Aktuell weilt Fernando Alonso bekanntlich in Indianapolis, wo er in den kommenden zwei Wochen komplett auf das anstehende Indy 500 konzentriert ist. Für den Spanier eine willkommene Abwechslung, gleicht seine bisherige Saison doch eher einem Horrorfilm. Motorschäden und Ausfälle, aber auch Beschimpfungen und legendäre Vergleiche - Motorsport-Magazin.com blickt zurück auf eine sportliche Bilanz des Schreckens mit viel Unterhaltungswert.

Alles begann bereits bei den Wintertestfahrten in Barcelona. McLaren kämpfte mit gewaltigen Problemen und blieb in Sachen Kilometerleistung weit hinter der Konkurrenz zurück. Nun war das Traditionsteam aus Woking nicht der einzige Rennstall, bei dem es nicht rund lief. Auch andere Teams hatten Schwierigkeiten.

Doch angesichts der wenig erbaulichen Leistungen seit der Zusammenkunft mit Honda waren die Blicke schnell auf McLaren gerichtet. "Für euch ist es sicherlich interessant, dieses Problem mit Blick auf die letzten zwei Jahre aufzubauschen", meinte Alonso damals nach dem ersten Testtag und nur 29 Runden in Richtung der anwesenden Journalisten. Doch während die anderen Teams spätestens in der zweiten Testwoche ihre Zuverlässigkeit fanden, ging bei McLaren-Honda nichts vorwärts.

Die Testfahrten waren für McLaren ein Reinfall, Foto: Sutton
Die Testfahrten waren für McLaren ein Reinfall, Foto: Sutton

Knapp zwei Wochen vor Saisonstart versuchte McLaren-Renndirektor Eric Boullier, die Wogen zu glätten und stellte sich hinter Honda - auf seine Art zumindest. "Wir müssen unserem Partner in der Hinsicht vertrauen und wir glauben, dass sie es schaffen werden." Doch zwei Monate später ist klar: dieses Vertrauen war nicht gerechtfertigt.

Alonso in Australien mit bestem Rennen

Dabei konnte man in Australien zunächst mehr fahren, als man befürchtete. Die Trainings verliefen weitestgehend störungsfrei. "Wir hatten ein paar Probleme, aber ich denke, im Vergleich zu Barcelona hatten wir weniger Probleme, wodurch wir mehr fahren konnten", äußerte sich Alonso damals optimistisch. Gelingt endlich der ersehnte Schritt nach vorne? Schnell war aber klar: Die Leistung reicht bei weitem nicht für höhere Ansprüche. Und die verfolgte Alonso von Saisonbeginn an.

"Wir wollen Weltmeister sein, auf dem Podium stehen, Rennen gewinnen. Und da sind wir deutlich zurück. Ob wir jetzt 13. sind oder 7. oder 9., ob da jetzt ein Renault oder ein Force India davor ist, kümmert mich nicht wirklich", stellte er klar. Und es begann die Zeit des super-selbstbewussten Alonso. Der Spanier in der Form seines Lebens. "Ich fühle mich gut vorbereitet, fühle mich schnell, kann in den Kurven attackieren. In den Kurven hole ich auf jemanden vor mir 50 Meter auf, auf der Geraden verliere ich 200 Meter", haderte er.

Das Rennen in Melbourne konnte Alonso nicht beenden. An ihm aber lag es aber nach eigenen Aussagen nicht - im Gegenteil. "Ich bin sehr stolz und fühle mich gut, denn das war eines der besten Rennen meiner gesamten Karriere was die Fahrweise betrifft", stellte er klar. Und schickte in Richtung Team gleich einmal hinterher: "Es ist sehr enttäuschend und frustrierend, aber so lange ich gut vorbereitet bin, ist es ein Problem für das Team, nicht für mich."

Tierische Auswüchse in China

Zwei Wochen später in Shanghai dann ein ähnliches Bild. McLaren ist zu langsam, aber Alonso liefert ab - so lange er halt kann. Im Rennen war er klar auf Punktekurs, nachdem er sich unter feuchten Bedingungen nach vorne gekämpft hatte. "Ich war ein Hai", analysierte er seine eigene Leistung im Rennen. Tags zuvor betitelte er sich angesichts des überraschenden Einzuges in Q2 als "Elefant". Doch es half alles nichts. Wieder einmal hielt sein Arbeitsgerät im Rennen nicht durch, die Antriebswelle machte schlapp. "Es ist schon ziemlich schmerzhaft, wenn du in den Punkten liegst", hielt er fest.

