Nach drei Ausfällen in Folge sah Red-Bull-Pilot Max Verstappen in Silverstone endlich wieder die schwarz-weiß-karierte Flagge. Dank einigen Action-geladenen Szenen mit Sebastian Vettel strahlte der zuletzt arg vom Pech gebeutelte Niederländer nach dem zehnten Saisonrennen wieder - und das, obwohl ein vierter Platz normalerweise so gar nicht seinen Ansprüchen gerecht wird. Vettel war von der Einsatzbereitschaft Verstappens nicht sonderlich begeistert. Der wiederum genoss den Schlagabtausch mit dem WM-Leader in vollen Zügen.

"Das hat natürlich Spaß gemacht. Es war richtig gut", freut sich Verstappen über den beinharten Zweikampf mit Vettel, der gleich mit dem Erlöschen der Startampel begann. Der 19-Jährige fiel bereits in der ersten Kurve über den Ferrari-Piloten her, dem in Turn 3 jedoch der Konter gelang. Verstappen hielt seinerseits ebenfalls dagegen und behauptete sich in der darauffolgenden Kurve auf der Außenbahn. Beinahe hätte es für ihn sogar noch für eine Attacke auf den zweiten Ferrari von Kimi Räikkönen gereicht, weshalb Verstappens Fazit nicht an dieser Stelle nicht vollends zufriedenstellend ausfällt: "Der Start war nicht so gut, aber er war schon okay."

Wohlwissend um das Performance-Defizit seines Boliden war Verstappen jedoch früh klar, dass der von ihm erkämpfte dritte Platz lediglich ein Spiel auf Zeit bedeutete. "Ich wusste, dass ich etwas langsamer als Seb war. Also versuchte ich einfach nur alles mir mögliche, um vorne zu bleiben und ein bisschen Spaß zu haben", so der Niederländer, der ab Runde 13 richtig Freude an seiner Ferrari-Beute bekam: Vettel bremste sich bei der Anfahrt auf die ultraschnelle Stowe-Kurve innen neben den Red Bull-Piloten. Der hielt jedoch knallhart dagegen. Sich der Vorfahrt uneinig musste Verstappen beim behaupten seiner Position gezwungenermaßen die Auslaufzone mitbenutzen.

Der erbitterte Zweikampf setzte sich daraufhin bis in die darauffolgende Kurve 16 fort, in der sich Verstappen beim Gegner revanchierte und ihn ebenfalls in die Auslaufzone zwang. "Wir haben uns einmal touchiert, aber es hat alles geklappt", so der Red-Bull-Pilot, der in der Hitze des Gefechts im Funk zunächst noch gemotzt hatte, ob Vettel mit ihm Autoscooter spielen wolle. Verstappen behielt daraufhin immer ein Auge im Rückspiegel und parierte auch Vettels Folge-Attacken erfolgreich. Der wiederum war von den Methoden Verstappens wenig begeistert und reklamierte im Boxenfunk die Kampflinie des Konkurrenten.

Max Verstappen vergnügte sich das ganze erste Renndrittel mit Sebastian Vettel, Foto: LAT Images
Max Verstappen vergnügte sich das ganze erste Renndrittel mit Sebastian Vettel, Foto: LAT Images

Vettel: Verstappen muss noch ein bisschen lernen

"Es ist nicht richtig zu sagen, dass ich es erwartet habe. Aber wir wissen, dass er sich da gerne ein bisschen bewegt und sich so hart wie möglich verteidigt", ist Vettel auch nach dem Rennen immer noch der Ansicht, dass Red Bulls Heißsporn mit etwas zu viel Elan bei der Sache war und häufiger als erlaubt beim Anbremsen die Linie wechselte. "Ab einem gewissen Punkt musst du bei deiner Linie bleiben", fügt der WM-Leader an, der im Gegensatz zu seinigen Aufeinandertreffen in der Vergangenheit allerdings Nachsicht walten lässt: "Er ist noch jung und muss da noch ein bisschen lernen. Er wird sich da schon noch beruhigen, schließlich hat er noch nicht so viele Rennen gefahren."

Verstappen ist was seine eigenen Methoden angeht natürlich ganz anderer Meinung: "Das gehört dazu." Auch Red-Bull-Teamchef Christian Horner sieht keinen Grund zur Aufregung. "Max hat mit seiner rigorosen Verteidigung im Duell gegen Sebastian für gute Unterhaltung gesorgt. Es war hartes aber gleichzeitig faires Racing", so der Brite. Abgesehen davon zählt für Verstappen letztendlich nur die Tatsache, dass es Vettel trotz maximalem Einsatz nicht gelang, ihn zu überholen. "Zum Glück hat er es nicht geschafft, auf der Strecke an mir vorbeizugehen. Darüber bin ich wirklich glücklich", erklärt Verstappen, der sich letztendlich nur Ferraris Kommandostand geschlagen geben musste.

