Ferrari und Sebastian Vettel haben überraschend den Auftakt zur Formel-1-Saison 2018 in Melbourne gewonnen. Mercedes-Pilot Lewis Hamilton lag lange Zeit auf Siegkurs, doch der Rennverlauf spielte den Silbernen nicht in die Karten. Red Bull konnte im Kampf an der Spitze nicht mitreden.

Hamilton bestimmte in der ersten Rennhälfte klar das Geschehen, was Ferrari bei Vettel zu einer antizyklischen Strategie bewegte. Eine durch den Ausfall von Romain Grosjean in Runde 24 ausgelöste VSC-Phase erwies sich für die Scuderia als Jackpot. Die Italiener nutzten sie für den Reifenwechsel bei Vettel, der daraufhin vor Hamilton zurück auf die Strecke kam.

Im weiteren Rennverlauf machte Hamilton maximalen Druck, leistete sich dabei sogar einen Fahrfehler. Auf dem kniffligen Straßenkurs in Melbourne gelang es ihm jedoch trotz drei DRS-Zonen nicht, eine Attacke auf Vettel zu reiten. Etwa fünf Runden vor Schluss gingen die Hinterreifen am Mercedes ein und Hamilton ließ vom Führenden ab.

Als Dritter fuhr Kimi Räikkönen auf das Podest. Der Finne war zu Rennbeginn zunächst der erste Verfolger von Hamilton gewesen, konnte den Anschluss jedoch nicht halten. Ein Undercut half ihm nicht, den Mercedes-Fahrer zu gefährden. Nach Vettels Stopp rutschte er auf Platz drei ab und musste sich daraufhin bis zum Zielstrich den Angriffen von Daniel Ricciardo erwehren.

Die Punkteränge: Hinter dem Podest gab es zwei kleine Überraschungen. Ricciardo und Alonso profitierten vom Rennverlauf und durften sich über die Plätze vier und fünf freuen. Dahinter komplettierten Verstappen, Hülkenberg, Bottas, Vandoorne und Sainz die Top-10. Große Enttäuschung hingegen bei Force India: Die letztjährigen Top-Team-Verfolger Perez und Ocon gingen mit den Rängen elf und zwölf leer aus.

Formel 1 2018: Wer wird Weltmeister? (16:19 Min.)

Australien GP 2018: Das sagen Vettel, Hamilton & Räikkönen zum Rennen

Sebastian Vettel: "Es fühlt sich ziemlich gut an. Wir hatten ein bisschen Glück mit dem Safety Car. Aber es hat einen riesen Spaß gemacht und es lief toll. Bei Start hatte ich gehofft, dass mehr drin war. Danach hatte ich ein bisschen Probleme mit den Reifen. Mit dem Soft war ich später aber ganz gut unterwegs. Dann stand ein Auto in Turn 4, das hat das Rennen eingefroren. Wir haben dann versucht vor Lewis rauszukommen, denn es ist sehr schwierig hier zu überholen. Er hat dann mehr Druck gemacht, erst am Ende konnte ich es etwas ruhiger angehen lassen."

Lewis Hamilton: "Das Wochenende war unglaublich... Glückwunsch an Seb und Ferrari, die den besseren Job gemacht haben. Wir müssen uns das noch einmal anschauen. Wir hatten ein großartiges Qualifying, am Ende konnten wir auch viel Druck machen. Aber trotz DRS war es so schwer, zu überholen. Zum Schluss haben wir dann den Motor geschont. Ich werde es beim nächsten Rennen wieder versuchen. "

Kimi Räikkönen: "Es lief okay. Glücklicherweise hatte Seb noch das Glück auf seiner Seite. Unser Speed war den ganzen Tag über in Ordnung. Es war unheimlich schwierig, zu überholen. Ich bin an Lewis dran geblieben und hab geschaut, was bei den Boxenstopps rauszuholen ist. Am Ende konnte ich den dritten Platz halten. Der Red Bull von Ricciardo hatte etwas frischere Reifen und konnte Druck machen."

Formel 1, WM-Stand 2018: Vettel zum ersten Mal seit Italien 2017 wieder an der Spitze

Der WM-Stand: Der WM-Stand entspricht nach dem ersten der 21 Rennen im Jahr 2018 logischerweise dem Rennergebnis aus Melbourne. Vettel führt nach dem 48. Sieg seiner Karriere somit zum ersten Mal seit Monza 2017 wieder die Gesamtwertung an.

Das Wetter: Nach dem finsteren und teilweise verregneten Samstag durfte sich die Formel 1 am Renntag wieder über beste Bedingungen auf dem fünften Kontinent freuen. 25 Grad Celsius Außen- und 36 Grad Streckentemperatur ließen keine Wünsche offen.

