Warum wurde Verstappen bestraft?

Den großen Aufreger des USA GP gab es am Ende. In der letzten Runde attackierte Max Verstappen den drittplatzierten Kimi Räikkönen. Der Finne bekam Helferdienste von Sebastian Vettel vor ihm, der ihm Windschatten gab. Dennoch versuchte Verstappen einen Angriff an einer höchst ungewöhnlichen Stelle. In der langgezogenen Rechtskurve Turn 18 fuhr er ganz innen, kürzte dabei extrem Weg ab und quetschte sich tatsächlich am Finnen vorbei. Die Geburt eines denkwürdigen Momentes der Formel-1-Geschichte?

Nicht ganz. Denn die Rennkommissare reagierten und verpassten Verstappen kurz nach Rennende eine Fünf-Sekunden-Strafe. Der Grund: Beim Abkürzen befand sich Verstappen mit allen vier Rädern rechts der weißen Linie, die als Streckenbegrenzung gilt. Somit verschaffte sich der Niederländer laut Regelbuch einen Vorteil durch das Verlassen der Strecke. Dies wird sanktioniert, eben mit jenen fünf Sekunden.

Verstappen befand sich bereits im Cool-Down-Room vor der Siegerehrung, als nach Bekanntgabe der Strafe Kimi Räikkönen seinen Platz einnahm. Verstappen nahm nur einen kräftigen Schluck aus seiner Wasserflasche und verließ wortlos den Raum. Berufung kann Red Bull übrigens nicht einlegen, da diese Entscheidung der Stewards als während des Rennens verhängt gilt. Anfechtbar wären nur Strafen, die erst nach Ende des Rennens infolge diverser Anhörungen verkündet werden.

Welche Reaktionen gab es?

Die Reaktionen seitens Red Bulls waren erwartungsgemäß harsch. "Die machen den Sport kaputt", griff Motorsportberater Dr. Helmut Marko gegenüber Motorsport-Magazin.com die Stewards an. Teamchef Christian Horner sprach von einer "dummen Regel". Max Verstappen, Leidtragender der gesamten Geschichte, wittert gar eine Verschwörung. "Da ist ein Idiot bei den Stewards dabei, der immer Entscheidungen gegen mich fällt", meint der Niederländer, ohne Namen zu nennen.

Unterstützung bekam Red Bull aber von Mercedes. Vor allem Niki Lauda kann diese Entscheidung nicht verstehen. "Hier ist überhaupt nichts passiert. Kimi fährt außen, Verstappen weicht nach innen aus - logisch, wo soll er auch sonst hin? Ein normales Überholmanöver und wenn man ihn dafür bestraft, dass er 30 Zentimeter über diese rote Fläche fährt, ist das eine Sauerei", wurde er am Sky-Mikrofon deutlich.

Bei Ferrari zeigte man sich mit der getroffenen Entscheidung naturgemäß nicht unzufrieden. "Das ist doch klar, oder etwa nicht?", verstand Teamchef Maurizio Arrivabene gegenüber Motorsport-Magazin.com de Aufregung nicht.

Kimi Räikkönen hielt sich deutlich bedeckter. "Ich kann mich dazu nicht äußern, weil ich von meiner Position aus nicht gesehen habe, was passiert ist. Ich weiß nur, dass er in der drittletzten Kurve vorbeikommen ist. Aber ich war ein bisschen überrascht", schilderte der Finne. "In der Kurve selbst war ich eigentlich sicher, genug gecovert zu haben, aber plötzlich habe ich ihn im Spiegel gesehen und war dann etwas überrascht. Aber bei diesem Speed dort habe ich natürlich mehr nach vorne als nach hinten geschaut und war dann echt stinksauer, dass er an mir vorbeigekommen ist", sagte er weiter.

Warum ließ Vettel Hamilton kampflos ziehen?

Nach einem guten Start, der Sebastian Vettel in Führung brachte, konnte sich der Ferrari-Pilot in der Folge aber nicht absetzen und wurde bereits nach wenigen Runden wieder von Lewis Hamilton geschnappt. Verwunderlich war dabei aber, wie wenig Gegenwehr Vettel gegen den Briten leistete. Er bewegte sich keinen Zentimeter in Richtung Kampflinie, Hamilton hatte leichtes Spiel.