Angesichts der mangelnden Kooperationsbereitschaft Verstappens entschied die Teamführung der Scuderia, Vettel in der 18. Runde für einen Undercut an die Box zu holen. Die Red-Bull-Crew reagierte zwar im darauffolgenden Umlauf, doch der Reifenwechsel verlief nicht reibungslos. "Wir haben glaube ich anderthalb oder zwei Sekunden verloren", so Verstappen, der hinter dem Gegner zurück auf die Strecke kam. Für ihn aber alles halb so schlimm: "Am Ende wäre Sebastian sowieso vorne gewesen." Eine Einsicht, die sich Vettel schon früher gewünscht hätte.

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Verstappen-Zweikampf für Vettel nur Zeitverschwendung

"Du kannst schon argumentieren, was es ihm gebracht hat", so Vettel, der sich zumindest in einem Punkt mit Verstappen einig ist: "Es war klar, dass wir schneller waren." Der wilde Schlagabtausch sorgte dafür, dass der Zweitplatzierte Räikkönen seinen Vorsprung auf die beiden Kampfhähne zwischen Runde 13 und Runde 18 von sechs auf elf Sekunden ausbauen konnte. Für Vettel war der Zug nach vorne damit trotz des erfolgreichen Undercuts abgefahren. "Das Duell hat mir nichts gebracht, das war für mich nur ein Zeitverlust", erklärt der Ferrari-Pilot. Verstappen hingegen war traurig, als das Duell vorbei war: "Nach diesem kleinen Kampf wurde mein Rennen etwas einsam."

Für Vettel sei der rundenlange Schlagabtausch zwar "spannend und schön anzusehen" gewesen, doch unter dem Strich hätte er sich das Scharmützel lieber gespart: "Im Endeffekt kam ich nicht vorbei und es hat uns nichts gebracht, weil wir damit nur den Anschluss nach vorne verpasst haben." Gegen Rennende vereinte die Beiden beinahe das Reifen-Schicksal. In der drittletzten Runde ging bei Räikkönen der linke Vorderreifen in die Knie. Zeitgleich entschied sich Red Bull zu einem vorsorglichen Boxenstopp. Laut Verstappen war man bei den Bullen schlichtweg vorausschauender: "Mit den vielen schnellen Rechtskurven wird der linke Vorderreifen hier hart rangenommen und wir wussten, dass das später zu einem Problem werden würde."

"Wir haben uns entschieden, lieber noch einen Stopp zu machen und auf Supersoft zu wechseln", erklärt Verstappen, dessen Pneus ebenfalls kurz vor dem Exitus standen: "Die letzten zehn Runden waren nicht gut, das linke Vorderrad hat beim anbremsen ständig blockiert und ich hatte keinen Grip mehr." Nur eine Runde später ereilte Vettel das Räikkönen-Schicksal. Hätte es das Ferrari-Duo schon früher erwischt, wäre Verstappen auch einer Risiko-Aktion gegenüber nicht abgeneigt gewesen: "Hätte ich gesehen, dass Kimi am Ende an die Box musste, hätte ich draußen bleiben und versuchen können, ihn zu erwischen. Aber wir hatten uns schon zu unserem Sicherheits-Stopp entschieden."

Red Bull Umging einen Reifenschaden wie bei Vettel und Räikkönen mit einem Sicherheits-Stopp, Foto: Sutton
Red Bull Umging einen Reifenschaden wie bei Vettel und Räikkönen mit einem Sicherheits-Stopp, Foto: Sutton

Verstappen freut sich über Platz vier

Unter dem Strich reichte es für Verstappen dank Vettels Reifenschaden zum vierten Platz. Über die erste Zielankunft seit drei Rennen konnte sich der Niederländer sogar angesichts dieses Resultats freuen: "Das fühlt sich natürlich gut an. Es war ein wirklich guter Tag. Ich denke, wir sahen im Rennen auch etwa besser aus als im Qualifying." Letztendlich hatte er sich nach dem Zeittraining weniger ausgerechnet. "Ich bin froh und Vierter zu werden ist nicht allzu schlecht. Wahrscheinlich sogar eine Position besser, als wir erwartet hatten", so Verstappen, der hofft, dass seine Pechsträhne damit ihr Ende gefunden hat und es beim nächsten Rennen vielleicht sogar noch weiter nach vorne geht: "In Ungarn bekommen wir ein paar Upgrades. Ich hoffe, damit können wir gegen die beiden Top-Teams kämpfen."