Der Start: Hamilton verteidigte am Start seine Führung gegen Räikkönen, der auf den ersten Metern zunächst besser wegkam. So änderte sich auf den ersten drei Positionen nichts. Dahinter ging allerdings Magnussen an Verstappen vorbei. Die mit Startplatzstrafen belegten Ricciardo und Bottas konnten von den Positionen 8 und 15 keinen Boden gutmachen. Am Ende des Feldes machte Gasly vom letzten Startplatz aus zwei Positionen gut.

Der große Gewinner des Starts war Kevin Magnussen im Haas, Foto: Sutton
Der große Gewinner des Starts war Kevin Magnussen im Haas, Foto: Sutton

Haas in Australien nach sensationeller Vorstellung vom Pech verfolgt

Die Zwischenfälle: Williams-Rookie Sergey Sirotkin sorgte in der sechsten Runde für den ersten Zwischenfall des Rennens. Der Russe verbremste sich in Kurve 16 und musste sein Debüt damit vorzeitig beenden. Die Situation erforderte aber kein Safety Car und konnte mit gelben Flaggen geklärt werden.

Für den zweiten Aufreger sorgte in der neunten Runde niemand geringeres als Max Verstappen. Bei der Jagd auf Magnussen übertrieb es der Niederländer in Kurve 1, verlor das Heck und drehte sich. Neben der Kontrolle über seinen Boliden verlor er außerdem drei Positionen und fiel auf die Acht zurück.

Ericsson und Gasly waren die ersten beiden Piloten, die 2018 aufgrund technischer Defekte die Segel streichen mussten. Der dritte Pechvogel hieß Magnussen. Gleich nach seinem Boxenstopp in Runde 23 musste er, vorher auf Platz vier liegend, seinen Haas mit einem Aufhängungsschaden abstellen. Nur eine Runde später stand auch der Haas von Grosjean, nachdem beim Stopp eine Radmutter nicht richtig angezogen wurde.

Die zweite Rennhälfte ging ohne ungewöhnliche Vorkommnisse vonstatten. Lediglich Hamilton sorgte mit einem kleinen Ausritt in der 47. Runde für einen kleinen Schreckmoment, doch der Fahrfehler blieb für den Weltmeister ohne schwerwiegende Folgen.

Klare Sache in der Anfangsphase: Hamilton und Mercedes dominieren Ferrari

Der frühe Rennverlauf: An der Spitze fuhren die Ferraris mit einem relativ konstanten Abstand hinter Hamilton. Action gab es dahinter. Magnussen konnte die Pace des Spitzentrios wie zu erwarten war nicht mitgehen und bekam ordentlich Druck von Verstappen, der dem Red Bull sichtbar die Sporen gab. Etwas weiter hinten sorgte Ricciardo eingangs Turn 13 mit einem Manöver gegen Hülkenberg für Platz sieben für das erste richtige Überholmanöver des Rennens.

Wenige Runden nach Ricciardo machte dann auch Bottas ersten Boden gut. In Kurve 3 bremste sich der Finne innen an Ocon im Force India vorbei und übernahm Position 13. Durch Verstappens Dreher war das Feuer aus dem Kampf der Verfolgergruppe erst einmal raus. An der Spitze setzte sich ab der zehnten Runde Hamilton immer weiter von seinen roten Verfolgern ab. In Umlauf 17 lag der Vorsprung bereits bei knapp vier Sekunden.

Formel-1-Technik: Wieso sendet der Ferrari-Motor Rauchzeichen? (04:44 Min.)

Vettel mit Boxenstopp-Glück nach Safety-Car-Phase

Die Boxenstopps: Toro Rosso holte Brendon Hartley schon in der ersten Runde an die Box, um auf den härtesten Reifen, den Soft, zu wechseln. Der Neuseeländer hatte sich im Startgetümmel einen Bremsplatten eingefahren. Den ersten richtigen Boxenstopp legte in der 17. Runde Ferrari ein, die Räikkönen für einen Wechsel von Ultrasoft auf Soft reinholten.

Mercedes reagierte gleich in der darauffolgenden Runde und holte Hamilton rein. Für den Weltmeister gab es ebenfalls Soft-Reifen. In Runde 20 kam Verstappen an die Box, auch für den Red Bull gab es die Soft-Mischung. Die durch Grosjeans Ausfall ausgelöste VSC-Phase bot Vettel die Möglichkeit, in Runde 25 für den Wechsel auf Soft an die Box zu kommen.

