. Offenbar war beim Radwechsel etwas schiefgegangen. "Es war einfach ein schlechter Boxenstopp", erklärte Steiner. Doch was war genau vorgefallen? "Die Radmutter war drauf, aber sie war verkantet", so der Teamchef weiter.

"Dadurch wurde das Rad nicht angezogen. Für den Mechaniker fühlt es sich so an, als ob es das wäre - aber das ist es dann nicht. Du arbeitest in einem Fenster von zweieinhalb Sekunden. Manchmal sind diese Boxenstopps so schnell, da haste du keine Zeit es zu checken." Die sicher geglaubten Punkte waren damit dahin. Das Leid war Fahrern und Team ins Gesicht geschrieben.

"Es ist eine bittere Pille für das ganze Team. Dass beide Autos nicht ins Ziel kommen, nachdem wir in solch guten Positionen waren und so hohe Erwartungen hatten. Das ist einfach herzzerreißend. Ich bin mehr als enttäuscht", so der völlig niedergeschlagene Magnussen. Neben den verlorenen WM-Zählern gab es von der FIA eine Strafe in Höhe von 10.000 Euro für das Vergehen.

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FIA hat noch keine klare Antwort auf Haas' Boxenstopp-Debakel

"Beide Fahrer ließ das Team sehr deutlich unter unsicheren Voraussetzungen fahren", so Renndirektor Charlie Whiting. "Das Team hat seinen Fahrern aber sofort gesagt, dass sie an die Seite fahren sollen. Sie haben damit alles in ihrer Macht stehende getan, deshalb gibt es nur die übliche Strafe für das Team."

Weshalb die Radmuttern nicht korrekt angezogen wurden, muss noch untersucht werden. Steiner stellte schon einmal klar. "Wir haben nichts geändert. Die Jungs am Schlagschrauber sind dieselben wie letztes Jahr, die es nie verfehlt haben", so der Teamchef. "Wir hatten in den Trainings ein paar Probleme und konnten die Boxenstopps nicht so viel trainieren. Das könnte einer der Gründe sein."

Zur Saison 2018 wurden die Vorschriften zur Sicherung der Radmuttern von der FIA noch einmal verschärft, um zu verhindern, dass Fahrer bei verpatzten Boxenstopps auf der Rennstrecke ein Rad verlieren. "Die erste Stufe der Sicherungsvorrichtung muss bereits eingerastet sein, bevor sich die Mutter dreht", erklärte Whiting auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com.

"Das ist etwas, das per Hand geschieht. Wenn du die Mutter auf die Radnabe steckst, sollte die erste Stufe der Sicherungsvorrichtung verriegeln bevor sie tatsächlich auf das Gewinde geht. Früher musste sie zu einem Viertel gedreht werden, bevor ein Click kam und die erste Stufe der Sicherungsvorrichtung aktiv wurde. Das ist also nur eine kleine Änderung, die an der Radachse vorgenommen wurde", ging er weiter ins Detail.

Haas-Teamchef Steiner: Für Bahrain werden mehr Boxenstopps trainiert

Für Haas gilt es, den Fehlerteufel bis Bahrain auszutreiben, damit ein ganzes Rennwochenende nicht noch einmal innerhalb des Bruchteils einer Sekunde vor die Hunde geht. "Sie müssen jetzt ihr Vertrauen behalten", so Steiner über seine beiden Piloten. "Wir müssen ihnen sagen, dass wir noch härter daran arbeiten, mit mehr Training - dass es Lösungen gibt."

Angesichts der einmaligen Natur des Vorfalls ist Steiner zuversichtlich, dass es sich nicht wiederholen wird: "Wenn es schief geht, dann normalerweise nicht in solch einem Rennen und in so einer Position - und das zwei Mal. Das ist ein seltsamer Vorfall." Dem Zufall überlassen wird das Team nach diesen Erlebnissen aber nichts mehr.

"Wir müssen so schnell es geht mit dem Training anfangen", so Steiner. "Es ist aber schwierig, denn ein Teil der Boxencrew verlässt uns früher, weil sie da drüben aufbauen. Dann hast du die komplette Mannschaft nie zusammen und wenn du mit einer halben trainierst, verwirrst du alle nur." In Bahrain steht der Boxenstopp deshalb ganz oben auf der To-Do-Liste.

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Grosjean macht Haas Mut: Werden Melbourne-Katastrophe schnell vergessen machen

"Wir müssen uns Donnerstag wenn wir da sind gleich auf das Boxenstopp-Training fokussieren, um das Selbstvertrauen der Jungs wieder zu stärken", so Steiner, der das Selbstvertrauen seiner Fahrer nach dem trotz allem ermutigenden Auftakt-Wochenende eher nicht mit einer zusätzlichen Trainingseinheit stärken muss: "Es ist immer noch eine tolle Story, denn wir waren da vorne bei den großen Jungs."

Grosjean gab sich dementsprechend trotz aller Frustration optimistisch für die kommenden Rennen: "Wir werden stärker zurückkommen, so wie es immer ist. Wir haben zwar heute viele Punkte verloren, aber wenn wir diese Performance wieder und wieder zeigen können, werden wir all das sehr schnell vergessen haben."