"Wir hatten einfach nicht die Pace, ich musste ihn ziehen lassen. Eigentlich dachte ich, dass es schwer werden würde, hier zu überholen, aber er war zu diesem Zeitpunkt eine gute halbe Sekunde schneller, wenn nicht sogar noch mehr", erklärt er. "Okay - vielleicht hätte ich mich mehr verteidigen können, aber unter dem Strich hätte es keinen Unterschied gemacht. Man kann es mit der Brechstange versuchen, aber diesmal hätte man sich kreuz und quer legen können - es hätte einfach nicht gereicht", stellte Vettel klar.

Wieso war Bottas so langsam?

Valtteri Bottas gelang in Austin nicht der Sprung auf das Podium, stattdessen reichte es nur zu Rang fünf. Besonders die zweite Rennhälfte geriet zum Debakel. Der Grund: Mercedes setzte bei beiden Fahrern auf eine Ein-Stopp-Strategie. Was bei Hamilton problemlos funktionierte, war für Bottas zu viel. Besonders, als Vettel und Verstappen nach ihren zweiten Boxenstopps von hinten heranrauschten, war er machtlos. Viel zu spät absolvierte er seinen zweiten Stopp.

"Was wir bei Valtteri gesehen haben, ist, dass er Probleme hat, die richtige Balance zu finden zwischen purer Pace und Reifenschonen. Heute war ein Beispiel dafür. Alles sah gut aus, aber dann nahm der Reifenverschleiß zu", sagte Motorsportchef Toto Wolff. Gleichzeitig sei aber auch Mercedes in der Verantwortung, ihm das richtige Auto dafür zu geben, nahm er Bottas in Schutz.

Der Finne reagierte dagegen deutlich selbstkritischer. "Ich bin noch immer enttäuscht über mein Rennen und ich werde einige Zeit brauchen, um es wegzustecken", sagte Bottas.

Warum waren Alonso und Ricciardo die großen Pechvögel?

Auf den Weg zu einem guten Ergebnis mussten Fernando Alonso und Daniel Ricciardo ihre Boliden abstellen. In beiden Fällen war ein Problem an der Power Unit verantwortlich. Ricciardo erwischte es wenige Runden nach seinem ersten Stopp, der Undercut hatte ihn virtuell sogar in die Nähe von Sebastian Vettel gebracht. "Es ist natürlich nie schön, so früh aus dem Rennen auszuscheiden", sagte der Australier, der zum ersten Mal seit dem Ungarn GP die Zielflagge nicht sah.

Fernando Alonso befand sich mitten im Kampf gegen die Force Indias und sogar vor Carlos Sainz, als sein Honda-Aggregat den Dienst versagte. "Leider haben wir wieder einmal Punkte verloren. In den letzten drei oder vier Rennen haben wir 15 oder 20 Punkte verloren, die meiner Position und der Position des Teams in der WM hätten helfen können", rechnete ein enttäuschter Spanier vor. Rang sieben in Austin hielt er ohne den Defekt für möglich.

Was war bei Force India los?

Kein Rennen ohne direktes Duell zwischen den Force-India-Piloten Sergio Perez und Esteban Ocon. Auch in Austin hatten die Men in Pink einen Zweikampf zu bestreiten, der aber aufgrund der teaminternen Regularien nicht zu einem echten Duell wurde. Aufregend wurde es aber dennoch, als beide auf Felipe Massa aufliefen. Dieser war auf alten Reifen unterwegs und entsprechend langsam, Ocon aber kam nicht sofort vorbei. Das rief Perez auf den Plan, der per Funk einen Platztausch forderte. Dumm für den Mexikaner: Wenig später ging Massa an die Box.

Doch auch danach ging es weiter. Während Perez hinter Ocon festhing, kam von hinten Carlos Sainz immer näher. Doch Force India reagierte nicht. "Es ist schwer zu wissen, was möglich gewesen wäre, wenn ich an Esteban vorbeigekommen wäre. Vielleicht hätten meine Reifen länger gehalten", sagte Perez. Denn diese waren hinüber, als Sainz auf ihn aufschloss und kurzen Prozess machte. Der Spanier kam in der Folge auch an Ocon heran, doch den Weg am Franzosen fan der nicht vorbei.