Zur Rennhälfte hatten aufgrund der Neutralisierung alle Piloten ihre Boxenstopps absolviert. Da die drei Pirelli-Mischungen in Melbourne alle ohne signifikanten Abbau und Performance-Einbrüche funktionierten, blieb es bis auf wenige Ausnahmen im Mittelfeld bei Einstopp-Strategien.

VSC und Safety Car bringen Vorentscheidung beim Australien GP 2018

Der weitere Rennverlauf: Nach den Boxenstopps der beiden führenden Fahrzeuge übernahm Vettel die Führung. Der viermalige Weltmeister hatte nichts zu verlieren und entschied sich, einen Overcut gegen die Konkurrenz zu versuchen. Der Ferrari mit der Startnummer 5 blieb draußen. Die Rundenzeiten waren jedoch nicht schneller als die von Verfolger Hamilton.

Wenig später sorgte das Technik-Pech von Haas für eine VSC-Phase. Nachdem Grosjean in Runde 24 ausgerollt war, kam die Rennleitung um eine erste Neutralisierung nicht herum. Vettel war der große Nutznießer. Seine Strategen nutzten das VSC für den Boxenstopp, der ihn völlig unerwartet in Führung vor Hamilton brachte.

Da die Bergung des Grosjean-Boliden wider Erwarten mehr Zeit beanspruchte, brachten die Stewards in Runde 27 das Safety Car auf die Strecke. Die Gelbphase brachte die nächste kleine Kontroverse mit sich. Alonso hatte wie Vettel das VSC zum Boxenstopp genutzt, war am Boxenausgang ursprünglich vor Verstappen auf die Strecke gekommen.

Dennoch wurde er bei der Einfahrt in Turn 1 vom Red Bull überholt. Die Rennleitung wies einen Platztausch an. Der Red-Bull-Pilot winkte den McLaren wenige Runden später vorbei. In Runde 31 wurde das Rennen wieder freigegeben.

Safety Car sorgt in Australien für spannende Kämpfe

Beim Restart krallte sich ein nun noch entschlossenerer Verstappen gleich in der ersten Kurve den Renault von Hülkenberg. Weiter hinten kämpften Vandoorne und Bottas um Platz acht. Alle Augen waren aber auf den Kampf an der Spitze gerichtet. Hamilton war mit dem Verlust seiner Führung überhaupt nicht glücklich und zog sofort das Tempo an.

Räikkönen konnte die Pace der Spitze nicht mitgehen und lag nach fünf Runden bereits vier Sekunden hinter dem Führenden. Für den Finnen gab es Druck von Lokalmatador Ricciardo. Ebenfalls spannend war der Kampf der Verfolger. Alonso konnte die Pace von Ricciardo nicht mitgehen.

Der Spanier bekam Druck von Verstappen, Hülkenberg und Bottas. Die dritte DRS-Zone machte es den Fahrern auf dem winkligen Straßenkurs aber trotzdem nicht einfacher, ein Überholmanöver zu setzen. Das merkte an der Spitze auch Hamilton, der sich im DRS-Fenster hinter Vettel festgebissen hatte.

Hamilton patzt in Melbourne und gibt Jagd nach Vettel auf

In Runde 47 patzte der Brite und verbremste sich bei der Anfahrt auf Turn 9. Ein kurzer Umweg durch die Wiese kostete ihm rund zwei Sekunden auf Vettel. Die Pace des Silberpfeils war aber nach wie vor dominant, sodass Hamilton die Lücke zum Ferrari zügig wieder schließen konnte. Die entscheidende Attacke blieb jedoch aus.

Etwa fünf Runden vor der Zielflagge waren Hamiltons Reifen am Ende. Dem Weltmeister blieb keine Wahl, außer Vettel ziehen zu lassen und sich mit Rang zwei zu begnügen. Weiter hinten änderte sich ebenfalls nicht mehr. Ricciardo kam hinter Räikkönen als Vierter ins Ziel, Alonso blieb standhaft und rettete seinen fünften Platz ins Ziel.

Die Analyse: Mercedes war beim Saisonauftakt 2018 am Rennsonntag genauso unantastbar wie im Qualifying. Einzig die VSC-Phase verhagelte Lewis Hamilton die Triumphfahrt im Albert Park. Ferrari darf und muss sich über dieses Geschenk glücklich schätzen. Red Bull war komplett neben der Spur

Die Top-Facts des Rennens

  • Sebastian Vettel gewinnt überraschend in Melbourne
  • 48. Sieg und 100. Podium für Vettel
  • Hamilton verliert Sieg in der Box
  • Verstappen komplett neben der Spur
  • Haas geht als großer Pechvogel leer aus