Fernando AlonZoo: Ich pushe wie ein Tier (01:03 Min.)

Wenige Tage vor dem darauffolgenden Rennen in Bahrain gab es dann die Hammer-Nachricht schlechthin: Alonso lässt den Monaco GP in diesem Jahr aus und fährt stattdessen beim Indy 500. Positiver Nebeneffekt dieser Ankündigung für Alonso: Egal, wie schlecht Bahrain auch laufen sollte, es würde auch ein anderes großes Thema geben.

McLaren erlebte in Bahrain einen neuen Tiefpunkt, als Stoffel Vandoorne gar nicht erst starten konnte. Ein Problem an der Power Unit bedeutete das Ende für den Belgier schon vor Rennbeginn. Fernando Alonso kämpfte sich zwar wacker durch das Rennen, hatte aber schon im Funk die Nase voll. "Noch nie in meinem Leben bin ich mit weniger Leistung gefahren!", polterte er. Im Nachgang des Rennens, das er wenige Runden vor Schluss natürlich aufgeben musste, erklärte er seinen Unmut.

"Manchmal habe ich zu Beginn einer Geraden in den Rückspiegel geschaut. Da war das andere Auto 300 oder 400 Meter hinter mir. Da habe ich das komplett vergessen und stattdessen an meinem Lenkrad die Settings verstellt. Aber dann beim Anbremsen in die Kurve war das Auto plötzlich neben mir", war er komplett fassungslos. Und als er erfuhr, dass Vandoorne binnen zweier Tage zweimal dasselbe Problem ereilte, wurde er auch echt wütend. "Man kann langsam sein, man kann schnell sein unter besonderen Bedingungen. Aber nicht einmal das Rennen starten zu können, ist unglaublich und inakzeptabel", stellte er klar.

In Bahrain platzte Alonso der Kragen, Foto: Sutton
In Bahrain platzte Alonso der Kragen, Foto: Sutton

Mit dem Nicht-Starten-Können machte Alonso dann in Russland seine eigenen Erfahrungen. In der Einführungsrunde blieb sein Auto an der Boxeneinfahrt liegen. Kein Rennstart für den Spanier. Die erste Schelte gegen Honda - und auch Vandoorne - gab es aber bereits wieder nach dem Qualifying. "Meine Runden waren gut. Sie waren perfekt. Im Q1 war ich sieben Zehntel vor Stoffel, der alle Kategorien vor der Formel 1 gewonnen und dominiert hat. Ich fühle mich im Auto großartig", bilanzierte er. Nur halt nicht schnell.

Nach dem Rennen resignierte er schon fast und verwies auf die periodische Wiederholung seiner Ausfälle. Nach vier Rennen standen vier DNFs. Gerne wäre Alonso frühzeitig in das Flugzeug Richtung Indianapolis gestiegen, denn nach dem Russland-Rennen stand sein erster Indy-Ausflug an. Doch die Lokalität Sochis verhinderte dies. Alonso aber wusste, sich die Zeit zu vertreiben. "Ich esse ein bisschen Eis und warte auf das Flugzeug", meinte er.

Wunder beim Heimspiel

Die Aussichten für das eigene Heimrennen waren also alles andere als rosig. Und dann platzte am Freitag auch noch der Motor nach 400 Metern. Alonso ergriff die Flucht und spielte Tennis, aber rein zu Zwecken der Fitness, wie er betonte. Das nächste Desaster drohte. Doch wie lautet ein bekanntes Sprichwort? 'Wenn du glaubst, es geht nichts mehr, kommt von irgendwo ein Alonso her.' Dank einer fulminanten Vorstellung gelang dem 35-Jährigen in Barcelona Rang sieben in der Qualifikation. Ein echtes Wunder zum Heimspiel.

Punkte gab es für Alonso aber nicht. Im Rennen wurde er nach wenigen Metern von Felipe Massa ins Kiesbett gedrückt und fiel auf Rang elf zurück, das Rennen aber beendete er - ja, er beendete es! - auf Platz zwölf. Erste Zielankunft der Saison. "Insgesamt hatten wir einfach nicht die Pace, um das Rennen in den Punkten zu beenden", konstatierte er. Bereits nach einem Viertel der Saison lieferte Alonso Stoff für zwei Bücher. Auch ohne sportliche Erfolge.