Welches Kunststück gelang Carlos Sainz?

Dennoch zeigte Sainz ein beeindruckendes Wochenende. In seinem ersten Einsatz für Renault holte er direkt Rang sieben. Abgesehen vom Chaos-Rennen in Singapur ist es für die Franzosen völliges Neuland, dass auch ihr zweiter Fahrer Punkte holt. Jolyon Palmer, der sein Cockpit für Sainz räumen musste, enttäuschte über weite Strecken der Saison. Nico Hülkenberg musste die Kastanien aus dem Feuer holen - oder Renault ging leer aus. Mit Sainz ist das nun anders.

"Es war ein großartiges Debüt für mich mit Renault und ich habe es wirklich genossen", bilanzierte Sainz nach dem Rennen. Lob gab es auch vom Boss, Cyril Abiteboul. "Carlos hat ein fabelhaftes Debüt mit einem fehlerfreien Wochenende gezeigt. Er reiste extrem motiviert und gut vorbereitet an und wir haben zusammen einen bemerkenswerten Job gemacht, seit der Ankündigung im Rahmen des Japan GP", sagte der Franzose.

Warum schieden Wehrlein und Hülkenberg früh aus?

Doch warum war für Hülkenberg überhaupt so früh Schluss? Bereits nach zwei Runden stellte er seinen Boliden ab. Aufgrund einer Motorenstrafe war er ohnehin von ganz hinten ins Rennen gegangen. "Wir hatten ein Problem mit dem Öldruck. Er ist stark gefallen, weshalb wir das Rennen aufgeben mussten. Manchmal läuft es einfach gegen dich", sagte Hülkenberg.

Für Pascal Wehrlein war ebenfalls frühzeitig Schluss. Bei ihm war es aber ein Fremdkontakt, der zur Aufgabe führte. Ende der langen Geraden kam es zur Kollision mit Bad Boy Kevin Magnussen, der den Sauber-Piloten touchierte. "Das war leider ein sehr kurzes Rennen für mich. Ich musste frühzeitig aufgeben, nachdem das Auto wegen einer Kollision in der ersten Runde beschädigt worden war. Das war sehr schade und hat mir jegliche Chance auf ein gutes Rennen genommen", erklärte Wehrlein.

Was ist zwischen Ericsson und Magnussen passiert?

Und auch im weiteren Rennverlauf blieb Magnussen nicht von einem weiteren Zwischenfall mit einem Sauber-Piloten verschont. Dieses Mal aber wurde er getroffen, und zwar von Marcus Ericsson. Der Vorfall ereignete sich ebenfalls am Ende der Geraden, beteiligt war auch Sebastian Vettel.

Der Ferrari-Pilot überrundete beide Fahrer, Magnussen machte die Tür ganz weit auf. In diese Lücke wollte Ericsson hineinstechen, doch Magnussen sah ihn nicht kommen, warf die Tür zu und es kam zur Kollision. Magnussen drehte sich, konnte aber weiterfahren. Die Rennleitung gab dem Sauber-Piloten die Schuld und verhängte eine Fünf-Sekunden-Strafe.

Wie lief das Renndebüt von Brendon Hartley?

Wenn ein neuling während seines Formel-1-Debüts nicht auffällt, ist das meistens schon einmal ein gutes Zeichen. So war es auch bei Brendon Hartley, der ein sauberes Rennen fuhr. Der Toro-Rosso-Pilot wurde am Ende 13. "Es war hart, aber es war auch ein fantastisches Grand-Prix-Debüt", sagte der Neuseeländer. Der Start aber verlief nicht nach Wunsch, er fiel gleich auf den letzten Platz zurück. Danach aber fand er seinen Rhythmus.

"Ich war in viele Kämpfe verwickelt und war zufrieden mit meinem Rennen. Die Pace war gut, besonders am Ende. Ich denke, mein einziger Fehler war es, mich von Stroll überholen zu lassen. In der Folge kam ich nicht mehr an ihm vorbei, er hat mich etwas aufgehalten", meinte er selbstkritisch. Ob er in Mexiko wieder zum Einsatz kommt, steht noch in den Sternen. Daniil Kvyat belegte bei seienr Rückkehr Rang zehn und holte einen wichtigen Punkt.