Der USA GP 2017 der Formel 1 war ein Kracher. Kaum vorstellbar, dass es nach dem Rennen in Austin noch heißer herging als während der 56 Runden auf dem Circuit of the Americas. Doch unmittelbar nach dem Rennen ging es erst richtig los: Max Verstappen, der in der letzten Runde noch Kimi Räikkönen überholt hatte und somit auf Platz drei ins Ziel fuhr, wurde wenige Momente später bestraft.

Um 15:54 versendeten die Stewards ihre Entscheidung: Verstappen erhält für das Überholmanöver an Räikkönen einen Strafpunkt und vor allem eine Zeitstrafe von fünf Sekunden, die ihn wieder hinter den Ferrari-Piloten warf. Das alles Geschah, als sich Verstappen schon zusammen mit Sebastian Vettel und Lewis Hamilton auf die Podiums-Zeremonie vorbereitete.

Plötzlich stürmte Kimi Räikkönen mit einer Delegation der FIA in den Raum. Verstappen musste den Vorbereitungsraum wieder verlassen, durfte nicht aufs Podium. Wutentbrannt lief der Red-Bull-Pilot zurück in die Team-Hospitality und gab anschließend noch die verpflichtenden TV-Interviews - die es in sich hatten.

"Es ist nur ein Idioten-Steward da oben, der die Entscheidungen gegen mich trifft", so Verstappen. "Er war auch schon in Mexiko!" Vor fast genau einem Jahr beim Mexiko GP der Formel 1 überquerte Verstappen die Ziellinie als Dritter, wurde aber anschließend ebenfalls bestraft und aus dem Vorbereitungsraum gezerrt. Wie schon in Mexiko urteilte unter anderem der australische Steward Garry Connelly.

In der offiziellen Urteilsbegründung der FIA hieß es, Verstappen habe die Strecke verlassen und daraus einen Vorteil gezogen. Auf den TV-Bildern ist gut zu erkennen, wie Verstappen im Kampf gegen Räikkönen auf die Innenseite geht, weil sonst neben Räikkönen kein Platz ist - die einzige Alternative wäre es gewesen, zurückzustecken.

FIA zeigt neue TV-Aufnahmen von Verstappens Überholmanöver

Die FIA zeigte später den Journalisten noch eine zusätzliche Kameraperspektive, die im TV nicht zu sehen war. Es handelt sich um die Heckkamera von Kimi Räikkönen. Doch auch darauf ist nicht mehr zu sehen: Verstappen fährt im Zweikampf nach innen und überfährt dabei die weiße Linie mit allen vier Rädern. "Er hat die Strecke klar, über einen halben Meter verlassen", heißt es von der FIA.

Der Red-Bull-Pilot sieht darin allerdings kein Problem: "Jeder fährt weit raus, es gibt dort keine richtigen Streckenbegrenzungen. Und der Renndirektor [Charlie Whiting] hat gesagt, dass es okay ist. Wenn er sagt, dass wir innerhalb der weißen Linien bleiben müssen, dann machen wir das - so einfach ist es. Aber lasst uns doch einfach Rennen fahren, es waren vielleicht fünf Zentimeter!"

Vater Jos Verstappen, der nicht beim USA GP in Austin war, ging sogar noch weiter. Der ehemalige Formel-1-Pilot twitterte: "Die Formel 1 weiß offenbar nicht, was Racing ist. Nur Max bekommt Strafen, wenn er die Linie überfährt. Niemand sonst am ganzen Wochenende." Dazu tweetete er noch ein Bild, auf dem das Logo der FIA zu sehen ist. Dabei steht: 'Ferrari International Assistance'. Zu Deutsch: Internationale Ferrari Hilfe.

Ganz so weit wollte Red Bull Teamchef Christian Horner nicht gehen: "Ich glaube einfach, dass in der Hitze des Gefechts eine schlechte Entscheidung getroffen wurde. Ich glaube aber nicht, dass die Stewards ein Team favorisieren. Die Entscheidung selbst war aber schwach."

Horner machte sich direkt nach dem Rennen gemeinsam mit Teammanager Jonathan Wheatly auf den Weg zur Race Control. Ohne Erfolg: Die Entscheidung der Stewards war nicht anfechtbar. "Sie sagen, es wäre wie eine Fünf-Sekunden-Strafe, die während des Rennens ausgesprochen wird. Ich verstehe die Regel nicht, sie ist dumm", so Horner zu Motorsport-Magazin.com. "Nach dem Debakel letztes Jahr in Mexiko wurde eigentlich beschlossen, dass man sich Zeit nehmen würde, um sich die Argumente anzuhören." Doch Verstappen wurde gar nicht vorgeladen, die Entscheidung fiel spontan.

Red Bull Team geht nach Strafe beim USA GP auf Stewards los

Horner bringt wie Verstappen die Inkonstanz der Entscheidungen auf die Palme: "Wir haben das ganze Wochenende Autos gesehen, die von der Strecke gefahren sind. Der Renndirektor hat gesagt, das ist okay mit den Tracklimits. Jetzt macht Max ein herausragendes Manöver gegen Kimi und dann wird es ihm weggenommen. Niemand hat verstanden, nicht einmal Kimi Räikkönen, warum er heute auf dem Podium stand und nicht Max."

Red Bull Teamchef Christian Horner auf dem Weg zur Race Control, Foto: Motorsport-Magazin.com
Red Bull Teamchef Christian Horner auf dem Weg zur Race Control, Foto: Motorsport-Magazin.com

"Auch Bottas fuhr heute im Zweikampf gegen Ricciardo von der Strecke und wurde nicht bestraft", führt Horner an. Tatsächlich untersuchte die Rennleitung den Zwischenfall von Runde zwei in der ersten Kurve, allerdings gab es keine Konsequenzen, weil sich Bottas nach Ansicht der Stewards keinen Vorteil verschafft hatte.

"Es gab heute noch fünf oder sechs Beispiele dafür", so Horner. "Wann gewinnt man einen Vorteil und wann nicht? Das ist nervend und frustrierend. Wir geben so viel Geld aus, um Rennen zu fahren, da kann man wenigstens professionelle und gerechte Urteile erwarten. Und wenn man nicht will, dass jemand dort hinfährt, soll man höhere Kerbs oder Kiesbetten hinmachen."

Auch Red Bulls Motorsportberater Dr. Helmut Marko brachte die Entscheidung auf die Palme. "Die machen den Sport kaputt", sagte er Motorsport-Magazin.com. "Unfassbar, man braucht dazu eigentlich keinen Kommentar abgeben. Solche Leute gehören gar nicht... ach, das will ich gar nicht sagen."