Unterschiedlicher hätten die beiden Presserunden am Donnerstag in Baku in der Sauber-Hospitality kaum laufen können. Während sich Marcus Ericsson den Journalisten gut gelaunt präsentierte und bereitwillig Auskunft gab, wirkte Pascal Wehrlein eher in sich gekehrt.

Der Grund dafür ist klar: Nach der offiziellen Bestätigung seitens des Teams, dass Sauber und Monisha Kaltenborn ab sofort getrennte Wege gehen, waren die Performance-Erwartungen für das anstehende Rennwochenende in der Presserunde eher zweitrangig.

Wehrlein erfuhr am Dienstagabend vom Rauswurf Kaltenborns. Die Österreicherin informierte den Deutschen in einem Telefonat über die Trennung. "Auf persönlicher Seite finde ich es schade, weil ich sehr gut mit Monisha ausgekommen bin", gab Wehrlein zu Protokoll. "Ich war ziemlich überrascht, weil ich das nicht erwartet hatte."

Viel mehr war dem DTM-Champion von 2015 allerdings nicht mehr zu entlocken. Kaltenborn war für Wehrlein der erste Ansprechpartner, fungierte als Bindeglied zwischen ihm und den Teambesitzern. Mit Longbow hatte Wehrlein bisher kaum Kontakt. "Nur beim Rennen, als sie mal da waren." Beim Spanien GP besuchte Verwaltungsratspräsident Pascal Picci das Team.

Und genau darin liegt das große Problem: Während Wehrlein kaum einen Draht zur obersten Chef-Etage hat, ist Teamkollege Marcus Ericsson sehr wohl mit den Besitzern vertraut. Hinter dem schweizerischen Unternehmen Longbow Finance SA stecken letztendlich die schwedischen Förderer Ericssons.

Hat Ericsson das Sauber-Team hinter sich?

Die Beziehung zwischen Ericsson und den Teambesitzer wird jetzt delikat. Gerüchte, wonach die Trennung von Kaltenborn und Sauber aufgrund unterschiedlicher Ansichten über die Gleichberechtigung der beiden Piloten erfolgt sein soll, wies Picci in einer Pressemitteilung vehement zurück. Angeblich wollte Kaltenborn eine Bevorzugung von Ericsson verhindern.

"Das ist nicht nur offensichtlich unwahr, sondern steht auch ganz im Gegensatz zur seit langer Zeit bestehenden, uneingeschränkten Verpflichtung des Teams zum fairen Wettbewerb", lies Picci mitteilen und fügte an: "Diese Berichte, die anonymen 'Quellen' zugeschrieben werden, sind für Marcus Ericsson und Pascal Wehrlein wie auch für das Management und die Belegschaft des Sauber F1 Teams äußerst nachteilig."

Marcus Ericsson schloss sich seinem Boss an: "Als ich die Gerüchte in den Medien gelesen habe, habe ich mich aufgeregt. Das ist sehr respektlos. Es ist zuerst einmal komplett falsch und unwahr. Zweitens ist es jedem einzelnen Mitglied des Sauber Teams gegenüber respektlos. Die Leute hier arbeiten Tag und Nacht, an der Strecke und in der Fabrik. Es gibt zwei Fahrer, die das Auto bewegen und dann hörst du solche Dinge. Es wird dann schnell zum Fakt gemacht und jeder schreibt es. Das ist schade, denn es ist komplett unwahr und respektlos jedem gegenüber."

Wehrlein und Ericsson betonen: Normale Verhältnis miteinander

Deutliche Worte von Ericsson, denen sich Wehrlein nicht anschließend wollte. "Das möchte ich nicht kommentieren" - mehr ließ sich der Deutschen nicht entlocken. Dabei sei das Verhältnis zum Teamkollegen selbst ganz normal. "Wir hatten auf der Strecke nie Probleme miteinander, sind uns nie zu nahe gekommen. Auch letztes Jahr nicht, deshalb ist mit Marcus bisher auf der Strecke alles ganz normal."

Auf der Strecke gibt es bislang keine Probleme zwischen Wehrlein und Ericsson, Foto: Sutton
Auf der Strecke gibt es bislang keine Probleme zwischen Wehrlein und Ericsson, Foto: Sutton

Auch aus Ericssons Sicht ist das Verhältnis zwischen ihm und Wehrlein normal: "Wir diskutieren Änderungen am Auto miteinander. Wir machen nicht gemeinsam Urlaub, aber als Teamkollegen arbeiten wir gut zusammen."

Dennoch scheinen sich bei Sauber zwei Lager gebildet zu haben. Während sich Teamchefin Kaltenborn bei Wehrlein persönlich am Telefon verabschiedete, hatte Ericsson seit dem Rauswurf keinen Kontakt mehr mit der ehemaligen Teamchefin. "Ich habe nur die Information erhalten, dass sie geht. Ich kenne auch die Details bislang nicht", wiegelt Ericsson ab.