Für die unzähligen Ferrari-Fans weltweit war der Anblick des Zeitentableaus nach dem ersten Training in Großbritannien kein angenehmer: Eine Sekunde fehlte Kimi Räikkönen (P5) auf die Rekord-Bestzeit von Mercedes-Landsmann Valterri Bottas, Sebastian Vettel lag als Sechster sogar noch einmal vier Zehntel mehr zurück. Heißt: Auch die beiden Red Bull hatten sich beim Auftakt in Silverstone noch vor die Scuderia geschoben.

"Wir hatten heute Morgen eine schwierige Balance, der Dreher hat auch Zeit gekostet", schildert Vettel, den es gleich zu Beginn des Trainings spektakulär bei vollem Speed von der Strecke gekegelt hatte. "Ich glaube wir können und müssen uns noch ein bisschen steigern. Es war noch ein bisschen rutschig", ergänzt Vettel. "Wir haben verschiedene Dinge probiert, zum Nachmittag wurde es dann besser."

Und zwar deutlich besser: Während vorne Mercedes den Rundenrekord noch gleich drei weitere Male nach unten korrigierte, hielt diesmal Ferrari immerhin klar besser schritt. Am Ende fehlten dem erneut schnelleren Räikkönen (P3) 0,332 Sekunden auf die Spitze, Vettel (P4) 0,460 Sekunden. Allerdings hatte Lewis Hamilton seinen einzigen Versuch auf dem Supersoft durch einen Fahrfehler auf Bestzeit-Kurs liegend selbst weggeschmissen. Gut möglich also, dass der Silberpfeil-Vorsprung doch größer sein könnte.

Vettel: Ferrari muss sich noch steigern

Genau deshalb verlange es auch nach der erneuten Steigerung über Nacht, so Vettel. "Die Balance ist noch immer nicht ganz da, es rutscht noch ein bisschen viel." Seine Hoffnung: Zuletzt war genau das Ferrari regelmäßig gelungen. Doch müsse die Scuderia eben sicherstellen auch den größeren Schritt zu machen. "Ich glaube, dass freitags jeder noch etwas im Köcher hat. Die Frage ist nur, wie viel", sagt Vettel.

"Für uns war es aber ein durchwachsener Tag", gesteht der WM-Leader. "Hier und da waren wir nicht ganz zufrieden. Zum Schluss konnten wir das Auto dann aber noch besser abstimmen nachdem wir ein bisschen was probiert hatten." Das Treiben Mercedes' habe Vettel nicht genauer verfolgen können. "Außer die paar Zeiten auf dem Monitor - und die waren mit Sicherheit schnell", sagt Vettel. "Das steht außer Frage und ist keine Überraschung. Sie sahen gut aus, egal auf welchem Reifen und bei welchen Bedingungen."

Räikkönen trotz Kiesbett-Ausflugs zuversichtlich

Der an diesem Freitag klar schnellere Räikkönen hingegen zieht ein entsprechend positiveres Fazit. "Es war ein guter Tag, es hätte noch etwas besser sein können, aber alles lief glatt. Es ist schwer zu sagen, ob sie etwas vor uns sind oder ob ich einen Ferrari in der ersten Reihe sehe, die Mercedes sind sehr schnell. Aber morgen werden wir versuchen besser zu werden. Und dann sehen wir, was wir herausholen können", sagt Räikkönen - das kann man durchaus auch als kleine Kampfansage werten.

Völlig glatt lief es bei Räikkönen jedoch nicht wirklich: Wie Vettel fand sich der Finne einmal in der Auslaufzone wieder. Wie so viele erwischte es auch Räikkönen zwischen Becketts und Chapel, urplötzlich bog der Ferrari mitten in der Kurve nach außen ab. Laut Räikkönen jedoch kein Problem am Auto. "Der Wind war etwas heikel an manchen Stellen, aber das ist hier relativ normal. Du musst das an einem neuen Ort sowieso immer ein bisschen erahnen", erklärt der Iceman.

Vettel & Räikkönen zum neuen Ferrari-Motor: abwarten

Unterstützung gibt es in Silverstone für Vettel und Räikkönen übrigens auf Motoren-Seite. Beide fahren in Großbritannien mit neuen Ausbaustufen, erhalten jeweils einen neuen Verbrennungsmotor, Räikkönen zusätzlich einen neuen Turbolader samt MGU-H. Wie schon im Vorfeld des Wochenendes wollen die Piloten jedoch nicht allzu große Vorteile darin sehen. "Es ist nur ein neuer Motor und das ist ganz normal. Aber ein frischer Motor ist besser als ein gebrauchter. Es ist nichts Großes, aber etwas, das so geplant war. Es war heute nicht allzu schlecht, lief etwas sauberer", sagt Räikkönen.

Vettel indessen verweist darauf, am Freitag ohnehin nichts sagen zu können. "Heute sieht man da nicht viel. Am Freitag fährt man nicht Vollgas, der Motor muss ja doch ein bisschen halten. Deshalb ist man besser beraten wenn man da ein bisschen piano macht", sagt Vettel. "Aber er hat funktioniert, wir hatten keine Probleme damit", bestätigt er seinen Teamkollegen.

Erster Test mit Vettel - Wie gut ist Shield? (03:49 Min.)

Vettel testet und kritisiert Shield

Für Vettel gab es nach dem Training noch dazu etwas völlig Neues zu kommentieren: Erstmals überhaupt hatte mit dem Deutschen ein Fahrer den Shield-Cockpitschutz getestet. Vettel war so gar nicht begeistert. Was Vettel in Silverstone zu Shield zu sagen hatte, im Detail hier: